Wenn das Auto zum Ofen wird

Neulich zog es mich bei 31 Grad im Schatten in den Baumarkt: Nachdem bei solchen Temperaturen sowieso kein Mensch vernünftig denken – also arbeiten – kann, wollte ich wenigstens etwas Nützliches tun. Auf dem großen, baum- und schattenlosen Parkplatz stellte ich mich neben einen dunkelblauen Kombi mit getönten Scheiben, auf den ich nicht weiter geachtet hätte, wären außen nicht mehrere Aufkleber angebracht gewesen, die für einen Schäferhund-Zwinger warben. Ich sehe gewöhnlich nicht in fremde Autos (ich wohne mitten im Wald, dort gewöhnt man sich derlei schnell ab: Das will man gar nicht sehen, was da alles in parkenden Autos vor sich geht), aber irgendetwas schien sich im Inneren des Wagens zu bewegen. Tatsächlich erkannte ich wenigstens einen großen langhaarigen Schäferhund, aber es lag noch etwas anderes Großes daneben.
Die Fenster waren zu. Bei 31 Grad kann man keinen Hund, niemanden überhaupt länger als anderthalb Minuten in einem Auto lassen, weil sich – wie doch eigentlich jeder, der nicht komplett hirntot ist, von sich aus verstehen müsste -ein Auto innerhalb kürzester Zeit auf ein Vielfaches aufheizt. Ich wartete ein bisschen, und als sich nach zehn Minuten niemand bei dem Auto blicken ließ, lief ich in den Baumarkt, um den Fahrer ausrufen zu lassen. Niemand kam. Nach weitern zehn Minuten rief ich die Polizei: Der oder die Hunde hockten mittlerweile seit über 20 Minuten in dem kochend heißen Auto, und wahrscheinlich schon, bevor ich zufällig neben ihnen geparkt hatte. Das Baumarkt-Personal ließ den Fahrer immer weiter ausrufen. Die Polizei kam erstaunlich schnell, der eine Polizist hatte selber einen Hund und rief einen Tierarzt, bevor die beiden Beamten beschlossen, das Auto aufzubrechen. Sie schlugen die Scheibe ein und öffneten das Auto. In der Zwischenzeit hatte das wirklich phänomenal aufgeweckte Bauhaus-Personal eine große Wanne mit kaltem Wasser zum Auto gebracht, denn mittlerweile war ja klar, dass der oder die Hunde bei 31 Grad ein Problem haben würden, selbst, wenn sie nicht die ganze Zeit in einem kochend heißen Auto eingesperrt gewesen wären. Im Auto lagen zwei Langhaar-Schäferhunde; der eine leblos, der andere schien kurz vor dem Hitzschlag zu sein. Gerade, als der mittlerweile eingetroffene Tierarzt den Tod des einen Schäferhundes (durch Verkochen) festgestellt hatte und die Polizisten den andern, noch lebenden in die kalte Wanne zogen, tauchte der Besitzer auf: Tobend und brüllend, was uns einfiele, sein Auto zu beschädigen, ob wir verrückt geworden wären. Der eine Polizist baute sich breitschultrig und breitbeinig vor ihm auf und erklärte ihm, einer seiner Hunde sei Tod, und er hätte es mir besorgter Bürgerin zu verdanken, dass der andere überhaupt noch am Leben sei, als der Mann (der aussah, als würde gehörten Anabolika zu seinem Hauptnahrungsmitteln) Anstalten machte, sich auf mich zu stürzen, wäre der zweite Polizist nicht dazwischen gegangen. Er schrie, spuckte und tobte, das Auto sei sein Privatbesitz, was mir einfiele, was der Polizei einfiele, er könne mit seinem Eigentum schließlich machen, was er wolle, er habe nun mein Kennzeichen und ich könne mich auf etwas gefasst machen. Während seines Tobsuchtsanfalls versorgte der Tierarzt den Schäferhund, der nur noch sehr flach atmete, und schaffte den zweiten, toten Hund in seinen Kofferraum. Der Mann kümmerte sich keine Sekunde darum. Weil er mit den Drohungen nicht aufhörte, wurde er abgeführt. Ich habe ihn angezeigt wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Ich hoffe, er bekommt eine hohe Geldstrafe und lebenslanges Tierhaltungsverbot. Und ich hoffe, es kommt sonst niemand auf die Idee, seinen Hund – oder irgendein anders Lebewesen – in einem Auto zu lassen, wenn die Temperaturen über 20 Grad sind. Der zweite Schäferhund starb übrigens später in der Praxis des Tierarztes.

Werbeanzeige

bildvom 5.8.2012

Teilen Sie diesen Beitrag!

1 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert