Tierliebe und: Was vom Maulwurf übrig blieb

Dass ich nicht nur Hunde, sondern Tiere überhaupt mag, hat sich möglicherweise mittlerweile herumgesprochen. Schon als kleines Ding sammelte ich alles ein, was nicht bei zwei auf einem Baum war, Käfer, Spinnen, Kaninchen, Vögel mit gebrochenen Flügeln, Ponies, die auf ihrer Weide einsam aussahen, Kälber und junge Katzen. Mit der Zeit sprach sich das herum, und zur Verzweiflung meiner Mutter fanden mich Tiere, die der Meinung waren, es sei an der Zeit für einen Neustart ihres Lebens, von ganz alleine:  Weggeflogene Wellensittiche landeten im Schulhof direkt vor meinen Füßen, verlaufene Hunde liefen mir direkt in die Arme, Goldfische, die irgendwer in Tümpel gekippt hatte, an deren Ufer ich gerade spielte,  schwammen direkt in meine Marmeladengläser. Vielleicht sollte ich meiner Mutter, die zeitlebens mit Tieren eigentlich wenig am Hut hatte, an dieser Stelle offiziell danken, dass sie das alles zuließ. Und gleichzeitig allen Müttern, die nicht begreifen können, wieso ihre Kinder so aus der Art geschlagen sind, und auf deren Befehl trotzdem säckeweise Heu, Einstreu, Vogelsand, Karotten, Salat, Markknochen und Äpfel anschleppen, auf dass ihre Kinder empathische, verantwortungsvolle, liebevolle Erwachsene werden.

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Auch mein Garten hat magische Anziehungskräfte auf die Tierwelt. Ich kämpfe verbissen mit einem oder gefühlten280 Maulwürfen, der es scheinbar nirgends schöner zu finden als bei mir, obwohl ich Lappen mit Buttersäure und stinkige Zitronenkugeln in seine Gänge stopfe. Er nimmt es mir nicht übel, sondern legt die Lappen und Kugeln fein säuberlich auf seinen nächsten Maulwurfhaufen.  Meine Hunde teilen neuerdings meinen Ehrgeiz, den Maulwurf loszuwerden. Gerade haben meine Jungrüden Fonsi, Luis, Kasper und Buddy versucht, mir einen Gefallen zu tun und den Maulwurf auszugraben. Dabei sind ihnen die Proportionen ein wenig verrutscht, und der Krater ist so tief, dass es nur noch wenige Meter nach Australien sein können.

Tatsache ist jedenfalls, dass wildfremde Tiere trotz meiner fortschreitenden Vergreisung nicht aufgehört haben, meine Nähe zu suchen. Obwohl ich mein Leben lang jagdlich begeisterte Hunde gehalten habe, lauern Rehe und Wildschweine mir auf Spaziergängen geradezu auf. Im letzten Winter versuchten gleich mehrere Rehe, sich meiner Hundegruppe beim Spaziergang anzuschließen, in dem sie plötzlich zu 18tent aus dem Unterholz schossen und zwanzig Meter neben uns herliefen, obwohl ich meine Barsoi-Hündin Rapunzel, Gretel und der Havanesermischling Barthl an der Leine tobten, während die Chihuahuas sich an ihre Vorfahren als wilde Jäger erinnerten und kreischend zwischen die Füße der Rehe gerieten. Ich mag solche Annäherungsversuche von mir fremden Tieren nicht. Das ist mir zu nah.

Natürlich füttere ich im Winter die Vögel mit ausgesuchtem Bio-Premiumfutter mit Kräutern, getrockneten Mehlwürmern, Obst und handverlesenen Körnern. Meine Windsprite-Hündin Gretel findet, dass Vögel zu viel Dreck hinterlassen und sieht es als ihre Aufgabe, alles zu fressen, was auf den Boden fällt – ihre zarte WIndhund-Figur erinnert dementsprechend mittlerweile an einen Blauwal, nur mit weniger Taille. Mein Garten sieht im Winter dabei so aus wie bei Hitchcocks Vögeln: Ich versorge offenbar die Vogelwelt von ganz Bayern und Österreich. Amseln sitzen kugelrund auf dem Zaun und sehen träge den andern Vögeln zu, die sich gutgelaunt zwitschernd den Bauch vollschlagen. Selbst Krähen, Tauben und Eichelhäher sind aufgrund des Nahrungsüberangebots friedlich und sitzen dazwischen, ohne dass sich jemand vor ihnen fürchtet. Mein Garten scheint eine Art HotSPot der Vogelwelt zu sein: „See and be seen“.

Wir haben auch einige Mäuse, die dicksten, glänzendsten Mäuse, die man je gesehen hat: Seit Jahren ernähren sie sich von Bio-Vogelfutter und sehen dadurch aus wie die Supermodels der Hausmäuse. Auch ihr Sozialverhalten erinnert an Frau Klum, sie stapft selbstbewusst auf unserer Terrasse herum, lässt sich von niemandem beeindrucken und sichert sich ihre Pfründe.  Fonsi und Luis empört das. Die beiden haben ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, und Mäuse steht nach ihren Informationen hier nirgends auf der Gehaltsliste. Wann immer sie eine Maus durch eine Fenster, ein Gartentor oder durch die Tür des Hühnerstalls entdecken, schreien sie Zeter und Mordio. Der Maus ist das egal, weshalb sie kein Geheimnis aus ihrer Anwesenheit macht.  Ich wünschte, sie wäre schüchterner.

Eine zeitlang verdächtigte ich meine Hunde, die 800 Gramm-schweren Fettfutterkolben zu fressen, die in rasantem Tempo verschwanden (kurz kam mir auch der Gedanke, es könnten meine Nachbarn sein, aber die Vorstellung, sie würden nachts im Schlafanzug mit der Nagelschere mein Vogelfutter klauen, war doch zu absurd). Kein Vogel, kein Eichhörnchen hätte sie spurlos entfernen können. Dass meine Hunde dauernd des nachts in den Garten wollten, schien meinen Verdacht nur zu bestätigen: Sie hatten offenbar Bauchweh oder Durchfall von dem vielen, mit Sonnenblumenkernen und Erdnüssen durchsetzten Fett. Stattdessen stellten sie eines Nachts zwei Steinmarder, die besonders glänzendes, sichtbar luxuriös, weiches Fell hatten. Sie versuchten gerade zu zweit, einen Futterkolben über den Gartenzaun zu stemmen, aber ihre dicken Bäuche waren etwas hinderlich.

Ich sage es jetzt einmal ganz deutlich, so dass mich jeder hören kann: Am liebsten mag ich Hunde. Wirklich. Alle anderen Tiere sollen sich jemand anderen suchen, bitte.

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