Wie man eine gute Band gründet

Das Leben mit mehreren Hunden ist auch nicht anders, als mit einer Musik-Combo das Leben zu verbringen. Welche Musikrichtung gespielt wird, hängt von der Auswahl der Bandmitglieder ab

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Ich hatte schon immer einen gewissen Hang zu Musikern. Kreativ, individualistisch, auf gewisse (oder sehr deutliche) Weise egozentrisch, gleichzeitig unabhängig und bedürftig, fokussiert, leidenschaftlich. Die Musikrichtung spielt fast keine Rolle; die richtigen Künstler sind sich sehr ähnlich, ganz egal, ob sie Gidon Kremer, David Lee Roth oder Robbie Williams heißen: Grundsätzlich monothematisch orientiert, begeisterungsfähig und unglaublich mit sich selbst beschäftigt.

Wenn man die eigenen Erwartungen anpasst, lässt sich damit gut leben.

Inzwischen bin ich ja wahnsinnig erwachsen und gesettelt, verbringe meine Zeit mit Ziegen und Hunden anstatt mit Rockstars und stehe zu Zeiten auf, zu denen ich früher erst ins Bett gegangen bin (und gehe ins Bett zu Uhrzeiten, zu denen Elvis Presley überhaupt erst aufstand. Aus uns wäre nie ein Traumpaar geworden).

Wenn ich meine Situation aber genau betrachte, habe ich tatsächlich nur die Bühne gewechselt. Tatsächlich ist das Leben mit mehr als drei Hunden im Grund nicht anders, als mit einer Band durch die Landschaft zu tingeln (zwei Hunde sind noch keine Band – das ist ein Duo, sowas wie Sonny & Cher oder Marianne & Michael. Da gibt es meistens einen, der lauter singt oder mehr Glitzer trägt, aber die Konflikte oder der kreative Austausch sind überschaubar).

In einer Band, wie mit Hunden, geht es um Leidenschaft und möglichst viel Hurra. Um eine gute Band zu werden, braucht es Zeit und Mühe. Nur mit viel Übung entwickelt man eine gewisse Routine – genau wie mit Hunden, da nennt man es „Erziehung“. In einer Band zu spielen hat viele Vorteile: Man inspiriert sich gegenseitig, lernt von einander, man erweitert sein Können. Wenn man selbst eine Band gründet, hat man mehr zu sagen und kann sich die Bandmitglieder nach gegenseitiger Chemie und musikalischer Ausrichtung aussuchen und bestimmen, ob man noch einen zweiten Gitarristen braucht, oder einen Saxophonspieler, oder einen Schlagzeuger mit einem größeren Drumset.

Mit Hunden ist es auch nicht anders: Jeder Hund braucht eine Aufgabe, man muss bei der Zusammenstellung der Gruppe genau hinschauen, welcher Hund an welcher Stelle positioniert wird, wer der Beschützer, wer der Klassenclown, wer der Ordnungsmacher ist. So, wie man die Persönlichkeiten in einer Band managen muss, macht man das Gleiche mit den Hunden in der Gruppe. Und genau wie in einer Band ist es manchmal notwendig und trotzdem sehr schwer, in sogar toxischen Situationen ein Bandmitglied gehen zu lassen, weil man schon so viel persönliches Investment geleistet hat.

In einer Band fragt man sich dauernd, was die Zielsetzung ist – wo man mit der Band eines Tages stehen will. Mit seiner Hundegruppe fragt man sich Ähnliches, wenn man sich potentielle Gruppenmitglieder ansieht: Spielen wir die gleiche Musik? Kommen wir zusammen, oder wird das hier eine Chaosveranstaltung? Wie bringe ich den Neuen dazu, etwas zur Gruppe beizutragen, anstatt mit seiner Energie alles durcheinander zu bringen? Kann der/die Neue Kritik aushalten? Kann der Neue das übliche Pensum der Gruppe erfüllen, oder würde er immer hinterher hinken? Vielleicht ist die Neue ja auch phänomenal, wenn es darum geht, straight Funk zu spielen, aber kann sie auch Balladen oder klassischen Pop? Wenn man zu den Bands gehört, die gerne viel Neues machen, müssen der oder die Neue da mithalten können.

Und trotzdem ist es nicht immer wichtig, sich für den „besten“ Musiker zu entscheiden. Sehr häufig klingt eine Band besser mit Musikern, die sich mögen und gut miteinander auskommen (ausser, sie amüsieren sich zu gut miteinander, dann wird nur noch Party gemacht und es kommt keine Musik mehr zustande), als eine Band mit lauter großen Talenten und Riesenegos.

In meiner Gruppe stimmt eigentlich alles. Der Look ist klar, die Musikrichtung steht (wir trauen uns alles zu). Wir üben irre viel und hören gut aufeinander, will heißen: Hier wird keinem Bandmitglied Musik zugeteilt, die über oder unter seinem Niveau ist. Diejenigen, die neu bei uns anfangen, spielen erst einmal Coversongs, bevor wir an ihren individuellen Talenten arbeiten. Die Gruppe hat immer Priorität vor dem Privatleben. Die Arbeitseinstellung der meisten Bandmitglieder ist gut – faul ist hier keiner. Wir fast ausnahmslos kompromissbereit und arbeiten gut als Team zusammen – es gibt nur ein Problem.

Die Aufgabenverteilung stimmt hier nicht. Ich lebe mit einer Hundegruppe zusammen, die sich allesamt für Rockstars und der Frontman der Band halten. Jeder einzelne. Und das ist ein Problem. Haben Sie schon mal versucht, mit lauter Freddy Mercurys zusammen zu leben? Dean Martin sang mal „There’s too many chiefs and not enough Indians in this house“ („In diesem Haus gibt es zuviele Häuptlinge und nicht genug Indianer“) – genau so ist es hier. Mit lauter Musikern kann man nur überleben, wenn man eine gut strukturierte Band zusammengestellt hat. Hier dagegen gibt es keinen einzigen Schlagzeuger, keinen Bassisten, nur Leadsänger und Gitarristen.

Barthl? Ganz bestimmt kein Bassist und kein Schlagzeuger. Ein Rockstar, wie er im Buche steht: Immer von allem zu viel.

Illustration: Elke Reinhardt

Rapunzel? Eine Diva der ganz alten Schule, von der die Garbo noch etwas hätte lernen können, inklusive original 30er Jahre-Posen.

Gretel? Eine Beyoncé.

Die Collies – von Flash Gordon über Barry White bis hin zu Elvis lassen sie nichts aus.

Bounty, die hier so zurückhaltend und bescheiden ankam, hat sich mittlerweile zu einer Art „Weather Girl“ entwickelt, spielt nur mit Jungs, ist grundsätzlich ein wenig schlecht gelaunt und geht ihren Befindlichkeiten nach. Ihre Autogrammkarten hat sie stets dabei.

Und selbst Yoda, die hier als Schlagzeugerin antrat, hat ihre Meinung mittlerweile geändert. Wie anspruchslos und genügsam schien sie! Glücklich im Hintergrund zu bleiben, zufrieden mit dem kleinsten (wenn auch: weichsten) Kissen. Das ist vorbei: Yoda will auch ein Mikro. Ihr Name soll ganz vorne aufs Plakat, auf jeden Fall größer als die Namen der Anderen.

Und was die können, kann sie schon lange: Bigger, better, faster, more! während die Haare im Luftzug wehen.

Ich würde ja zu gerne mal ein Wörtchen mit dem Manager reden.

6 Kommentare

  1. Hi Katharina ,
    und du bist die Dirigentin? Sehr schöne Vorstellung.
    Sehr amüsant zu lesen, wunderbar!
    Ich werde meinen Sohn bezüglich deiner These befragen….denke du hast Recht…
    bis dahin
    liebe Grüße

  2. Erika Kliem

    Guten Abend

    Ich freue mich sehr dass es aktuell wieder so viele wunderbare Artikel gibt.
    Die beste Nacht Lektüre
    Vielen Dank

    • Dem kann ich mich nur anschliessen.
      Endlich wieder mehr tolle Berichte, nicht nur auf FB.

      Vielen lieben Dank!

      Herzlichst
      Katze0611

  3. Super spitzen Text – Ihren Job als PR-Agentin erledigen Sie optimal. Wann und wo beginnt die Tournee? Habe hier einen eigenwilligen Dackelzwerg, der unbedingt Yodas Groupie werden will. Er spielt noch kein Instrument, hübscht die Band optisch jedoch sehr auf. Ist doch auch schon mal was.
    LG von Gerlind & Fritzchen Lehmann

  4. Klasse.. den Vergleich mag ich sehr! So eine Band ist nie so losgelöst wie es scheint.. da kommen alle mit ihren Ideen und bringen sich zum großen Ganzen ein und nur dafür nehmen sie sich zurück. Und so losgelöst es scheint, so streng ist der Ablauf.. hält sich einer nicht dran, fällt das Konzert aus. liebe Grüße aus Düsseldorf

  5. Kornelia Altmann

    Ich freu mich so, dass Sie wieder mehr schreiben. Es ist eine Freude und eine Bereicherung. Danke.

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