Danke!

Hunde sind ein Geschenk! Sie machen unser Leben bunt, kitzeln unsere Gefühle heraus und holen uns stets ins Hier und Jetzt. Für Hundehalter klingt das logisch. Jenen ohne Hund muss man es erklären

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Bevor man einen Hund hat, kann man sich kaum vorstellen, wie das Zusammenleben mit einem Hund tatsächlich ist. Anschließend kann man sich kaum noch vorstellen, anders zu leben. Keine Ahnung, wie ein Leben ohne Hunde funktioniert, bei mir ist das viel zu lange her – über 40 Jahre -, als dass ich das noch erinnern könnte. Mein Haus wäre ruhig und still, es gäbe hier viel weniger zu lachen, viel weniger Zärtlichkeit und liebevolle Gesten. Ich würde mich ohne meine Hunde und ihre einfache Präsenz viel weniger verwurzelt fühlen. Ohne meine Hunde wäre es so, als würde eine Farbe fehlen.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich gehöre nicht zu jenen, die glauben, die Welt wäre ein besserer Ort, wenn jeder einen Hund hielte. Ich halte Hunde nicht für bessere, höhere oder weisere Wesen und finde auch nicht, dass alle Beziehungen zwischen Hunden und Menschen gut sind oder besser als die zwischen Menschen. Hunde können freundlich und liebevoll sein, aber auch verwirrend, stur, aggressiv und schwer zu lesen. Sie können  sehr komplexe Gefühle bei ihren Besitzern auslösen, weil sie im Ausdrücken ihrer Bedürfnissen und Trieben so direkt sind.  Wer Probleme hat, seine Autorität zu behaupten oder ein unsicherer Anführer ist, oder Ängste hat, Kontrolle zu übernehmen oder zu verlieren, bekommt das von seinem Hund sofort aufs Brot geschmiert. Das kann gut sein, aber nicht immer.

Trotzdem glaube ich, dass Hunde uns häufig Zugang zu einer Welt verschaffen, die eine ganz andere Qualität hat als die menschliche; ein Ort, der uns verändern kann. Wer sich in einen Hund verliebt, lernt neues Universum kennen, in dem es nicht nur viel mehr Farben gibt, sondern neue Rituale, neue Regeln und eine ganz andere Art der Zuneigung.

Wenn man mit anderen Hundeleuten darüber redet, was es ausmacht, einen Hund zu haben, dann sind es Dinge, die das Innenleben verändern. Sie erwähnen eine Art der Tröstlichkeit, die nur schwer in menschlichen Beziehungen zu erreichen ist: das Erleben von Alleinsein ohne Einsamkeit. Sie beschreiben die Fähigkeit von Hunden, ihren Fokus vollständig von Vergangenheit und Zukunft abzulösen und sich ausschließlich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, auf den gerade stattfindenden Spaziergang oder Toben im Wohnzimmer. Man hört von ganz simplen Freuden und Triumphen: Wie sie über ihren Hund lachen müssen, weil er etwas Albernes gemacht hat; oder wie großartig es sich anfühlt, in seiner Erziehung einen Durchbruch erreicht zu haben, weil man es tatsächlich geschafft haben, erfolgreich mit einer fremden Spezies zu kommunizieren. Und man hört, wie schön es ist, einen ständigen Begleiter im täglichen Leben zu haben, jemanden, der jeden Gang zur Post oder aufs Klo unwiderstehlich findet und jede unserer Launen und alles, was wir sagen oder tun hinnimmt, ohne es zu bewerten. „Es ist, wie es ist“ ist das Motto unserer Hunde, das wir uns wirklich schnellstens zueigen machen sollten.

Nicht jeder versteht das. Vor ein paar Monaten musste ich meine Pudelhündin Luise einschläfern lassen; ein Ereignis, auf das ich hier nicht weiter eingehen möchte, weil es mich noch immer lähmt und mitten am Tag völlig unvermittelt zum Weinen bringt. Sie war zehn Jahre lang eine enge Freundin, meine Komplizin in zahllosen Abenteuern und mir so ähnlich, wie kein anderer Hund vor ihr. Sie hat mich häufig geerdet, mich durch schwierige Trennungen navigiert und mir mit ihren sehr pragmatischen Ansprüchen viele Entscheidungen erleichtert. Meine Hundefreunde haben das alle verstanden, die Leser meines Blogs zahllose, wunderbare Emails geschrieben. Aber wenn ich versuchte, Nichthundeleuten zu erklären, dass und warum ich so traurig war, erntete ich zwar aufrechtes Bemühen, aber dennoch Unverständnis, das mich schnell verstummen ließ.

Es ist nicht so leicht, Nichthundeleuten zu erklären, dass eine Beziehung zu einem Hund durchaus tief, gesund und ergiebig sein kann, oder sich die Verbundenheit mit einem Hund tatsächlich mit einer Beziehung vergleichen lässt: einer emotionale Gemeinschaft zweier Wesen, die miteinander kommunizieren, einander respektieren und ebenso geben wie nehmen. Bei Nichthundeleuten stößt man mit so etwas meist auf tiefe Skepsis. Sie sind der Meinung, eine enge Bindung zu Tieren sei seltsam und verdächtig und passiere nur Leuten, die mit menschlichen Bindungen nicht zurecht kommen.

Dadurch bekommen Hundeleute manchmal das Gefühl, sie seien Mitglieder eines Geheimbundes, als würden wir einen seltsamen und irgendwie unpassenden Planeten bewohnen.

Also habe ich den Nichthundeleuten nicht erzählt, wie eigensinnig und charmant Luise war, wie klug, charismatisch und von sich überzeugt, und wie unglaublich komisch sie sein konnte. Die Worte „Liebe“ oder „Beziehung“ habe ich auch vermieden. Dabei haben viele Menschen sehr tiefe Beziehungen zu ihren Hunden. Das bedeutet noch lange nicht, dass sie irre sind oder Hunde wichtiger finden als Menschen, oder irgendwie nicht in der Lage sind, enge Beziehungen mit Menschen einzugehen. Es ist eine andere Art der Beziehung, aber nicht weniger tief oder echt.

Hundeleute dagegen verstehen das, und sie scheuen sich nicht, das auch auszudrücken. In unzähligen Leserbriefen habe ich von Ihrer Liebe zu ihren – und sogar meinen! – Hunden lesen dürfen, wann immer ein – auch völlig fremder! – Leser erfuhr, dass einer meiner Hunde gestorben sei, wurde ich getröstet.

Danke dafür. Von Herzen. Vielleicht gehören wir aufgrund unserer Hunde doch zu einer Art Geheimbund? Um aufgenommen zu werden, muss man das Gefühl kennen, wenn wir nach Hause kommen und dem Blick unseres Hund begegnen: Die Welt ist wieder völlig in Ordnung: Du bist wieder da.

 

aus: „DOGS“ Nr. 43 Nov/Dez 2013

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