Bullerbü in Polen

Angus-Rinder
Angus-Rinder

Angus-Rinder

Meine Hunde und ich sind wieder in Polen, auf dem gleichen Bio-Gut, auf dem ich im Februar mein neues Welpenbuch geschrieben habe (ist endlich fertig und erscheint im September bei Gräfe und Unzer). Jetzt erleben wir hier natürlich das Gegenteil von Minusgraden und Schlotter-Kälte: Es ist warm, windig und wundervoll, die Hecken biegen sich unter den Himbeeren, in der Mitte des Teiches dümpeln sechs Enten, schlagen sich zu Harrys großer Enttäuschung den Bauch mit Entengrütze voll und machen keinerlei Anstalten, an Land zu kommen und vielleicht dort ein bißchen nach Kräutern zu suchen, so dass man sie als anständiger – wenn auch sehr kleiner – Windhund jagen könnte. Der Entengrützen-Teppich ist so dicht, dass Harry sich kurz überlegte, ob es nicht vielleicht doch eine Wiese sei, die man betreten könnte  (ich hatte es sogar gehofft, weil er dann vielleicht für immer von seiner Entenjagdleidenschaft geheilt wäre): Aber er ist ein schlauer Hund und erkannte messerscharf, dass die „Wiese“ sich leicht bewegte.

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Pridón

Pridón

Als wir morgens zum Hundezwinger kamen, stand Pridón, der Owtscharka-Rüde, der mit seiner Kollegin Néstani dafür da ist, die 1000 Schafe vor Wölfen zu beschützen, schon wedelnd in seinem Zwinger: Er bellte nicht einmal, sondern erkannte uns offenbar sofort. Er war ganz außer sich vor Glück, als wir ihn auf einen langen Waldspaziergang mitnahmen, begrüßte meine Hunde, indem er Luise zärtlich die Ohren ableckte (bei seiner Größe, dem Ausmaß seines Mauls und der Länge seiner Zunge sieht das hinterher aus, als habe man Luises Kopf unter Wasser gehalten) und zusammen mit Fritz jeden Strauch, jedes einzelne Blättchen, jeden Grashalm und jeden Kiesel markierte. 2013-08-12 15.25.15Erst Fritz, dann Pridón, dann wieder Fritz, zum Schluß setzte Luise einen Punkt unter jedes Ausrufezeichen. Harry versuchte möglichst, Pridón nicht in die Quere zu kommen, der begeistert  um uns herum galoppierte (ich schwöre: Der Waldweg bebte). – Es war nur schwierig, Pridón anschließend wieder in seinen Zwinger zu befördern: Auf dem Rückweg dämmerte ihn an einer bestimmten Stelle, dass ich ihm nun meistens Luises Leine um den Kopf geschlungen hatte, um ihn bei mir zu behalten, also fiel er plötzlich einen gestreckten Trab, der jedem Islandpony Ehre gemacht hätte. Ich lief in sehr schnellem Schritt hinterher in der Hoffnung, nicht sein Mißtrauen zu erwecken (oder besser: zu bestätigen), was ein bißchen aussah wie Nordic Walking ohne Stöcke. Vor einem der großen Trecker blieb er stehen, bis ich ihn eingeholt hatte. Die Arbeiter, die sich gerade wohl einen Plan überlegt hatten, in welcher Reihenfolge sie die Karotten einholen würden, sahen gespannt zu, wie ich Pridón Luises dünnes Leinchen um den gewaltigen Hals legte und versuchte, ihn zum Mitkommen zu bewegen (wir wissen schließlich alle, dass Ziehen an der Leine nichts nützt, denn Druck erzeugt nur Gegendruck, und außerdem wiegt Pridón ungefähr  55 Kilo), mit aufmunternden Worten in Motivationsstimmlage. Er tat mir den Gefallen und ging ein paar Schritte mit, dann blieb er stehen, dann ging er zögerlich wieder einen Viertelmeter weiter: Leider ist Pridón vollkommen unbestechlich; es beeindruckt ihn überhaupt nicht, wenn man mit Köstlichkeiten vor seiner Nase herumwedelt. Freiheit läßt sich eben nicht mit ein bißchen Biokäse aufwiegen.  Als ich es dann irgendwann geschafft hatte, ihn in seinen Zwinger zu komplimentieren, applaudierten die Arbeiter, die die ganze Zeit gespannt zugesehen hatten.

Jetzt weiß ich, wie sich Hundeflüsterer fühlen.

 

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