Ich: Wir müssen reden.
Ida: Worüber?
Ich: Bitte versteht mich nicht falsch, aber ich habe das Gefühl, mit Ausnahme von Luise glaubt ihr, dass ihr mir auf Schritt und Tritt hinterherlaufen müsst. Ich wollte euch nur sagen, dass das nicht nötig ist.
Fritz: Wie kommst du denn darauf?
Ich: Ich komme darauf, weil ihr mir den ganzen Tag nachlauft. Vorhin waren wir alle in meinem Büro –
Fritz: Wo war ich da?
Ich: Im Hundebett unterm Schreibtisch und hast fest geschlafen.
Fritz: Ich erinnere mich. Weiter.
Ich: Irgendwann bin ich ins Bad gegangen, um mir ein Taschentuch zu holen. Und ihr seid zu dritt aufgewacht, aufgestanden und hinter mir hergelaufen.
Harry: Und wo ist jetzt das Problem?
Ida: Wir sehen dir einfach gerne zu, wenn du dir ein Taschentuch holst. Wir finden, dass du das sehr gut machst.
Ich: Der Punkt ist der, dass ihr extra aufwacht, um mitzukommen, und dann sitzt ihr da und betrachtet mich ganz gespannt, als ob jetzt irgendwas Großartiges passieren müßte. Ich fühle mich unter Druck gesetzt, als müsste ich viel unterhaltsamer sein.
Fritz: Würde es dir helfen, wenn wir nicht sitzen, sondern stehen?
Harry: Ich glaube, was sie meint ist, dass wir, solange es nur um ein Tempo geht, gar nicht erst mitkommen sollen.
Fritz: Ist das so?
Ich: Genau.
Fritz (tief verletzt): Puh. Mann.
Ida: Nimm‘ das nicht persönlich.
Fritz: Aber das kommt so plötzlich.
Ich: Ich glaube, ihr versteht mich falsch. Es ist nicht so, dass ich eure Anwesenheit nicht schätze. Ich sehe nur keinen Grund, warum ihr mir ständig hinterherlaufen müsst.
Harry: Wie wäre es, wenn nur einer von uns mitkäme?
Ida: Und der eine“ wärst dann wohl zufällig du?
Ich: Es muss keiner von euch mitkommen.
Fritz: Ok. Bestens. Dann holst du dir in Zukunft deine blöden Taschentücher eben alleine.
Ich: Prima.
Fritz: Eine Frage: Wie verhält es sich bei Stiften?
Ich: Stifte?
Fritz: Ja. Wie viele von uns dürfen aus dem Tiefschlaf aufwachen und dich begleiten, wenn du nach einem Kugelschreiber suchst?
Ich: Warum würde überhaupt jemand aufwachen wollen, um mir beim Stiftsuchen hinterherzulaufen?
Ida: Meint sie das ernst?
Harry: Keine Ahnung. Sie hat einen merkwürdigen Sinn für Humor.
Ich: Hört mal zu. Der wahre Grund, warum ihr mir ständig hinterherlauft ist, weil ihr jedes Mal hofft, es könnte etwas zu essen geben. Stimmt doch, oder?
Ida: Die hat ja Nerven.
Harry: Das ist eine Lüge. Wir machen es, um Lebenserfahrung zu bekommen. Punkt.
Fritz: Und manchmal hoffen wir, du würdest vielleicht einen kleinen Ball werfen.
Ida: Aber wir erwarten nichts.
Harry: Wir wissen längst, dass es dich kein bisschen interessiert, ob wir verhungern. Wir bekommen ein Drittel dessen zu fressen, was ein durchschnittlicher rumänischer Straßenhund täglich konsumiert.
Ich: Zweimal am Tag reicht.
Harry: Zweimal am Tag einen Teelöffel Futter ist ein Witz. Ein Hors d’oeuvre.
Ich: Bevor ich deine Ration verkürzt habe, sahst du aus wie ein Seehundbaby.
Harry: Vom wem spricht sie?
Fritz: Sie meint dich, Kumpel. Letzen Winter.
Harry: Das war nicht von zuviel Essen. Im Winter staut sich bei mir Körperflüssigkeit, das ist alles. Ich war super in Form.
Ida: Für ein Flusspferd vielleicht. Ich hab‘ dich Ballspielen sehen: Sehr agil – für einen Toten.
Harry: Komm‘ du mir nicht mit agil. Wer hat denn den Zaun kaputt gemacht?
Ich: Du warst das?
Ida: Was soll mit dem Zaun sein? Ich weiß von nichts. Tatsache ist, dass du uns hungern lässt und den ganzen Tag lang quälst, indem du vor unserer Nase isst.
Ich: Zurück zum Thema. Nachdem ihr jetzt wisst, dass ihr für den Rest eures Lebens nicht öfter als zweimal täglich zu fressen bekommt, müsst ihr ab jetzt auch nicht mehr aufwachen und Kameradschaft heucheln. Ende der Diskussion. Und wenn ich Ball spielen möchte, sage ich Bescheid.
Fritz: Ich muss sagen, ich bin tief verletzt.
Ich: Dafür gibt es keinen Grund.
Harry: Pah. Von jetzt an kannst du dir so viele Tempos und Stifte holen, wie du willst.
Ich: Fabelhaft.
Ida: Wieso stehst du auf? Wo gehst du hin?
Ich: In den Flur.
Fritz: Ah. Hmm. Und warum?
Ich: Um meine Handtasche zu holen.
Harry: Weg da, aus dem Weg!
Fritz: Ich war Erster!
Ida: Ich war Erster.
Harry: Egal. Wir holen die Handtasche. Ich verhungere.
Fritz: Du hörst einfach nie zu, oder? Wenn sie einen Stift holt, heißt das Essen. Sie hat gesagt, sie holt ihre Handtasche. Das bedeutet Ball.