Gutsromantik

Trakehnerfohlen
Gestern war das Wetter unglaublich unangenehm (umso besser fürs Schreiben, sollte man meinen – aber nicht, wenn man wie ich in Anbetracht der vielen anderen Dinge, die hier stattfinden, die Konzentrationsfähigkeit einer Ameise hat): Es schneite und schneite, dazu pfiff ein gemeiner Wind um Ecken und Bäume, so dass meine Ohren im Luftzug flatterten. Vormittags war ich bei Schneesturm Eimer kaufen für die beiden Owtscharkas, damit man immer einen Eimer mit aufgetautem Wasser im Schafstall zum Tauschen hat (mal sehen, wie lange die hier bleiben – Eimer, Schläuche und Stricke haben hier offenbar Beine und verschwinden schneller, als man blinzeln kann), weil das Wasser bei -5 Grad natürlich im Nullkommanix einfriert. Dann ging ich

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Kälbchenim Schneesturm ein Kälbchen suchen, dass offenbar beschlossen hatte, nach Gran Canaria auszuwandern und schon mal losgelaufen war, aber in die falsche Richtung.

Meine Hunde rasten durch die Schneewehen – Harry und Fritz in mehrere Lagen Mäntel und Pullover gekleidet, was sehr komisch aussieht: Wie dicke Michelin-Hündchen auf sehr dünnen Stelzen (ich hätte es ja fotografiert, es war nur WIRKLICH zu kalt). Luise und Gretel hatten bald fiese Schneeklumpen zwischen den Zehen – Pfotenfett habe ich vergessen einzupacken, dabei reise ich ja meistens wie eine Mischung aus Herbergsmutter und Direktor eines Wanderzirkus: Während ich selber mir bescheiden ein paar Anoraks, Hosen und Pullover einpacke, reisen meine Hunde mit Betten, Kissen, Unterhemden, Pullovern, Thermomänteln, Fleecejacken, Bio-Futter, Schlafsäcken, eigenem Geschirr (also: Hundenäpfen), Spielsachen, Preydummies und entsprechendem Füllmaterial. Auf dem Rückweg brachte ich Pridón und Nestani ihre neuen Eimer und ließ beide Hunde aus dem Zwinger, und obwohl ich sowieso schon von oben bis unten knallrotgefroren war, überwand ich mein Bedürfnis nach Badewanne und heißem Tee und ging noch eine kurze Runde mit Pridón. Die Runde schien Pridón aber ZU kurz. Er wollte auf keinen Fall in seinen Zwinger, nahm die Beine in die Hand und galoppierte davon. Im Dorf habe ich ihn dann wieder getroffen und ihm Luises Leine umgeschlungen – leider hat er gelernt, immer zu knurren, wenn ihm etwas nicht gefällt, was die Zusammenarbeit mit ihm recht spannend gestaltet. Wenn man ihn dann erst einmal an der Leine hat, geht er ganz artig neben einem her (meine Leinen sind so dünn, dass es in Verhältnis zu dem gewaltigen Hund aussieht, als würde ich ihn an einem einzelnen Spagetti spazieren führen). FritzSchneestreik
Fritz fand es so unterirdisch kalt, dass er sich im Streik schon mal zum Sterben hinlegte

Er wollte aber trotzdem nicht in Richtung nach Hause/Schafstall, also habe ich ihn zum Wohnhaus genommen, meine Hunde hineingelassen (die vor Kälte wirklich schon mit den Zähnen klapperten), Pridón in die Garderobe gestellt, was ihm nicht geheuer war, denn im Haus war er natürlich noch nie – und ich muss auch sagen: So zwischen Kommoden, Sekretären und Stehlampfen ist er wirklich NOCH viel größer. Dann habe ich eine Dose Hundefutter geholt und ihm mit dieser Verheißung vor den Augen nach oben zu seinem Zwinger gebracht. Vor seiner Tür knurrte er mich unwirsch an, als ich ihm die Leine abmachen wollte – aber ich brauche die Leine nun einmal und fand auch, dass ich ihn ja schlecht bis ans Ende seiner Tage mit Luises Leine um den Hals herumlaufen lassen könnte. Also drehte ich mich weg und zog ihm die Leine irgendwie rückwärts über den Kopf; ich dachte mir: Es ist immer besser, man fordert Knurrer nicht auch noch durch Augenkontakt heraus, und wenn er mich jetzt wirklich beißen sollte, wäre der Rücken ja nicht so schlimm. Tat er aber nicht. Als ich ihm die Hälfte der Bio-Dose präsentierte, und er fand mich gleich wieder etwas netter (Jungs sind doch wirklich alle gleich). Nestani bekam natürlich die andere Hälfte.
Die Badewanne anschließend schien mir der schönste Ort, an dem ich je gewesen bin, und Gott sei Dank sind sie hier auch so tief, dass man trotz beachtlicher Körpergröße bis zum Kinn unter Wasser ist. Von dort ging ich direkt ins Bett.
Dieses Buch wird nie fertig werden. Und morgen muss ich wieder nach Berlin.

 

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