Der Umgang mit kurznasigen Rassen im VDH

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Vor genau einem Jahr, Ende 2016 schlossen sich auf Initative der Bundestierärztekammer die großen Tierärzteverbände mit Gesellschaften wie der Gesellschaft für kynologische Forschung und dem VDH zusammen, um sich mit Qualzucht bei Hunden tiefgehend auseinander zu setzen. Im Fokus stehen vor allem die kurznasigen (brachyzephalen) Rassen, wie Französische Bulldogge, der Mops, die Englische Bulldogge der der King Charles-Spaniel – Rassen, deren Kurzköpfigkeit ihnen das gewisse Kindchenschema verleihen und die vor allem wegen ihres wunderbaren, menschenfreundlichen Charakters unglaublich beliebt sind.

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Eine der größten Schwierigkeiten, die erwiesenen Gesundheitsprobleme dieser Rassen in den Griff zu bekommen, besteht darin, dass Hundebesitzer und Züchter diese häufig gar nicht wirklich bemerken oder als „liebenswertes Gegrummel“ einstufen, während der Hund in Wirklichkeit stark röchelt und schnarcht – was nun einmal nicht als geringfügiges Geschnorchel missverstanden sollte. Dass Möpse oder Französische Bulldoggen häufig im Sitzen schlafen, weil ihnen im Liegen buchstäblich die Luft abgeschnürt wird, ist nicht niedlich, auch wenn die Hunde an alte Männer in der Oper erinnern, die versuchen, nicht einzuschlafen:

Französische Bulldogge mit sehr schönen Nasenlöchern aus dem „Hundebuch“ von Heinz Gorny, erschienen 1941

Aufgrund der stark verkürzten Nasen haben sie überwiegend stark verkleinerte Nasenmuscheln mit verringerter Schleimhautoberfläche und verengte Nasenlöcher, weshalb sie mit Hitze nicht umgehen können: Es bleibt ihnen nur zu hecheln. Ist aber das Zäpfchenzu lang oder das Innere des Mauls zu faltig, wird das Hecheln massiv erschwert. Selbst beim Menschen bedeutet schweres Schnarchen, dass die Luftzufuhr gestört ist oder im Schlaf sogar die Luft wegbleibt.

Super Nase, oder? Ein Mops aus dem 1941 veröffentlichten „Hundebuch“ von Heinz Gorny

Dass den betroffenen Rassen geholfen werden muss, steht außer Frage. Trotzdem werden gerade Möpse und Französische Bulldoggen ständig in der Werbung eingesetzt, was den Rassen nicht gut getan hat – gerade die Extremfälle werden immer beliebter. Vor zwanzig Jahren sah der Mops noch anders aus, vor 50 Jahren hatte er im Profil sogar noch eine richtige kleine Nase.

Ein Zuchtverbot, wie von Manchen schnell und laut gefordert, kann eigentlich nicht der richtige Weg sein – denn das würde den Mops nur noch wertvoller, seltener und begehrenswerter machen. Und wer hindert Züchter außerhalb des VDHs daran, noch kürzere Nasen zu züchten? Wichtiger ist es also, Besitzern und vor allem Züchtern die Augen zu öffnen und den Schwarzzüchtern, denen die Gesundheit ihrer „Produkte“ viel weniger wichtig ist als das Geld, das sie für einen Welpen bekommen, nicht das Feld zu überlassen.

Profil eines modernen Mopses

Der VDH unter seinem Präsidenten Professor Peter Friedrich begann schon im Jahr 2009 damit, die brachycephalen Rassen zur Zuchtzulassung so genannten „Belastungstests“ zu unterziehen (siehe auch hier ). Die Hunde mussten eine Strecke von 1000 Metern in einer bestimmten Zeit zurücklegen, was für die meisten Hunde gar kein Problem war – eher für deren Besitzer, die nach wenigen hundert Metern schnaufend in der Ecke hingen.

Mittlerweile ist der Belastungstest gesteigert worden, und es zeigte sich glücklicherweise, dass es sie noch immer gibt, die gesunden, leistungsfähigen Möpse und Französischen Bulldoggen, die sportlich und vergnügt sind. Wichtig ist also, diese gesunden Hunde gezielt für Zuchteinsätze zu fördern. Allerdings darf man nicht vergessen, dass Zuchtprogramme Langzeitprogramme sind: Jahrzehntelange Versäumnisse in der Zucht können nicht innerhalb weniger Jahre wieder gut gemacht werden – auch nicht durch Einkreuzungen mit rassefremden Hunden wie z.B. Terriern, um in einer Hau-Ruck-Aktion die Schnauze des jeweiligen Kurzkopfes zu verlängern. Ein Terrier und ein Mops oder eine Französische Bulldogge haben nichts miteinander zu tun und bringen ganz andere, charakterliche und nicht zuletzt äußerliche Probleme mit sich.

Auch ein häufig gefordertes Ausstellungsverbot dieser Rassen bringt gar nichts. Denn der Wert von Ausstellungen ist nicht zu unterschätzen: Auch wenn sie manchem langweilig und statisch erscheinen, geben sie Züchtern, Rassefreunden, Richtern und Zuchtverantwortlichen einen fabelhaften Überblick über die Rasse, ihrer Entwicklung und nicht zuletzt aufkommende Probleme.

Pekinese mit Nase aus dem „Hundebuch“ von Heinz Gorny, erschienen 1941

Im VDH werden im Jahr nur noch knapp 400 Mops-Welpen im Jahr gezüchtet. Die übrigen Möpse, denen man auf der Straße begegnet, stammen aus anderen Vereinen, aus Hobbyzuchten ohne Papiere, Kontrolle oder Gesundheitsbewusstsein, ohne untersuchte Elterntiere oder einen Überblick über gesundheitliche Probleme der Ahnen. Während auf den großen Portalen wie dhd24.de, haustieranzeiger.de und ebay-kleinanzeigen Anfang dieses Jahres pro Tag durchschnittlich etwa 200 Angebote für den Mops (ca. 300 Französische Bulldoggen/über 100 Bulldog) gefunden wurden, waren es zu Beginn des Jahres 2014 bereits 500 für den Mops, über 800 für die Französische Bulldogge und mehr als 300 bei der Bulldog – dem gegenüber gab es im VDH im vergangenen Jahr genau 16 Bulldog-Welpen – nachdem der Dachverband vor Jahren den Englischen Bulldog-Verein geschlossen hat, weil die Rasse vorsätzlich zugrunde gezüchtet wurde.

Gerade die Hunde aus den Kleinanzeigen sind es leider meistens, die die unwissendsten Besitzer und die stärksten Probleme haben. Wie man die Öffentlichkeit allerdings dazu erzieht, dass von allen Hunde-„Typen“ der „altmodische“ Hundetyp der erstrebenswertere ist, scheint vor allem ein Marketing-Problem zu sein. Statt dem unsäglichen „Retro-Mops“ also der „Vintage-Mops“? Der „Vorkriegs-Pekinese“ und die „klassische Französische Bulldogge“?

Marketing ist nicht die Stärke des VDHs. Er bemüht sich stattdessen um Aufklärung seiner Züchter und Veränderungen der Zuchtmaßnahmen in mehrmals jährlich stattfindenden, zweitägigen „kynologischen Basiskursen“ an. Bestandteil dieser Kurse ist neben anatomischen und genetischen Fortbildungsthemen auch die „Übertreibung der Rassemerkmale“ und die daraus entstehenden Probleme.

Und was macht man mit den anderen Züchtern und Welpenproduzenten, denen alles das inklusive Verantwortung für den Werdegang einer Rasse völlig wurscht ist?

weiterführende Links: 

Nicht süß, sondern gequält! Der Flyer der Bundestierärztekammer

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 Deutsches Tierärzteblatt 1/2013 Oechtering

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