Hunde als Übermenschen?

bildvom 26.2.2012

Kürzlich wurde eine Fernseh-Moderatorin in einer amerikanischen Takshow von einem Hund gebissen, den sie eingeladen hatte. Dabei meinte sie es doch gut! Außerdem war es auch noch ein Kampfhund! Man könnte sofort sämtliche Klischees bemühen – aber glücklicherweise passierte das Ganze vor laufender Kamera, und man erkennt bei Betrachtung des Videos ( http://www.bild.de/video/clip/kampfhunde/beiss-attacke-live-im-us-tv-22549008,autoplay=false.bild.html ) sofort, dass die Dame leider wirklich selber Schuld hatte: Der Hund, der ganz friedlich zwischen den Knien seines Besitzers saß, zeigte keinerlei Aggressionen – bis die Dame sich gegen Ende der Sitzung plötzlich über ihn beugte, um ihn offenbar auf den Kopf zu küssen: Eine so unvermittelte Bewegung, bei der völlig fremde Person in den persönlichen Raum des Hundes eingriff, ging ihm zu weit, und der Hund schnappte zu.
Den Hund trifft tatsächlich keine Schuld. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einer Talkshow (schon für Menschen eine ungewohnte und angespannte Situation – was meinen Sie, wie es dem Hund dort geht?), und plötzlich beugt sich Günther Jauch ohne Vorankündigung zu Ihnen und versucht, Sie zu küssen: Sie würden wahrscheinlich auch erschrocken den Arm hochreißen: Das Äquivalent des Zuschnappens.
Von Hunden werden andauernd Dinge erwartet, die sich kein normaler Mensch gefallen lassen würde. Wir greifen in ihre Futterschüssel, wir rennen auf sie zu, wir lassen zu, dass Kinder sie unsanft aus dem Tiefschlaf wecken oder Fremde sie ungefragt streicheln und mit lauter Stimme ansprechen. Keinem von uns würde das gefallen, und wir würden uns heftig zu Wehr setzen: Jeder hasst es, wenn ich ungefragt mit meiner Gabel in seinem Teller herumstochere, wenn jemand in vollem Tempo auf mich zu rennt, bin ich erst einmal alarmiert. Wenn jemand auf mich draufhopst, während ich schlafe, bin ich anschließend nicht gutgelaunt, und wenn eine fremde Person auf der Straße oder in einem Café einfach nah auf mich zutreten würde, um mir den Rücken zu tätscheln, wäre ich zu Tode erschrocken. Trotzdem erwarten wir von unseren Hunden, dass sie derlei Übergriffe in die „Individualdistanz“, wie man das nennt, und Verstöße gegen ganz normale gesellschaftliche Umgangsformen tolerieren: Viele Leute scheinen sogar zu glauben, Hunde müssten das eben aushalten. Das ist interessant: In „Friedenszeiten“ schreibt man dem Hund also offenbar geradezu übernatürliche Geduld, Friedfertigkeit, Toleranz und Flexibilität zu – und sobald er sich wehrt, wird ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass er eben ein wildes Tier sei, eine reißende Bestie, die man möglichst überhaupt gar nicht erst in die Nähe von Menschen lassen sollte.
Tatsache ist: Hunde achten genau so auf Manieren, Etikette und das Einhalten gewisser Grenzen, wie wir. Sie sind nur viel, viel toleranter und freundlicher als wir es in der gleichen Situation wären, sonst würde viel mehr viel häufiger passieren. Es hilft trotzdem, wenn wir lernen, Hunde genauer „zu lesen“. Die meisten Hunde – sogar die wirklich aggressiven unter ihnen – geben deutliche Warnsignale ab, bevor sie zur Tat schreiten. Lernen Sie, die Verallgemeinerungen zu verstehen und zu erkennen, die Hunde machen. Hunde können mit Angst und Aggression auf Dinge reagieren, die sie nicht einschätzen können. Wenn Sie das Gefühl haben, der Hund, der sich eben noch ganz normal verhalten hat, stutzt plötzlich, sprechen Sie ihn mit normaler, gutgelaunter Stimme an, um ihm zu vermitteln, dass alles klar ist.
An sich ist es wirklich sehr einfach: Gehen Sie mit Hunden genau so um, wie Sie behandelt werden möchten. Sie werden sich wundern, wie leicht es wird.

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