Berlin ist nur was für die Katz‘ – Strindberg bringt es an den Tag: Schon seit 100 Jahren werden die gleichen Anti-Hunde-Argumente verwendet

bildvom 29.8.2010

Wer in Berlin mit Hund wohnt weiß, dass er in der hunde-unfreundlichsten Stadt Deutschlands lebt. Die Stadt kassiert zwar jährlich 14 Millionen Euro Hundesteuer, die sie dringend braucht, um die Parks vom Müll und Scherben zu befreien, dennoch wird alles getan, um Hundehaltern das Gefühl zu vermitteln, sie und ihr vierbeiniger Freund wären allerhöchstens geduldet. Hundeleute wundert das alles nicht mehr, sie sind längst gewohnt, sich ständig für ihre Hundeliebe rechtfertigen zu müssen, weichen Radfahrern auf dem Bürgersteig aus, schieben Scherben von zerbrochenen Flaschen zusammen, damit sich niemand schneidet, und ignorieren es tunlichst, wenn ihnen ungefragt erklärt wird, ihr Hund wäre ein hässliches Vieh, dumm und eine Gefahr für alle Bürger; wer Hunde halte, habe einen Machtkomplex; Hunde hätten in der Stadt nichts zu suchen, und wer Hunde liebe, habe wohl mit Menschen ein Problem.
Hundefreunden fällt es schwer, sich in die Mentalität von Hundefeinden hineinzuversetzen und stehen den Vorwürfen und Gedankengängen solcher Zeitgenossen meist fassungslos gegenüber. Aber seine Gegner soll man kennenlernen, damit man ihnen besser begegnen kann. Um zu zeigen, dass die Argumente in den letzten 100 Jahren kein bisschen origineller geworden sind, zitiere ich den Generalstaatsanwalt aller Hundefeinde, den schwedischen Dichter August Strindberg (1849-1912) – der übrigens auch zu Frauen ein äußerst schwieriges Verhältnis hatte – aus seiner „Naturtrilogie“:
„Nach allem, was ich habe summieren können, ist der ausgeprägte Hundeliebhaber, wenn er nicht Jäger, Schäfer ist oder sonst einen ersichtlichen Nutzen von seinem Tier haben kann, ein kleiner Despot, der stets am seine Oberhoheit erinnert werden und zu jeder Stunde des Tages Sklavengehorsam haben will. Wenn er unter Menschen den Kampf um ein Stück Macht nicht hat bestehen können, kauft er einen Hund, mit dem er sich bald selbst identifiziert – sei es aus angeborener Sympathie oder durch Verwechslung. …Wenn ich einen fanatischen Hundefreund mit seinem großen Herzen prahlen höre, so frage ich mich immer: was will der Mann verbergen? Diese verdächtige Menschengruppe hat den Hundekult verbreitet. Dem Hunde wurde von seinen Liebhabern alle höchsten seelischen und körperlichen Fähigkeiten angedichtet, von denen ein Teil überhaupt nicht vorhanden, der andere ihm nur in geringem Grade eigen ist. … Ich sah so begabte Tiere wie Pudel und Pinscher ihren eigenen Herrn anfallen, den sie auf 25 Ellen Entfernung nicht wiedererkennen konnten. Ich glaube darum, der Hundefreund schmeichelt sich, wenn er meint, die Freundschaft des Hundes sei intim persönlich. Und wenn der Herr mit Rührung in die klugen Augen seines Hundes blickt, um Sympathie und so viele andere gute Dinge darin zu lesen, so ist das eine schöne Täuschung. … Der Hund ist ein feiger Wicht. Trifft man ihn allein, außerhalb des Hofes seines Herrn, wird er immer auskneifen; sobald er zuhause ist oder in Gesellschaft seines Herrn, dann ist er übermütig und grimmig. Er ist im Dunkeln außerordentlich bange, und ich habe einen großen Hund vor Schreck heulen hören, als man Indianertänze vor ihm aufführte. Einige Hunde kneifen vorm Stock aus; die meisten immer, wenn man einen Stein wirft. … In Städten, wo es Polizei, Straßenreinigung, Feuerwehr und Bürgersteige gibt, da ist der Hund ein Überbleibsel der Barbarei und müsste verboten werden wie das Schwein. Wer Gesellschaft haben will, hat Menschen, mit denen er verkehren kann, und wer so niedrig steht, dass er mehr mit Tieren sympathisiert, der sollte in kommunalen Angelegenheiten kein Stimmrecht haben, am allerwenigsten in der Hundefrage.“
Klingt das nicht nach moderner Stadtpolitik?

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