
Tascha (6) mit Dylan (10)
In Brandenburg kämpft eine Familie um ihren Staffordshire-Bullterrier: Für ihren seit seiner Geburt im Wachkoma liegenden Sohn Dylan wirkt sein Staffordshire Tascha wie eine Therapie. Das Ordnungsamt hält ihn aber für gefährlich und ordnete die Trennung an. Doch nun zeichnet sich eine Lösung ab
Mittlerweile hat der Kinderarzt sein Gutachten geschrieben. Darin steht, dass der schwerkranke Dylan (10) seinen Hund braucht, damit sich der Gesundheitszustand des Jungen nicht verschlechtert. Der Anwalt der Familie kämpft dafür, dass die beiden nicht auseinandergerissen werden – und die Eltern bangen und hoffen.
Der morgige Dienstag könnte der Schicksalstag einer Freundschaft werden. Denn da treffen sich Amt und Familie zu einem klärenden Gespräch, bei dem erörtert werden soll, wie es weitergehen kann.
Tascha kam als Welpe in die Familie. Klein und niedlich, und von vorneherein gab es da eine Beziehung zwischen der gestromten Hündin und dem Kind.
Doch der Hund ist ein Staffordshire-Bullterrier und darf deswegen in Brandenburg nicht gehalten werden. Die Famlie wusste das nicht, als sie vor zwei Jahren von Berlin nach Brandenburg zog: Im einen Bundesland ist es ok, Staffs nach einem Wesenstest zu halten – in Brandenburg nicht. Wer studiert bei einem Umzug denn auch erst die Hundeverordnungen? Wer könnte es sich leisten, aufgrund der „falschen“ Rasse seines Hundes nicht umzuziehen, weil irgendjemand an einem Schreibtisch beschlossen hat, eine bestimmte Rasse sei gefährlicher als andere – entgegen sämtlicher Studien von Verhaltensbiologen?

Tascha
Am 25. August legt sich Tascha mit einem anderen Hund an – es gab eine Anzeige. Und weil Staffordshires in Brandenburg verboten sind, löste diese Anzeige entsetzliches aus: Im schlimmsten Fall könnte Tascha eingeschläfert werden, denn sie gilt als „Listenhund“.
„Wird der Hund beschlagnahmt, kommt er in eine Hundepension, zum Beispiel zur Firma Egler“, erklärte die Amtsleiterin vom Kreis Havelland. Der Hundegutachter Mario Egler sagte zur BZ: „Zu mir kommen die schweren Fälle.“ Eine Rückkehr in die Familie wäre dann ausgeschlossen. Es gäbe dann zwei Möglichkeiten: Entweder der Hund würde nach einem monatelangen Verhaltenscheck in fremde Hände vermittelt werden oder man würde ihn „von Amts wegen“ töten.
„Wird festgestellt, dass eine Vermittlung möglich ist, dann bekäme der Hund eine neue Identität. Denn es gibt Halter, die Hunde nur wegen ihrer Vorgeschichte wollen. Der Hund bekäme einen neuen Namen und müsste in ein möglichst weit entferntes Bundesland“, sagt Egler.
Aber Dylan braucht seine Tascha. „Immer wenn der Hund bei ihm war, reagierte unser Sohn. Er war glücklich“, sagte der Vater des Jungen der „BZ“. „Er atmete ruhiger, auch die Herzfrequenz senkte sich. Das konnte nur dieser Hund“ Doch den Angaben nach hatte Tascha einen Nachbarshunds gebissen und die Familie wurde angezeigt, woraufhin die Behörden aufmerksam wurden. Der Hund lebt inzwischen bei einem Sohn der Familie in Berlin, wo die Rasse gehalten werden darf, und darf den zehnährigen Wachkomapatienten nur noch besuchen.
Tascha helfe der ganzen Familie im Alltag, begründete der Vorsitzende der Erna-Graf-Stiftung, Eisenhart von Loeper, weil sie eine beruhigende Wirkung auf den Jungen ausübe. Um weitere Vorfälle mit anderen Tieren zu verhindern, sicherte die Familie zu, den Leinen- und Maulkorbzwang einzuhalten. Zudem werde eine Schulung für Behindertenbegleithunde absolviert. Bürgermeister Oehme und das Ordnungsamt wollen eine möglichst gute Entscheidung treffen – sicherlich auch, weil der Druck der Öffentlichkeit so groß ist.
Denn die Geschichte von dem Jungen, der von seinem vierbeinigen Freund vom Amt getrennt werden soll, bewegt viele Menschen. Der Berliner Feuerwehrmann Jürgen Töpfer startete vor einer Woche eine Facebook-Aktion, die bis Donnerstagmittag 84.000 Likes sammelte. „Ich bin überwältigt“, sagt der 48-Jährige, der selbst Vater ist. Seit der Übersetzung der Seite ins Englische kommen auch Kommentare aus England, Amerika und asiatischen Ländern. Mittlerweile bangen allein auf Facebook mehr als 110.000 Menschen mit Tascha, Dylan und ihrer Familie, mehrere Online-Petitionen wurden gestartet, die von Zehntausenden unterzeichnet wurden. Selbst englischsprachige Medien berichten bereits über den Fall. Sollte das Ordnungsamt die Hündin beschlagnahmen, könnte das Tier nicht wieder in Dylans Familie zurückkehre, schrieb die BZ. Im schlimmsten Fall droht Tascha sogar die Einschläferung.
„Wir suchen mit der Familie eine einvernehmliche Lösung“, sagt Ordnungsamtsleiter Kurt Hartley jetzt. Am Dienstag soll in einem Gespräch gemeinsam erörtert werden, wie es weitergehen soll. Eine Entscheidung, ob Tascha bei dem schwer kranken zehnjährigen Dylan bleiben kann, soll aber nicht getroffen werden. Noch immer werde geprüft, ob eine Ausnahme von der Hundehalterverordnung gemacht und Tascha Therapie-Begleithund werden könne. Unterdessen wurde bekannt, dass Gemeindeverantwortliche bedroht werden – in Mails. „Die Situation ist nicht einfach“, bestätigte Hartley.
Hier der Bericht aus der heutigen BZ über die familiären Hintergründe von Barbara und Eckhard Gerzmehle:
http://www.bz-berlin.de/bezirk/umland/warum-tascha-bei-dylan-bleiben-muss-article1770479.html