Böse Hunde werden nicht geboren, sondern dazu gemacht

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Aggression bei Hunden verstehen

Einer der häufigsten Gründe, weshalb Hunde im Tierheim landen, ist ihr aggressives Verhalten. Für Hundehalter ist das Auftreten von Aggression bei ihrem Hund erschreckend, peinlich und überfordert sie meistens vollkommen.

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Das Allerwichtigste, was wir dabei als Hundebesitzer in solchen Fällen tun können und müssen, ist herauszufinden, warum der Hund aggressiv ist, warum Strafe nichts bringt, und ob es Dinge gibt, die wir tun können, die aggressives Verhalten bei unserem Hund verhindern.

Viele Leute scheinen noch immer der Ansicht zu sein, Aggression sei angeboren, dass also manche Hunde und/oder bestimmte Hunderassen einfach als „gefährlich“ geboren werden, und dass ein Hund, der einmal angefangen hat zu beißen, für immer eine Gefahr ist und bleibt. Darum hat man früher einen bissigen Hund sofort umgebracht, und macht das in manchen Ländern noch immer. Dabei werden Hunde nicht „böse“ geboren. Sie können böse oder gefährlich werden durch eine ganz komplizierte Verkettung verschiedener Umstände  – einem Großteil davon ist der Hund dabei ausgesetzt worden, ohne dass er sich irgendwie dagegen wehren konnte. Zu den Faktoren, die Aggressivität beeinflussen können, gehören die Bedingungen, unter denen seine Mutter während der Trächtigkeit gehalten wurde, frühe Sozialisierung, Trainings-Methoden, Ernährung und Haltung des Hundes, wie auch Auslauf- und Beschäftigungsmöglichkeiten.

Aggression bei Hunden wird ständig weiter erforscht, damit wir sie besser verstehen können. Es ist dabei nicht überraschend, dass für diese Studien noch vor den Hunden grundsätzlich die Leute „unter die Lupe“ genommen werden, die die Hunde halten und erziehen.

Im Folgenden liste ich ein paar interessante Studien auf, die interessante Aspekte von Aggression bei Hunden beleuchten:

→         Plötzlich auftretende Aggression bei Hunden wird nicht selten durch Schmerzen ausgelöst. Ein Team von Forschern von der Selbstständigen Universität in Barcelona analysierte sorgfältig eine zufällig zusammengestellte Gruppe aus zwölf Hunden mit Aggressivitäts-Problemen. Es stellte sich heraus, dass jeder dieser zwölf Hunde aggressiv aufgrund von andauernden Schmerzen war (acht der Hunde hatten Hüft-Dsyplasie). Schmerzen können bei einem ansonsten friedlichen Hund Aggressionen auslösen, wie auch einen bereits Aggressions-bereiten Hund dazu veranlassen, häufiger und intensive Aggressionsausbrüche zu haben. Dies bedeutet, dass es bei plötzlichen Aggressions-Ausbrüchen oder allgemeinen Verhaltensveränderungen bei einem bisher freundlichen, offenen Hund erste Priorität sein muss, den Hund umgehend tierärztlich untersuchen zu lassen.

Die Studie wurde im März 2009 im Journal of Veterinary Behaviour veröffentlicht.

 →          Entgegen der Meinung vieler Politiker und Journalisten sind Pit Bulls, Schäferhunde, oder Rottweiler keineswegs von Geburt an aggressiv. Die Hunderasse hat sehr viel weniger mit Aggressivität zu tun als Faktoren, die direkt mit dem Besitzer zusammen hängen, nämlich, wie der Hund erzogen und ausgebildet wird (aggressive Hunde sind sehr häufig eher furchtsam und sehr nervös).  Laut einer Studie im Journal of Animal and Veterinary Advances, kann 40% der „dominant-aggressiven Hunde“ darauf zurückgeführt werden, dass der Besitzer dem Hund keine Grundregeln beigebracht hat.

→          Aggressive Trainingsmethoden machen Hunde aggressiv. Man sollte meinen, dass sich diese Weisheit von selbst versteht, aber tatsächlich werden noch immer konfrontative, aversive und sogar brutale Trainingsmethoden eingesetzt – und zwar vor allem von Hundehaltern, die einen „disziplinierten“ Hund haben wollen. Leider gehen derlei Trainingsmethoden gewöhnlich nach hinten los: langfristig wird mehr Aggression erzeugt, wenn man Aggression mit Aggression begegnet. Laut einer Studie der Universität von Pennsylvania der Tieraräztin Megan E. Herron werden Hundebesitzer, die bei ihren Hunden Techniken wie Schlagen, Anknurren, den Hund hin- oder auf den Rücken legen oder Anstarren einsetzten, am allermeisten von ihren Hunden angegriffen. Diese Studie wurde im Journal Applied Animal Behaviour Science bereits 2008 veröffentlicht.

→          Streitlustige, ihrerseits aggressive Menschen ziehen aggressive Hunde vor. Forscher der Universität von Leicester bestätigten in einer Studie aus dem Jahre 2012 tatsächlich das übliche Klischee von Hunden und ihren Besitzern, die sich im Laufe der Jahre immer ähnlicher werden. Die Forscher fanden heraus, dass jüngere Leute, die sich in psychologischen Tests als äußerst unsympathisch hervortaten (nicht empathisch gegenüber Anderen, misstrauisch, unfreundlich, feindselig), gewöhnlich Hunderassen bevorzugen, die im Ruf stehen, aggressiv zu sein, wie Pit Bulls, Dobermänner, Schäferhunde, etc. Gleichzeitig widersprach die Studie anderen hartnäckigen Klischees über Hundebesitzer: Es gab keine Verknüpfung zwischen Haltern, die sich „gefährlich“ aussehende Hunde hielten und ihrer eigenen Kriminalität, auch geht es bei der Auswahl von Hunderassen nicht um das, was Wissenschaftler als „Balzverhalten“ bezeichnen: Junge Männer schaffen sich nicht deshalb tough aussehende Hunde an, um Mädchen zu beeindrucken. Ein anderes Ergebnis der Studie überraschte die Forscher dabei: Die Menschen, die besonders aggressive Hunde mochten, waren zumeist Leute, die sehr sorgfältig und zuverlässig waren.

 

 

 

 

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