Stiftung Warentest untersucht Alleinfuttermittel für Hunde: Das Ergebnis ist verheerend

Hochwertig und bedarfsgerecht – so wird Feuchtfutter gerne angepriesen. In Wirklichkeit fällt jedes zweite durch

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Vergangene Woche erschien die neue Ausgabe von Stiftung Warentest – diesmal mit einem sicheren „Quoten-Thema“: Es wurden 30 Hundefutterdosen darauf getestet, ob ihr Nährstoffgehalt wirklich für ein ganzes Hundeleben ausreicht, wie es das per Gesetz muss, wenn es als „Alleinfuttermittel“ ausgewiesen ist. Die Definition eines Alleinfuttermittels ist im Futtermittelrecht gesetzlich verankert, es handelt sich bei dem Begriff keineswegs um eine Erfindung der Futtermittelindustrie. Sie lautet: „Mischfuttermittel, die dazu bestimmt sind, allein den Nahrungsbedarf der Tiere zu decken.“ Mit dem Nahrungsbedarf ist dabei der gesamte Bedarf eines Tieres an allen Nährstoffen einschließlich Mineralstoffen und Vitaminen gemeint.

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Das frustrierende Ergebnis: Von 30 getesteten Sorten Feuchtfutter fiel die Hälfte mit dem Ergebnis „mangelhaft“ durch. Darunter auch sechs teure und vermeintlich hochwertige Produkte. 14 Produkten fehlten wichtige Nährstoffe, eins enthielt zu viel Kadmium.Von 30 getesteten Sorten Feuchtfutter fiel die Hälfte mit dem Ergebnis „mangelhaft“ durch. Darunter auch sechs teure Produkte. Nur acht Dosenfuttersorten hielten, was sie versprachen.

Interessanterweise fielen gerade Produkte durch, deren Hersteller es eigentlich besonders gut meinen, und die besonders natürlich und teuer sind. In einer dieser Dosen fanden die Tester so viel Kadmium, dass der gesetzliche Grenzwert für Futternahrungsmittel weit überschritten wurde. Zwei getestete vegane Futter reichten hinten und vorne nicht aus.

Ein anderes Alleinfutter eines sehr beliebten Herstellers fiel gleich mehrfach durch: Es versorgt den Hund nicht ausreichend mit Vitamin B1, und vor allem war die Beschreibung „100 % Rind“ schlicht unwahr – die Tester fanden auch Anteile von Huhn und Schwein darin. Ein Desaster für etwaige Allergiker.

Um einer Verschwörungstheorie zwischen Stiftung Warentest und den großen Konzernen wie Mars Petcare (Pedigree), Hill’s, Anbietern wie Aldi Nord oder Lidl vorzubeugen, deren Futter ausnahmslos mit „sehr gut“ bewertet wurden: Die großen Konzerne können sich 1. festangestellte Fachtierärzte für Ernährung leisten, die die teuren Laboranalysen mit entscheidender Regelmäßigkeit durchführen lassen können, außerdem können sie es bezahlen, entsprechende Vitamin- und Mineralmischungen passend zu ihren verschiedenen Mischungen herstellen zu lassen (dafür stellt sich heraus, dass sie alle und ausnahmslos große Teile Schweinefleisch verwenden. Schon in Anbetracht der durchschnittlichen Haltung von Mastschweinen ist das inakzeptabel).

Außerdem werden die großen Konzerne viel schärfer und regelmäßiger kontrolliert als die „kleinen Nummern“ – schon deshalb fallen eventuelle Mängel nicht erst dann auf, wenn sich Stiftung Warentest mit dem Thema beschäftigt, sondern bereits dann, wenn die Kontrolleure teure Strafen verhängen. Was der Verbraucher eben nicht gleich mitbekommt.

Ich selber habe in den vergangenen Monaten meinerseits viele Recherchen in dieser Richtung gemacht und auch erleben müssen, dass gerade die „kleinen“ Hersteller, die, die gerne auf den Natürlichkeits-Trend aufspringen und damit werben, „ohne Zusatzstoffe“ und Konservierungsstoffe auszukommen, häufig gar nicht wissen, welche Auflagen die NCA verlangt. Eine Herstellerin, die ihrerseits in ihren Veröffentlichungen die großen Konzerne massiv angriff, konnte mir nicht beantworten, wo in ihrer ansonsten sehr appetitlich klingenden Rezeptur aus 50% Bio – Huhn (Muskelfleisch, Herz, Hälse, Innereien), Bio – Karotte, Bio – Apfel, Bio – Kokosöl, Bio – Hanföl und Eierschalenpulver denn das Magnesium, Kupfer, Jod und Vitamin A und D herkommen sollte. Sie wirbt sogar damit, dass in ihrem Futter keine synthetischen Vitamine enthalten seien – bloß bedeutet das eben, dass gewisse hitzeempfindliche Vitamine und Mineralien dann eben in ihrem Futter nicht enthalten. Wir konnten die Unterhaltung nicht fortsetzen, weil sie plötzlich einen Termin hatte. Auf ihren versprochenen Rückruf warte ich noch heute, drei Monate später.

Ein anderer Hersteller, der im Test von Stiftung Warentest sehr schlecht abschnitt, rechtfertigt sich nun auf seiner Homepage, „Unser Anspruch ist es, Tierfutter zu produzieren, das der Qualität selbstzubereiteter Nahrung entspricht. Beim Fleisch verwenden wir ausschließlich hochwertiges Muskel-, Herzfleisch sowie Lunge und beim Geflügel Brustfleisch und Hälse. Dabei legen wir besonderen Wert darauf, dass keine künstlichen Vitamine oder andere Nahrungsergänzungen zusätzlich Verwendung finden. Davon distanzieren wir uns.“ Das klingt fabelhaft, bedeutet aber, dass er eben kein Alleinfuttermittel herstellt. Nur darum ging es in dem Test von Stiftung Warentest – um die Richtigkeit der Angaben auf den Etiketten (denn woran soll der Verbraucher sich denn sonst halten?). Wer bei der Naßfutterherstellung vollständig auf die Zugabe von Mineralien und Vitaminen verzichtet, kann kein Alleinfuttermittel herstellen und darf das auf seinen Etiketten auch nicht ausloben. Und auch bei selbst hergestelltem Futter wird jeder Mensch mit Verstand dafür sorgen, dass es dem Hund an nichts fehlt – ich kenne keinen einzigen „ernsthaften“ BARFer, der auf Zusatzpulver verzichtet.

Vitamin B1 wird beim Erhitzen zerstört. Von Kalzium, Phosphor und Magnesium brauchen Hunde große Mengen – allein vom Kalzium dreimal soviel wie der Mensch. Spurenelemente wie Eisen, Kupfer, Zink, Mangan, Kobalt Jod und Selen können eigentlich nur über Leber ins Hundefutter kommen – fehlt diese in der Rezeptur, müssen sie hinzugegeben werden. Außerdem brauchen Hunde täglich zehn verschiedene Aminosäuren, die aus Innereien und Muskelfleisch gewonnen werden müssen. Und last not least benötigt der Hund dringend gewisse Fettsäuren, vor allem die ungesättigte Linolsäure: Ein 15 Kiloschwerer Hund braucht davon rund 3 Gramm täglich. In fünf der getesten Futtersorten war zuwenig davon enthalten.

Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Es ging in dem Test NICHT darum, die Hochwertigkeit der Inhaltsstoffe der jeweiligen Produkte zu testen. Aber was nützt einem das allerbeste Filetfleisch und handverlesene Bio-Pastinaken im Hundefutter, wenn der Hund trotzdem auf Dauer massiven Kupfer-, Vitamin A- oder Zinkmangel hat – Mängel, die nicht über einen gewöhnlichen Bluttest oder gar am Fell des Hundes erkennbar sind?

Vielleicht rüttelt die Untersuchung von Stiftung Warentest endlich einige Hersteller auf – und auch die Ämter, die sich bei ihren Kontrollen häufig mehr mit Hygienevorschriften beschäftigen als mit dem Inhalt des Futters, um das es geht. Ca. 75% der Hunde in Deutschland werden über Fertigfutter ernährt: Sie sind abhängig davon, dass sie vom Menschen das bekommen, was sie brauchen, denn anders als der Mensch essen sie nicht über den Tag verteilt noch Äpfel, Cashewnüsse, Salat oder Bananen.

Man sollte aus diesem Test übrigens nicht schließen, dass statt Fertigfutter die eigene Herstellung von Hundefutter auf jeden Fall die bessere Alternative ist: Auch hier muss man sich wirklich auskennen. Denn tatsächlich traten in einer Studie (Rahmann) an 1229 Hunden, die über einen Zeitraum von einem Jahr beobachtet wurden, traten bei ausschließlich mit Fertigfutter ernährten Hunden weniger Magen-Darm-, Haut- und Nierenerkrankungen sowie Entwicklungsstörungen auf als bei ihren mit selbst hergestellten Rationen gefütterten Artgenossen. Mit Fertigfutter ernährte Zuchthündinnen zogen dieser Studie zufolge im Durchschnitt mehr lebende Welpen pro Wurf auf.

Ernährung ist eine diffizile Angelegenheit. Dass der Verbraucher dem industriell hergestellten Futter nicht traut, ist nach solchen Tests kein Wunder. Nur leider ist auch sein eigenes „Bauchgefühl“ nicht zuverlässiger, wie viele Studien an gebarften Hunden mit massiven Mängeln in den Universitäten von Berlin und München leider immer wieder beweisen.

Besser wäre es wohl, sich auf Rationsberechnungen von Fachtierärzten zu verlassen.

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2 Kommentare

  1. Stefanie Herrmann

    Diesen Beitrag finde ich sehr gut, weil ausgewogen und klar geschrieben! Als Wissenschaftlerin finde ich es am wichtigsten bei Tests genau darauf zu schauen, was getestet wird und wie die Gewichtung der Testergebnisse ausfällt, denn kein Test ist „objektiv“.

    Was beim Test nicht untersucht wird, weil dies sicher aufwendig wäre, ist die Verträglichkeit des Futters und wie es aufgeschlossen wird, was kann das Tier wirklich verwerten. Da kommt dann auch der Qualitätsaspekt verstärkt zum Tragen.
    Wenn man beispielsweise Barf füttert hat man eine ganz andere Verdauung beim Hund als beim Dosenfutter. Der Hund ist mehr mit Verdauen beschäftigt setzt weniger Kot ab und man sieht auch am Kot, dass dort viel „rausgezogen“ wurde. Er ähnelt dem Kot von Wildtieren.
    Ich gebe Ihnen Recht, dass man sich egal was man füttert informieren muss, damit der Hund alles erhält. Aber kein Tier / Mensch lebt von Natur aus je jeden Tag „perfekt“. Es ist in diesem Sinne einfach wichtig, dass nicht immer das Gleiche fehlt. Wenn mal das eine oder andere fehlt ist das sicher weniger schlimm. Das kann man über Abwechslung steuern.
    Das ist dann wahrscheinlich das „Natürlichste“.

  2. Ich war viele Jahre lang überzeugter „Barfer“. Inzwischen nicht mehr. Es ist doch recht aufwändig zu berechnen wie viel ich von was geben muß damit alle Nährstoffe in den Hund kommen. Dann gab es immer wieder einzelne Sachen die mein Hund nicht fressen wollte. So stimmte dann die ganze Rations Berechnung wieder nicht und irgendwann mochte mein Hund diese rohen Mahlzeiten auch nicht mehr wirklich gerne fressen. Ich habe dann angefangen Fertigfutter zu füttern, verschiedene Sorten feucht und trocken. Da jedes Futter eine andere Zugsamensetzung hat. Bei einem sind mehr Vitamine und beim anderen mehr Zink etc. enthalten. Und es gibt auch immer mal wieder eine rohe Mahlzeit oder was gekochtes. Heute ergänze ich die selbst gemachten Mahlzeiten allerdings mit einem Futter Ergänzungsmittel und ab und zu gibt es auch Reste von meinem Essen.

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