Deutsche Tali-Bahn (Auch wir bellen der Bahn was!)

bild18. Juli 2010
Ich bin einfach leichtgläubig. Ich dachte wirklich, mit dem Scheiden von Herrn Mehdorn habe sich bei der Deutschen Bahn Einiges geändert. Stattdessen bleibt Reisen mit der Bahn, was es immer war: Ein ungeahntes Abenteuer.
Ich musste mit meiner schwarzen Pudelin Luise und Harry, meinem Zitteraal von Italienischem Windspiel nach Köln fahren. Mir wurde eine Fahrkarte 1. Klasse gebucht, dazu eine Kinderfahrkarte für Luise, was für einen Gesamtpreis sorgt, der schon mal meine halbe Miete ist. Anspruch auf einen Sitzplatz hat der Hund dadurch übrigens nicht, nicht einmal auf ausreichend Platz, und wenn sich ein Mitreisender durch die Anwesenheit des Hundes gestört fühlt, ist der Hundebesitzer verpflichtet, das Feld zu räumen. Harry dagegen fuhr gratis, denn er gilt als „Katzengröße“ und passt in eine Tasche, was ihn – bzw. mich – von einer extra Fahrkarte entbindet.
Die Bahn macht ja gerne auf effizient und ließ mich das Ticket per Auftragsnummer am Automaten abholen. Die Hundefahrkarte rückte er allerdings nicht heraus, und leider hatte ich keine Zeit mehr, mit ihm zu diskutieren. Nach einer Stunde Zugfahrt tauchte der Schaffner an meinem Platz auf und erklärte mir, dass nur ein Teil des Zuges bis zum Kölner Hauptbahnhof fahren würde – der Teil, in dem die Bahn meinen Platz reserviert hatte, gehöre leider nicht dazu: ich solle mich bitte am anderen Ende des Zuges in die 1. Klasse setzen. Ich stapfte drauflos mit Gepäck und Hunden im Schlepptau durch zehn Waggons, die in jeder Hinsicht an halbgeöffnete Sardinenbüchsen im Hochsommer erinnerten. Als an meinem neuen Platz mein Fahrschein kontrolliert wurde, erklärte ich dem Schaffner das Automatenproblem und hielt ihm zur Beruhigung die Kreditkartenabrechnung des Reisebüros hin, aus der ersichtlich war, dass die beiden vollständig bezahlten Fahrkarten unter angegebener Auftragsnummer abzuholen gewesen wäre. Der Schaffner kannte kein Pardon, oder er konnte nicht lesen, verlangte verlangte aber den Erwerb einer weiteren Fahrkarte, was ich verweigerte. Daraufhin hielt er den Vorgang samt meiner Personalien auf seinem Handcomputer fest, einem Gerät aus den 80er Jahren, was die Sache gefühlte Stunden dauern ließ. Er war unglaublich schlecht gelaunt. Das Personal der Deutschen Bahn ist schlicht überfordert mit der Beförderung von Passagieren. Das Leben wäre viel einfacher für sie, wenn Bahnreisende einfach zuhause blieben.
Der Zug fuhr dann doch nicht zum Kölner Hauptbahnhof, er konnte „aus technischen Gründen“ nicht geteilt werden, sondern entließ die Passagiere mit dreiunddreißig Minuten Verspätung in Deutz, das zwar bereits seit 1888 ein Stadtteil von Köln ist, aber eben nicht der Hauptbahnhof.
Die Rückfahrt von Köln nach Berlin verlief deutlich entspannter: Der Zug war ungeteilt und fuhr geradwegs auf Berlin zu, nur gab es dann aufgrund einer „technische Störung“, massive Verspätungen. Bei jeder Haltestelle wurden diese Verspätungen und ALLE Züge, die verpasst worden waren, per Lautsprecher genau durchgegeben, und zwar auch in einem so grauenhaft akzentuierten Englisch, wie man es nur aus völlig überzogenen englischen Witzen kennt. Wir erreichten Berlin mit 46 Minuten Verspätung. Die technische Störung, erfuhren wir irgendwann, wäre ein „Kabeldiebstahl“ gewesen.
Ja, klar.
Am Bahnsteig in Berlin dacht ich an Marco Polo, der es im 13. Jahrhundert trotz unglaublicher Widrigkeiten schaffte, Persien zu durchqueren, die Hochebene des Pamir-Gebirges erklomm, die verbotenen Regionen von Kashgar und Yarkand, das Reich von Khotan und die Wüste Gobi, bevor er Kublai Khans legendären Palast in Shangtu erreichte. Die Deutsche Bahn gab es noch nicht. Er wäre zweifellos gescheitert. Aus technischen Gründen.
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