Ich finde überhaupt nichts schöner, als im Dunklen (also kurz nach 16.00 Uhr momentan) im Wohnzimmer bei Adventskranzlicht zu sitzen und zu lesen, während im Hintergrund Elvis von „Polk Salad Annie“ singt und alle Hunde müde nach einem langen Spaziergang um mich herum in ihren Betten liegen und mehr oder weniger leise schnarchen. Über mir auf dem Dachboden spielt der Siebenschläfer Bocchia, ich höre seinen winzigen Trippelpfoten (er muss eindeutig mal zur Pediküre), wenn er hinter irgendeiner Kugel herrent.
So ähnlich stelle ich es mir im Himmel vor (obwohl da wahrscheinlich niemand schnarcht und kein Siebenschläfer einem auf dem Kopf herumtanzt).
Ich finde ja, es ist meine Aufgabe, regelmäßig dafür zu sorgen, dass meine Hunde ausreichend wohldosierte Abenteuer erleben. Nicht zu viel und nicht zu wenig, so, dass sie ständig ihren Horizont erweitern können, ohne Stress zu bekommen. Was manchmal nicht so einfach ist bei den unterschiedlichen Bedürfnissen meiner Truppe, wie sich beispielsweise an unserem Adventsbasar vor zwei Wochen deutlich zeigte.
Die meisten meiner Hunde finden „Großveranstaltungen“ ja großartig: Pixel ist grundsätzlich der Meinung, meine Parties würden immer nur für ihn veranstaltet und meine Gäste kämen in Wirklichkeit seinetwegen. Barthl scheint sich diese Einstellung abgeschaut zu haben: Er kam ein bisschen später (vorher war er mit einer Truppe kleinwüchsiger vierbeiniger Freunde unterwegs), aber sein Auftritt erinnerte an einen Rockstar: Elvis has entered the building. Es waren genügend Menschen da, die ihn in dieser Meinung auch bestärkten, denn sie hatten sich so darauf gefreut, meine Hunde, denen sie seit Jahren in Kolumnen und Texten folgten, endlich mal „in echt“ zu erleben. Nano stapfte mit würdevoller Milde durch die Menschen, legte sich dekorativ in die wunderschönen Hundebetten und stand auch mal einfach nur im Weg, damit jeder sehen konnte, wie schön er ist.
Jack wiederum positionierte sich in seinem Bett im Flur und hatte so bestens im Blick, welche Hunde hier ein- und ausgingen. Dafür, dass er derlei überhaupt nicht gewohnt war aus seinem früheren Leben, (schon gar keine fremden, unkastrierten Rüden, die seinem Herrschaftsbereich einen Besuch abstatteten!) , war er unglaublich gelassen und artig, sein gastgeberischer Instinkt beeindruckte mich sehr.
Als es ihm einmal etwas brenzlig wurde, ging er stattdessen zum Stand von Treusinn und suchte sich zum Trost zwei Spielsachen aus.
Gretel ging mit der Veranstaltung um, als hätten wir das hier dauernd. Nur Aslan fand das Ganze wie erwartet nicht besonders lustig und blieb im oberen Stockwerk. Ganz allein war ihm dort aber langweilig, also legte er sich oben im Flur so hin, dass er den unteren Flur und die Haustür gut im Blick hatte, und jammerte herum, dass ich bitte nach oben kommen solle. Nachdem dies nicht geschah, traute er sich dann später aber dazu, als ich die Lesung hielt: er legte sich vor den ca. 30 Zuhörern unter mich – zuerst schlotternd zwar, am zweiten Tag aber schon ganz selbstverständlich. Nicht schlecht für einen Zitteraal, oder? Ich rechne fest damit, dass er es nächstes Jahr genau wie Nano machen wird (wenn schon nicht wie Barthl 🙂 ).
Überhaupt arbeiten wir natürlich stetig weiter an Aslans gesellschaftlicher Aufgeschlossenheit – und zwar möglichst, ohne zu viel Stress auszulösen. Wir fahren regelmäßig an den Inn, wo es einen Strand gibt, wo auch ein paar andere Hunde mit Menschen (die für Aslan das größere Problem darstellen) sind – aber auch genug Platz für ihn ist, so dass er ausweichen kann. Mehr als sechs, sieben fremde Menschen auf einmal schafft er aber nicht, dann muss ich ihn doch „an die Hand nehmen“, also an die Leine. Ein paar Mal war ich mit ihm in einem winzigen Park in Mühldorf, wo wenig Menschen, aber viele Geräusche und Kleinstadtgetöse sind, was für ihn ziemlich anstrengend war – aber er ging immerhin nur wie ein sicherndes Reh, nicht wie ein Panikhund mit.
Jetzt darf er ein paar Wochen darüber nachdenken, und wir versuchen den gleichen Park nach Weihnachten noch einmal. Den Nachbarsepp schafft er mittlerweile ganz gut (am besten in Zivil und nicht im Arbeits-Overall – den findet Aslan offenbar besonders grauenvoll,aber vielleicht hat er ja auch nur ein ausgeprägtes Stil-Gefühl). Wir bringen fast jeden Tag Karotten und Äpfel zu den Kaltblütern und dem Pony, und zwangsläufig taucht dann meist der Sepp mit seinen Hunden auf. Glücklicherweise weigern sich Sepp und sein Sohn Seppe einfach, Aslans Furcht zu beachten, was die „Therapie“ sehr viel leichter macht. Hier zuhause dagegen findet er alle und jeden gut, wedelt, freut und stellt sich in Positur, damit man ihn ohne größeren Aufwand am effektivsten kraulen kann.
Ganz abgesehen von seinen gesellschaftlichen Verpflichtungen ist Jack fröhlich. Das Wetter hilft seiner Arthrose momentan natürlich nicht weiter, noch dazu ist er sehr unvernünftig und legt sich im Garten immer wieder auf die eiskalten Steinplatten, um den anderen Hunden beim Toben zuzusehen. Und damit er im geeigneten Moment dazwischen gehen kann, wenn Aslan mit Barthl spielt, denn das darf er anscheinend nicht, solange Jack in der Nähe ist. Inzwischen habe ich ein Mittel gefunden, das ihm ganz gut zu helfen scheint – dazu mehr in einem separaten Beitrag; Arthrose ist ja nicht für jeden ein faszinierendes Thema. Ich bestrahle ihn regelmäßig und halte seine Spaziergänge einigermaßen kurz, um ihn nicht zu überlasten, und mache dann nachmittags nochmal eine kleine kurze Runde mit ihm, um ihm „was zu bieten“: Heute nachmittag kam er mit zum Eierholen auf dem Hof der Nachbarin. Sie hat Schweine, Milchkühe, Kälber und Hühner, die jetzt wegen der Vogelgrippe nicht mehr ins Freie dürfen und darüber ziemlich empört sind – obwohl sie eine riesengroße Scheune fast für sich alleine haben und den ganzen Tag . Jack und Barthl marschierten über den Hof, als hätten sie ihn gekauft, und mischten sich sofort ein, als eine Sau im Stall eine andere so lange laut anquietschte, bis die endlich den Liegeplatz räumte, der offenbar weicher und bequemer war, als alle anderen Ecken im Stall. Die Bäuerin war dabei, den Kälbern Decken aufzuziehen. Sie hatte „die Grippe im Stall“ – eine erwachsene Kuh und vier Kälber hat sie in den letzten zehn Tagen verloren, dafür aber eine Tierarztrechnung von 2800 Euro bekommen. Jack hätte sich bestimmt gerne gekümmert, aber er durfte nicht in den Stall, stattdessen überprüfte er, ob das Katzenfutter noch genießbar war und spülte es mit frisch gemolkener Milch herunter. Anschließend bekam er einen Hüpf-Anfall und tobte mit Barthl herum. Die Milch macht’s eben.