Abschied von Polen

LuisePodangen
Der letzte Morgen hier, und ausgerechnet heute strahlt natürlich die Sonne…
Vorhin haben wir unseren letzten Spaziergang mit Pridón gemacht, was natürlich von Tag zu Tag besser klappte: Als ich ihn heute früh aus dem Zwinger ließ, strahlte er von links nach rechts. Er ist der beste Beweis für mein Erziehungs-Mantra „Gewohnheit ist die halbe Miete“ und „Die Hälfte der Erziehung sind Rituale“. Er ging jetzt schon ganz selbstverständlich mit uns mit, weiß, an welcher Stelle wir umdrehen und kommt dann mit, knurrt mich viel weniger an, wenn ich ihm am Schluß des Spaziergangs Luises Leine um den Hals schlinge, weil ich ihn sonst gar nicht in den Zwinger bekomme, knurrt auch nicht mehr, wenn ich ihm die schmerzhaften Schnee-Knödel zwischen den Zehen entferne.

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NestaniSchafstall

Nestani lebt ab jetzt im Schafstall. Mir schien es vor einigen Tagen, dass ihre Zähne nicht ok sein dürften (ich sehe einem fremden Zwingerhund nicht selber ins Maul, trotz aller Liebe nicht) und außerdem, dass sie nur sehr schlecht läuft. Gestern war der Tierarzt da, und siehe da: Ihre Zähne sind wirklich ziemlich verrottet, die Eckzähne so weit abgebrochen, dass die Nerven frei liegen. Dass sie Rücken- oder Hüftprobleme hat, steht auch für den Tierarzt außer Frage, also muss sie ab jetzt nicht mehr im Zwinger schlafen (was trotz des unglaublich dicken Fells bei Minusgraden nicht gut ist für Gelenkentzündungen, oder was auch immer sie hat), sondern wohnt jetzt in dem riesigen Schafstall, der sehr warm ist (jetzt kann ihr auch das Wasser nicht mehr einfrieren). Am Montag wird sie in die Tierklinik gebracht, die eine Stunde entfernt ist – deshalb kann man das nicht mal eben zwischendurch machen -, damit ihre Zähne, Rücken und Hüfte geröngt werden. Mal sehen, was dabei herauskommt: Die meisten Zähne werden sicherlich dran glauben müssen, aber dann muss sie eben Brei zu fressen bekommen.
Aber dass sie nun im Schafstall wohnt, hat auch Vorteile: Heute früh lagen im Schafstall ein winziges, totes Lamm mit nur halbem Kopf – und ein toter Fuchs. Der hatte sich über das höchstens einen Tag alte Lämmchen hergemacht, aber die alte, lahme Nestani kam zwar zu spät (die Hunde hier sind Füchse gewöhnt, weil sie ü-ber-all sind), konnte den Lämmermord aber wenigstens rächen. Das ist gut für ihr Ansehen bei den (ziemlich tumben) Schäfern, die sich dann besser um sie kümmern werden.

Auf dem Rückweg vom Schafstall und den Hundezwingern ging ich auf die Koppeln zu, und der schöne, vierjährigere Trakehnerhengst Carl kam schon – wie jeden Morgen – auf uns zu galoppiert, um uns zu begrüßen, trabte dann angeberisch schwingend neben uns her und lieferte sich ein sehr kurzes Rennen mit Gretel.

Der Tischler begrüßte mich fröhlich mit „dzień dobry“ (Guten Morgen) wie jeden Morgen und schwenkte seine Mütze, der Treckerfahrer winkte, wie jeden Morgen, und nahm den Fuß vom Gas, um Harry nicht zu überfahren, der ihn kläffend (und mit offensichtlicher Todessehnsucht) umkreiste.

Es fällt mir furchtbar schwer, hier weg zu fahren.

PridonAbschied

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