Wenn ich ein Hund wäre, würde ich die Telekom beißen

bildvom 8.8. 2010
Umzüge gelten allgemein als traumatisierendes Erlebnis, in einer Reihe mit Tod, Trennung und Verderben im Allgemeinen.
Abgesehen davon, dass nach einem Umzug nichts mehr ist wie vorher, verlief meiner eigentlich einigermaßen glatt – wenn man es gewohnt ist, sich regelmäßig als Feldwebel und Dompteur aufzuführen, bekommt man auch professionelle Umzugsunternehmen in den Griff.
Man stellt sich einfach in die Mitte des neuen Flurs, während eine Armada großer, ungeduldiger, schwitzender Packer durch die Eingangstür drängen und identisch aussehende Umzugskartons hereintragen. „Wo soll’n das hin?“ fragen die großen, ungeduldigen Männer in einem Tonfall, der implizieren soll, dass, sollte ich nicht innerhalb von ZWEI SEKUNDEN antworten, sie einfach alles unter sich fallen lassen. Also schickt man sie einfach in irgendein Zimmer, „Der Karton kommt ins Schlafzimmer“, sagt man hilflos, oder: „Das geht ins Arbeitszimmer“ – es macht überhaupt keinen Unterschied. Sie stellen die Kartons sowieso dahin, wo es ihnen passt. Manchmal, nur so aus Spaß, stellen sie auch einen ganzen Raum voller Kartons, bis zur Decke, ein gigantischer Zauberwürfel aus persönlichen Gütern, und wenn man irgendeinen Karton haben möchte, muss man die anderen 1357 Karton in genau dem richtigen Muster bewegen. Neulich hatte ich noch vorgeschlagen, statt Umzug einfach alle Möbel und persönlichen Dinge anzuzünden: Dumm gelaufen. Fürs Feuermachen ist es jetzt zu spät.
Das Auspacken wird mehrere Jahre dauern. Das macht nichts, weil das viele Verpackungsmaterial und die offenen Kartons den Hunden viele Stunden Spaß und Unterhaltung bieten. Vorher hat man sowieso keine Zeit, weil man versucht, die Telekom dazu zu überreden, den neuen, vor Monaten bestellten Telefon- und Internetanschluß zu legen. Es gibt sogar Auftragsbestätigungen, offiziell wirkende, Vertrauen einflößende Dokumente, auf denen alles aufgelistet ist, was man zu einem reibungslosen Arbeitsablauf braucht: Telefon, Internet, High-Speed Router. Und hier lauert nämlich das wahre Trauma: Im Umgang mit der Telekom verliert man irgendwann den Glauben an die Menschheit.
Das Personal der Telekom ist sehr freundlich und verständnisvoll und wirkt sehr kompetent. Leider sind sie aber weder kompetent, noch haben sie irgendeine Entscheidungsgewalt. Man kann bei ihnen sieben Mal Router u.ä. bestellen, man wird bei jeder erneuten Nachfrage auf freundliche, leicht fassungslose Ahnungslosigkeit stoßen. Es macht deutlich mehr Sinn, der Zahnfee zu vertrauen als der Deutschen Telekom.
Ich bin momentan also nur noch auf dem traditionellen Weg erreichbar: per Briefpost, Brieftaube oder Boten. Das gibt mir mehr Zeit, Kartons auszupacken. Wir machen ganz traditionelle Familientreffen daraus, bei denen wir uns gemeinsam um verschiedene Kartons versammeln und in festlicher Vorfreude kichern, während wir 790 Meter Packmaterial entfernen und den Deckel der Teekanne auswickeln, die beim vorletzten Umzug verloren gegangen ist. Das ist gut so, denn wir können auch keine Teekanne abstellen: Die Arbeitsplatte der Küche wurde nicht wie abgesprochen geliefert, aber bei Ikea funktioniert das Telefon nicht.
Ich lasse mich nicht stressen. Ich vertraue fest auf die Zahnfee.

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