Bei Ratgebern passiert mir nicht oft, dass ich mir wünsche, ich selbst hätte sie geschrieben – aber genau dies fiel mir ein, als ich Ursula Löckenhoffs Buch gelesen hatte. Gemeinsam unterwegs lautet der Untertitel über Ursulas Art, mehrere (viele) Hunde auf Hundespaziergängen zu führen. – Nichts anderes erhofft man sich doch, als auf gutgelaunte Art durchs Lesen klüger zu werden, ein besserer Hundemensch, der sich mit wenigen Gesten und noch weniger Worten mit seinen Vierbeinern klar verständigen kann. Nur so kann man zu einem Hunde-Führer werden, auf den die Hunde sich verlassen können, den sie in beunruhigenden Situationen um Rat fragen und an dem sie sich gerne orientieren.
Und so ein Buch hat Ursula Löckenhoff geschrieben.
Die Hunde-Physiotherapeutin Ursula Löckenhoff führt in Düsseldorf ein Hundehotel mit Tages- und Langzeitgästen, eigenen Hunden und dem ein oder anderen zur Pflege: Lauter individuelle Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Bedürfnissen, die täglich neu gemischt aufeinander treffen und ganz verschiedene Hobbys haben. Der eine würde gerne Rehe jagen, der andere ununterbrochen im Rhein schwimmen, der Dritte buddeln, bis er in Peru angekommen ist, der vierte ist älter und zickig und würde den anderen gerne mal zeigen, wo eigentlich der Hammer hängt.
Ursula Löckenhoff hält wenig von Keksen als Belohnung und dem Zutexten von Hunden – dafür aber umso mehr von überlegtem Einsatz der Stimme, körpersprachlichen Signalen, Augenkontakt und Regeln. „Ergreift der Körper das Wort, bekommt die Geste eine Stimme“ erklärt sie in ihrem Buch. Der Mensch muss endlich lernen, sich zur besseren Verständigung auf das Niveau des Hundes zu begeben, anstatt ihn mit sinnlosen Vorträgen, Vorwürfen und Grobheiten zu verwirren: Der ist nun mal kein Mensch und kann mit diesen Dingen schlicht nichts anfangen. Sie bringt es tatsächlich fertig, die Kommunikation mit dem Hund in unkomplizierten Worten zu beschreiben – mithilfe der hervorragenden, sehr dynamischen Fotos von Anna Auerbach, die Ursula Löckenhoff mit ihren Hundegruppen begleitet hat: Der Blick des winzigkleinen Pinschers Max ist nicht zu übersehen, als der Viszla-Junghund zu nah an ihm vorbeistolpert, ohne einen gewissen Höflichkeitsabstand einzuhalten. Höflichkeit ist das, worauf es in einer Hundegruppe vor allem ankommt: Distanz-Zonen, Raumbegrenzungen, Gruppenregeln und Zeit zum Nachdenken müssen eingehalten werden, damit eine Hundegruppe zur Ruhe kommen und einander akzeptieren kann. Wie alles dies hergestellt werden kann, wird Schritt für Schritt erklärt, so dass dem Leser nur noch bleibt, Gelesenes auch anzuwenden und seine eigene Körperhaltung, Körpersprache und Gedanken zu ordnen. Denn auch dies erklärt sie: Die Kommunikation mit Hunden über „mentale Bilder“. Was esoterisch und merkwürdig klingt, macht nach kurzem Nachdenken absolut Sinn: Wie sonst kommunizieren Tiere denn miteinander, wenn nicht mithilfe mentaler Bilder? Ursula Löckenhoff erklärt auch dies und beschreibt Übungen, wie man lernt, in Bildern oder „Räumen“ zu denken.
Kein Thema wird ausgelassen in diesem Buch, das nur 190 Seiten hat, und doch vollgestopft ist bis obenhin mit wichtigen Informationen wie der Umgang an und mit der Leine, Schlafbedarf von Hunden, die Sache mit der Auslastung, Hausregeln , Maulkorb- und Mantelkauf, Stadt- und Verkehrsregeln, Wald- und Wiesenverhalten und das Beste: Wie wichtig Hund und Mensch füreinander sind, ihre gemeinsame Zeit und die Bedeutung des Zusammenseins.
Bevor ich aus der Rezension ein neues Buch mache: Habe ich schon erwähnt, wie gerne ich es selbst geschrieben hätte? Habe ich aber nicht. Hätte ich es aber geschrieben – es wäre kein bisschen anders geworden. Nur vielleicht nicht so gut.