Chihuahuas – Echte Hunde, kein Modetrend!

5paris_with_chihuahua_croppedMan trifft sie nur selten in Parks und Grünanlagen, dafür umso mehr auf Laufstegen, in Autos und Restaurants, in kleinen Taschen, auf dem Arm, mit T-Shirts und Bomberjacken bekleidet. Spätestens seit Paris Hilton sich als lebendes Mode-Accessoire ihren Chihuahua Tinkerbell anschaffte, braucht man offenbar für den perfekten Glamour-Auftritt ein Toy-Hündchen im Arm. Madonna besaß gleich drei davon – Rosita, Evita und Chiquita. Um ihrem großen Idol in nichts nachzustehen, hatte auch Britney Spear (vor der Scheidung, den Strip-Lokalen und der Sache mit den Haaren) ein solches Mini-Trio. Deren Auffassung von Stubenreinheit sorgte angeblich für Jackson-Pollock-ähnliche Muster auf ihren weißen Teppichen. Als dann allerdings einer der Chihuahuas nach dem Knöchel von Spears‘ Ex-Mann Kevin Federline schnappte, mussten die drei ausziehen: Hätte Britney mal auf deren Instinkt vertraut, ihr – und uns – wäre einiges erspart geblieben.
Kurzhaar-Chihuahua
Chihuahuas sind der Hype der Saison: Nicht nur die kleinste, sondern eine der ältesten Hunderassen der Welt. Als Opferhunde begleiteten sie die Toten der Azteken als Führer auf deren Reise ins Jenseits, und gehörten zu den Lieblingsspielsachen aztekischer Prinzessinnen.
Dass Prinzessinnen sie lieben, ist bis heute so geblieben. Dass sie zum Opfer werden, auch: Es gibt unzählige, komplette Outfits für Chihuahuas, Taschen und Täschchen in jeder Form und Farbe, und zahllose Chihuahua-Shops im Internet, bei denen man Kleidchen, T-Shirts, Bikinis, Hütchen, Ringelpullis mit und ohne Glitzer kaufen kann, mit denen die Hunde erbarmungslos verkleidet werden. Nur wenige dieser Hunde scheinen je den Boden berühren zu dürfen, und ihre Notdurft verrichten sie mitnichten an Bäumen, und in Parks, sondern ausschließlich auf dem Katzenklo. Chihuhua im Bademantelscuba-diving-chihuahua-01
Mit Tinkerbell trat Paris Hilton als künstlichste Jet-Set Blondine mit Barbie-Hund auf. Tinkerbell wurde in kurzer Zeit zum berühmtesten Hund Amerikas, der sogar als Autor einer Biographie über die Erbin fungiert: „The Tinkerbell Hilton Diaries: My Life Tailing Paris Hilton“.
„50% der Interessentinnen an unseren Hunden haben einen Paris-Hilton-Komplex“, so die Züchterin Lorena Galanti aus München. „Mädchen, die weder Geld, noch Ahnung haben, was Hundehaltung überhaupt bedeutet. Die wissen kaum, wie ein Chi aussieht, und können schon gar keine 800-1000 Euro bezahlen, die ein Hund aus einer sorgfältigen Zucht eben kostet.“
Die offiziellen Zuchtvereine haben daher auch gar keine wachsenden Welpenzahlen zu vermelden – während das Internet mit abzugebenden Chihuahuas überquillt. Es sind Chis-Chis – wie sie von ihren Fans liebevoll genannt werden -, die von schlauen Händlern aus dem Osten importiert und häufig viel zu früh abgegeben werden, mit sechs, sieben Wochen, kaum in der Lage, sich auf den Beinen zu halten – „Zu jung, zu klein, ungeimpft und unterzuckert“, so Galanti. „Die sehen aus wie Vögelchen“ – , oder von profitorientierten Hunde-Vermehrern: „Acht Wochen alt, sofort abzugeben. Da wir keine Freunde des Vereinslebens sind, haben wir die Eltern nicht auf Zuchttauglichkeit prüfen lassen, deshalb ohne Papiere“, steht da z.B. Züchter der eingetragenen Vereine geben die Welpen dabei frühestens mit zwölf, meist erst mit vierzehn oder sechzehn Wochen ab. Seit Paris ist die Nachfrage nach kurzhaarigen Chihuahuas gestiegen. „Dann hat man ja auch eine gute Ausrede, sie anzuziehen“, faucht Lorena Galanti. „ Nur: Ein T-Shirt hält nicht warm. Sowieso ist der Chihuahua ein sehr robuster Hund und gar nicht empfindlich.“
Gerne werden sogenante „Teacups“ angeboten, besonders kleine Exemplare, die fürs Foto adrett in Weingläsern oder Teetassen drapiert werden: „Mini-Traum in weiss mit 650g in allerbeste Hände abgegeben“, oder: „ Im Auftrag von angesehenen Züchtern vermitteln wir Mini-Chihuahua Welpen, auch Teacup-Chihuahua genannt, bekannt durch Paris Hilton’s Tinkerbell.“ Auch Britney’s neuestes Modell ist ein „Teacup“ , der angebliche 3200 Dollar kostete. In Wirklichkeit gibt es „Teacups“ dabei gar nicht: Sie sind nichts weiter als eine clevere Marketing-Erfindung von erbarmungslosen Züchtern, die unter dieser Bezeichnung Kümmerlinge verkaufen wollen: „Zwergenwuchs ist nichts Erstrebenswertes“, meint die Vorsitzende des Deutschen Chihuahua-Klubs Heidi Gehring, die diese Rasse seit 40 Jahren züchtet, „ sondern weist häufig auf genetische und gesundheitliche Schäden hin.“ Eines der Kriterien für einen „guten“ Chihuahua ist sein Gewicht: Mit zwölf Wochen sollte er um die 1000g wiegen. Zur Zucht zugelassen werden vom VDH nur Hunde von mindestens 2 kg. Denn: Je kleiner, desto empfindlicher sind sie auch. Hunde sind nun mal keine Handys – je kleiner, desto modischer, desto besser. Langhaar-Chihuahua
Paris Hilton trennte sich von Tinkerbell: Sie war ihr zu groß geworden. Um Imageschäden abzuwenden, tat sie, als wäre Tinkerbell weggelaufen und inszenierte eine medienwirksame Suchaktion. In Wirklichkeit hatte sie den Hund an ihre Mutter abgegeben – um sich anschließend einen neuen, kleineren Chihuahua namens Bambi zu kaufen.
Das Dumme an Hunden als Fashion-Accessoire ist: Sie werden bis zu fünfzehn Jahre alt. Kein Trend der Welt dauert so lange. Madonna merkte das auch irgendwann und gab Chiquita, Evita und Rosita nach ein paar Jahren ab – ins Tierheim. Bisher hat der beste Freund der aztekischen Prinzessinnen überlebt, weil er so selbstbewusst, energisch und robust ist. Chihuahuas sind mutige, intelligente kleine Hunde mit einem großem Herzen und ungeheurer Loyalität. Sie brauchen keine rüschenverzierten Pullover, rosa Täschchen und Glitzerleinen, sondern Spaziergänge, hundgerechtes Sozialleben, Abenteuer und Unterhaltung. Sie haben artgerechte Liebe verdient – und Würde.

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