Krank vor Angst

aus dogs_klein 1/2010

Ob man sie nun als schüchtern, übervorsichtig oder schlicht zu Tode erschrocken empfindet – das Leben mit einem Hund, der sich permanent in Angst befindet, ist alles andere als leicht. Es gibt viele Hunde, die ein Angstproblem haben, und viele Menschen, die versuchen, ihrem Hund beim Überwinden seiner Ängste zu helfen. Mein eigener Hund Harry litt unter furchtbarer Angst, als ich ihn bekam, so sehr, dass es praktisch unmöglich war, mit ihm spazieren zu gehen, Besuch zu empfangen oder überhaupt zu husten. Ein bekannter Schweizer Trainer riet mir, ihm „noch drei Monate zu geben“, dann solle ich ihn einschläfern.
Heute ist Harry ein sehr fröhlicher, sehr frecher Hund, der sich so normal benimmt, dass ich ihn höchstens noch als „kapriziös“ bezeichnen würde. Es kostete mich viel Zeit, Nerven und Arbeit, ihn in einen Hund zu verwandeln, mit dem man ganz normal spazieren gehen kann, verreisen oder in Cafés. Er ist ein guter Hund geworden, und ich habe unglaublich viel durch ihn gelernt.
Angstgestörten Hunden hilft nur die Therapie der winzigkleinen Schritte. Hier steht, wie:

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Angst kann ganz unterschiedlich aussehen. Manche Hunde haben Angst vor Gewitter und möchten an Silvester am liebsten sterben. Andere haben Angst vor fremden Leuten und geraten völlig außer sich wenn Besuch kommt, und manchmal schnappen sie sogar, wenn jemand sie streicheln möchte. Manche Hunde können nicht alleine bleiben, und machen in ihrer Verzweiflung alles kaputt, was in ihre Quere kommt. Wieder andere Hunde können sich in fremder Umgebung nicht lösen und vergessen alles, was sie je über Stubenreinheit gelernt hatten.

Angststörungen sind eine schwierige Angelegenheit: Solche Hunde müssen mit chronischer Ängstlichkeit oder wiederkehrenden Panikattacken leben, was meistens massive gesundheitliche Folgen hat – während der hilflose Mensch immer frustrierter und verzweifelter wird.
Tatsächlich kann man solche Störungen ohne verhaltensmedizinische Hilfe von außen nicht lösen.
Harry, eight weeks old
Harry mit acht Wochen
Der Hund, der mich den Unterschied zwischen Angst und Fürchten lehrte, war ein junges blaues Italienisches Windspiel. Er hatte sich in seinen ersten vier Monaten offenbar so stark an seinem Bruder orientiert, dass keine richtige Sozialisation bei ihm stattgefunden hatte: Wenn der Bruder losstapfte, um nachzusehen, was es zu Rascheln gab, hopste Harry hinterher, ohne allerdings das Rascheln wirklich wahrgenommen zu haben. Wenn sein Bruder andere Hunde begrüßte, tat Harry es ihm nach, aber sozusagen ohne eigenen Entschluß.Harry und Hadley
Harry mit seinem Bruder Hadley
Nachdem sein Bruder in eine andere Stadt abgegeben wurde, dauerte es drei Tage, und Harry sank völlig in sich zusammen. Er geriet in Panik, wenn das Fenster offen war und zu viele Straßengeräusche von außen herein drangen, er begann zu zittern, wenn der Fernseher lief, oder wenn er draußen im Garten die Nachbarskinder hörte. Auf der Straße legte er die Ohren an und wollte nur eins: Weg. Die Welt schien ihm ein entsetzlicher Ort zu sein.

In der klinischen Definition wird zwischen Angst, Furcht und Phobie unterschieden. Furcht ist eine reaktives Verhalten auf einen Reiz, den der Hund nur als einigermaßen gefährlich erachtet – der Hund ist aber noch psychisch und körperlich in der Lage, den Reiz entweder zu erforschen oder aber zu flüchten. Eine Phobie tritt gewöhnlich als Reaktion auf ganz bestimmte Reize auf, die aber im Grunde für den Hund keine Gefahr darstellen, wie gewisse Geräusche, Männer, schwarze Hunde, etc. Angst ist dagegen eine sehr heftige Verhaltensreaktion auf einen Reiz, den der Hund als sehr gefährlich ansieht und in eine vermeintlich ausweglose Lage gerät, weil er weder psychisch noch körperlich in der Lage ist, dem Reiz zu entkommen oder ihn genau anzusehen. Hunde mit Angst zeigen körperliche Symptome wie erhöhte Herzfrequenz, Hecheln, Speicheln, Schwitzen an den Pfoten oder setzen unkontrolliert Harn oder Kot ab. Zu Angstzuständen kommen dann Vorahnungen des Hundes, er wird ungeheuer wachsam gegenüber minimalsten Veränderungen in seiner Umgebung: Wehe, im Park steht ein Kinderwagen an einer Stelle, an der gestern noch kein Kinderwagen stand! Wehe, auf dem Weg, auf dem einem bis gestern noch nie jemand begegnet ist, läuft heute jemand entlang! Gefahr! Hunde in Angst leben in einer ständigen Verteidigungshaltung gegenüber der gefährlichen Umwelt: Manche Hunde werden „nur“ krank, andere gefährlich oder entwickeln beruhigende Ersatzhandlungen, indem sie sich permanent die Pfoten lecken, an Körperteilen kauen, ständig trinken oder übersteigert an ihrer Bezugsperson hängen.

„Desensibilisierung“ ist das Wort, das man mit einem furchtsamen oder ängstlichen Hund am meisten zu hören bekommt. Das bedeutet, dass man sein Tier dem Angstauslöser aussetzt, der allerdings in so niedriger Konzentration, dass die Angstreaktion relativ gering ist: Fürchtet sich ein Hund beispielsweise vor Kindern, setzt man sich in die Nähe eines Kinderspielplatzes, so weit entfernt, dass er die Kinder von weitem sehen und hören kann, sich aber nicht direkt bedroht fühlt. Auf diese Weise kann sich das Gehirn des Hundes an die angstauslösenden Signale gewöhnen und Entspannung eintreten, und der Mensch kann das entspanntere Verhalten belohnen.
Bei Harry funktionierte das nicht, weil es keine angstauslösenden Signale gab, oder sie nur minimal vorhanden waren, und die Panik kam hoch: An einen Hund in Panikzustand kommt man nicht mehr heran, weil sein kleines Gehirn direkt in den Überlebensmodus geht: „Mayday, Mayday!“ Es gab keine Möglichkeiten, ihn seinen Dämonen- den Angstauslösern -in so kleinen Dosen auszusetzen, dass er sich daran gewöhnen konnte, man also eine Desensibilisierung anfangen konnte: Das kleinste Signal reichte aus, um ihn in einen Zustand totaler Panik zu versetzen. Stattdessen begann er mit fatalen Verknüpfungen: Wir gingen über eine Brücke, und ein Lastwagen kam an uns vorbeigedonnert, während er aus dem Augenwinkel ein Fahrrad sah. Am nächsten Tag waren dann nicht nur alle Lastwagen Grund zur Panik, sondern auch alle Brücken und alle Fahrradfahrer.
Bei solchen Hunden sollte man ernsthaft den Einsatz von Medikamenten diskutieren: Permanente Panik- und chronische Stresszustände sind auch mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar. Tatsächlich gibt es in der modernen Verhaltensmedizin mittlerweile viele Möglichkeiten, die zwar nicht immer völlige Heilung, aber immerhin eine wesentliche Besserung der Erkrankung ermöglichen. Medikamente reichen von Homöopathie bis zu sehr spezifisch wirkenden synthetischen Psychopharmaka. Manche Medikamente gegen Angst können im Gehirn verschiede Bindungsstellen für Botenstoffe besetzen und damit den Einfluss dieser Botenstoffe wie Serotonin und Noradrenalin auf den Gehirnstoffwechsel verstärken. So können Angst- und Spannungszustände vorübergehend gebessert werden, sind dabei aber keine Lösung für alles. An dem Tag, an dem man mit der Eingabe dieser Medikamente aufhört, kehren die Symptome wieder zurück – was bedeutet, dass man trotz der Gabe der Medikamente weiterhin verhaltenstherapeutisch mit dem Hund arbeiten muß. Immerhin ist der Hund, der durch die Medikamente angstfreier durch den Tag kommt, nun überhaupt in der Lage zu lernen: Ein Hund, der neben der emotionalen Anspannung alle körperlichen Symptome der Angst erlebt, ist unfähig zu lernen. Wenn sich das Gehirn in hochgradiger Alarmbereitschaft befindet und die ganze physiologische Stressreaktion massiv anläuft, denkt das Gehirn ganz einbahnstraßenmäßig nur noch ans Überleben. Signale vom Menschen kommen gar nicht mehr an.

Nur gibt man solche Medikamente ungern Hunden ein, die noch im Wachstum sind. Wie Harry.
Zu Harry Trennungstrauma von seinem Bruder kam dazu, dass er sich in der so genannten „zweiten sensiblen Entwicklungsphase“ befand, die etwa mit fünf Monaten einsetzt. In diesem Alter finden die körperlichen und psychischen Ausreifungsvorgänge statt – selbst aufgeschlossene, selbstbewußte Hunde können auf einmal „komisch“ und empfindlich auf Neues reagieren, Menschen wie Dinge wie Situationen.
So, wie auch alte Hunde häufig Angststörungen entwickeln: Ihre geistige Flexibilität nimmt ab, sie sehen und hören schlechter, und wenn ein Hund die Umweltreize in seinem Weltbild nicht mehr richtig einordnen kann, bekommt er Angst.

In der Wirtschaft hätte man zu meinem und Harrys Fall gesagt: Eine No-Win-Situation.
Ich stellte alle Sozialisierungsbemühungen umgehend ab. Harry schien sich in unserer Wohnung einigermaßen sicher zu fühlen, also ließ ich ihn dort. Wenn ich mit den anderen Hunden spazieren ging, blieb er zuhause. Ich machte aus einer großen Plastikwanne ein Hundeklo, so dass er erst einmal nicht mehr in die gefährliche Welt nach draußen musste, sondern sich in Ruhe an uns gewöhnen konnte. Die anderen Hunde – zwei Großpudel und ein alter Mops – erlaubten ihm, bei ihnen in den jeweiligen Hundebetten zu schlafen, und nachts schlief er in meinem Bett, der erste Hund meines Lebens, dem dies offiziell erlaubt wurde. Ich spielte von morgens bis nachts Elvis-CDs und Hörbücher, einerseits zur (seiner und meiner) Beruhigung, andererseits, damit er verschiedene Stimmen zu hören bekam. Ich sah sehr viel fern, um ihn verschiedenen indirekten Geräuschen auszusetzen. Gleichzeitig bekam er Bachblüten und homöopathische Mittel gegen Angst und Streß, bis es ihm zu den Ohren heraus kam. Die – reduzierten – Besucher wurden angehalten, ihn nicht zu beachten, damit er von ihrer Aufmerksamkeit nicht unter Druck gesetzt wurde. Mein soziales Leben war sehr mager zu dieser Zeit, aber langsam, sehr langsam wurde es besser: Harry fing an, die Kater zu piesacken. Er spielte mit den Pudeln und machte Unsinn mit dem Mops. Irgendwann kam er mit in den Park, sehr, sehr früh, damit nicht zu viele Menschen, Hunde, Jogger, etc. auf ihn hereinbrechen würden. Bald waren Menschen im Park ok, solange sie einen Hund dabei hatten. Gingen sie harmlos allein spazieren, wurden sie von Harry angekläfft, aber ich betrachtete auch dies als einen Fortschritt: Lieber Angriff nach vorn, als Flucht nach hinten. Und das kleine Windspiel im Anorak mit seinen langen Spinnenbeinen erschreckte auch niemanden. Bild035
Im Schlaf bewacht: Harry mit Luise
Es wurde besser, aber er war noch sehr weit entfernt von einem „normalen“ Hund. Ich wurde etwas entspannter, weil ich lernte, mit dem Streß, mit einem panischen Hund zu leben umzugehen (als ich einem befreundeten Hundetrainer irgendwann erschöpft und selbstmitleidig die Ohren vollheulte, „Warum passiert das gerade mir? Warum bekomme gerade ich so einen Hund?“ , sagte der ganz ruhig: „Na, wo hätte dieser Hund denn sonst hin sollen?“ – Danach konnte ich das Ganze plötzlich als meine Aufgabe annehmen.). Trotzdem machte es mir schwer zu schaffen, beim Anblick eines kleinen Kindes auf eine Dreirad die nackte Angst in Harrys Augen und Ausdruck zu sehen.
Wir machten eine ausführliche klinische Untersuchung – Kreislauf, Organfunktionen, Schilddrüsen- und Harnstoffwerte wurden untersucht, weil im Körper gewisse chronische Prozesse die Stresstoleranz beeinflussen können. Die Verhaltensmedizinerin Dr. Barbara Schöning aus Hamburg, an die ich mich gewendet hatte, erzählte von einem Jahre zurück liegenden Fall aus ihrer Praxis, bei dem sie lange Zeit nicht herausfinden konnten, wodurch bei einem ihrer Patientenhunde Angst ausgelöst wurde: „Der Hund entwickelte schleichende Angstzustände in der Stadt, mit dem Schwerpunkt auf Bussen. Bis wir dahinter kamen, das es gar nicht der Bus selbst war – das war nur ein erlerntes Signal -, sondern das Reflektieren des Lichts in den vielen Fenstern des Busses, was damit zusammenhing, dass dieser Hund eine Netzhautablösung hatte. Weil diese Netzhautablösung schleichend statt fand, wahrscheinlich schon seit jungen Jahren, bekam er mehr und mehr optische Signale, die ihm Angst machten.“ Herausgefunden, erzählt Dr. Schöning, habe sie das durch einen Zufall: „Es gab eine Situation, in der er einen frisch gewischten, extrem reflektierenden Marmorboden nicht mehr betreten wollte. Daraufhin habe ich mir die Augen mal genauer angesehen.“

Organisch und neurologisch war Harry allerdings bestens in Schuß. Zuhause wurde es auch besser, weil ich relativ früh mit einer Pheromon-Therapie begonnen hatte. Pheromone sind spezielle Geruchsstoffe, die vom Muttertier während der Säugeperiode produziert werden, und ein beruhigende, entspannende Wirkung auf die Welpen haben. Diese Pheromone wirken auch auf erwachsen Hunde angstlösend, wobei der Mensch sie übrigens nicht wahrnehmen kann: Man bekommt vom Tierarzt einen Stecker mit einer kleinen Flasche daran, und die Wärme aus der Steckdose verteilt die Pheromone dann auf einer Fläche von ca. 50qm. Gerade bei Hunden mit trennungsbedingten Angststörungen kann das sehr helfen: Wenn ein unsicherer, ängstlicher Hund sich sehr stark an seine Bezugsperson bindet, bricht seine ganze Stabilität und soziale Sicherheit zusammen, sobald sein Mensch das Haus verlässt. Manche Hunde fangen an zu bellen und zu heulen, andere nagen zur Selbstberuhigung Teppich oder Tapete an. Der Mensch kommt nach Hause und ist außer sich. Eine fatale Situation für den Hund: Einerseits sind Sie seine einzige Möglichkeit, wieder Ruhe und Sicherheit zu bekommen, andererseits weisen Sie ihn jetzt wütend zurück – das Angstproblem wird immer schlimmer. Eine Pheromon-Therapie kann unter Umständen verhindern, dass der Hund mit selbstberuhigender Ablenkung überhaupt anfängt.

Harry hatte kein offensichtliches Trennungsproblem und ja sowieso meistens die anderen Hunde um sich, wenn ich das Haus mal alleine verließ. Aber alles, was dazu führen könnte, dass er sich besser fühlte, war mir recht, und so war er zuhause bald wirklich praktisch „normal“. Der nächste Schritt war eine Verhaltenstherapie, in der der Hund mit verschiedenen Techniken wie systematischer Desensibilisierung und Gegenkonditionierung an angstauslösende Reize gewöhnt wurde. Draußen verbot ich fremden Menschen, ihn anzufassen und lernte, mir alle möglichen Ratgeber und selbsternannte Hundeflüsterer vom Hals zu halten, Besucher hielt ich dazu an, ihn zu ignorieren. Anfangs versuchte ich, möglichst viele Angstauslöser zu meiden, soweit das im täglichen Leben machbar war. Wenn es doch zu Angstmomenten kam, ignorierte ich sein Angstverhalten, und sobald Entspannung einsetzte, lobte ich ihn. Ich ging mit ihm an der Leine auf die Straße, und sobald er Angst zeigte (nach ca. einem Schritt), drehten wir um und gingen wieder ins Haus. Irgendwann war er direkt vor der Haustür entspannt, weil er ja wusste, Irgendwann waren es zwei Schritte, Dann drei. Nach Monaten schafften wir es ohne nennenswerte Panikanfälle bis zum Auto. Und so weiter. Außerdem erfand ich ein Anti-Stress-Wort: Immer, wenn er irgendwo entspannt lag oder herumsaß, wiederholte ich papageiartig dieses Wort (klassische Konditionierung), um es ihm später dann in Angstmomenten vorzusagen, um seine Aufregung „herunterzufahren“.
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Irgendwann begann Harry, Berlin zu mögen
Angstprobleme beim Hund sind eine sehr, sehr langwierige Sache. „Mühsam“ trifft nicht mal im Ansatz, was es bedeutet, einem Hund aus diesen Störungen herauszuhelfen. Zuhause ist Harry frech, fröhlich und völlig entspannt, draußen in der Welt dabei noch immer nicht. Aber mithilfe der Therapie und seinem Security-Rudel geht er mit zu Freunden, solange es dort einigermaßen ruhig zugeht, er hält es aus, wenn ich mir morgens vor dem Spaziergang im Café einen Latte Macchiato mitnehme, und er freut sich über seine Hundefreunde – und manchmal deren Besitzer – im Park. Viele Menschen hat er inzwischen als Freunde begriffen und sieht sie nicht mehr als Feind. Er hofft immer noch jeden Tag, dass ich seinetwegen aufs Land ziehe, aber ich fürchte, das wird nichts.
Es gibt immer wieder Rückschläge, aber mit Konsequenz, Ausdauer und der Strategie der kleinen Schritte können auch Hunde mit Angststörungen fröhlich leben. Was wäre denn die Alternative? Sie zurück- oder ins Tierheim geben und sie ihrer Angst endgültig ausliefern?
Ich sehe meine Hunde nicht sehr viel anders als meine übrigen Beziehungen: Ich habe sie nun mal in mein Leben gelassen, also muss ich irgendwie damit zurecht kommen. In guten, wie in schlechten Zeiten.

Schritte zur Angsttherapie
Von Dr. Barbara Schöning, Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutz
www.struppi-co-verhaltenstherapie.de/13/dr.-barbara-schoening.htm

– Zuerst sollte per klinischer Untersuchung festgestellt werden, dass keine medizinischen Prozesse vorliegen, die die Stresstoleranz beeinflussen. Hierzu werden wird ein großes Blutbild benötigt wie auch eine neurologische Untersuchung, die Schilddrüsen- und die Harnstoffwerte, Organfunktionen müssen getestet werden.

– Am besten macht man schriftlich eine Übersicht über die Angstauslöser für den Hund. Angstauslöser sollten am Anfang der Therapie vermieden werden, soweit im Alltag machbar. Dort, wo ein Vermeiden nicht möglich ist, ist es wichtig, die Angst und das Angstverhalten des Hundes nicht durch Aufmerksamkeit zu verstärken.

– Wenn sicher ist, dass an bestimmten Stellen Angstauslöser vorkommen, den Hund dort an die Leine nehmen, um ihn zu kontrollieren und Verletzungen etc. zu vermeiden, und ihn mit vorsichtigem Zug ohne weitere Einwirkung (Zuwendung etc.) aus der Situation heraus führen zu können.

– Grundsätzlich gilt: Angst und Angstverhalten werden ignoriert, entspanntes Verhalten wird belohnt.

– Für konkrete Angstauslöser wird langsam ein Gewöhnungstraining durchgeführt (Desensibiliserung). Dies bedeutet eine langsame, schrittweise Annäherung an den angstauslösenden Reiz, wobei der Reiz immer nur so stark sein darf, dass der Hund sich bei wiederholter Exposition wieder beruhigen kann. Das entspannte Verhalten wird anschließend belohnt.

– Belohnungen sollen kurz und knapp sein und den Erregungslevel nicht besonders stark ansteigen lassen.

– Ist z.B. der Hausflur oder die Straße ein besonderer Angstauslöser, einige Tage lang mit dem Hund an der Leine in den Hausflur/auf die Straße treten und wieder umkehren, sobald der Hund leichtes Angstverhalten zeigt (diese Übung ist unabhängig von und zusätzlich zu dem normalen Weg zum Spaziergang etc.). Hierbei nicht mit dem Hund sprechen, ihn nur mit einem bestimmten Wort loben.

– Signale, die für den Hund „Gefahr“ bedeuten, möglichst verwässern. Wenn der Hund Angst vor fremden Menschen zeigt, die Nachbarn bitten, einmal kurz in die Wohnung zu kommen, wobei der Hund völlig ignoriert wird, und gleich wieder zu gehen. Wenn er Angst vor der Straße hat, leinen Sie ihn auch in der Wohnung zum Spielen oder vor dem Fernseher an, und leinen Sie ihn dann beiläufig wieder ab, damit die Leine nicht mit „gefährlicher Spaziergang“ verknüpft wird.

– Trainieren Sie den Hund mit einem Clicker auf ein Target, mit dem Sie ihn später auch durch kritische Situationen führen können. Trainieren Sie ausserdem ein Aufmerksamkeitskommando als Sicherheitsritual, damit er Sie in einer schwierigen Situation auf Kommando anguckt – und damit den Blick von der vermeintlichen Gefahr abwendet.

– Suchen Sie sich Hilfe von aussen durch einen Verhaltenstherapeuten oder -mediziner.

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