Ab aufs Töpfchen!

bildvom 19.5.2013

Stubenreinheit ist für die meisten Hundebesitzer das wichtigste Erziehungsziel. Und während es bei jungen Hunden mit der Einhaltung eines straffen Stundenplans, Geduld und Konsequenz der Hundebesitzer relativ schnell geht, haben Eltern von Menschenkindern es da nicht so leicht.
Jetzt allerdings haben sich einige Eltern eine Töpfchen-Training-Methode ausgedacht, die Hundebesitzern sehr bekannt vorkommen dürfte: Schon Säuglinge brauchen keine Windeln mehr, wenn Eltern und Babys sich in „Ausscheidungskommunikation“ üben, wie sich das nennt. Die Eltern achten dabei auf die Signale ihres Babies, also Grimassen oder Bewegungen, die das Kind kurz vor dem Pieseln oder Stuhlgang macht, um es dann flugs über das nächste Töpfchen, Spülbecken, Klo oder einen Grünsteifen zu halten. Jedes Wasserlassen oder jeden Stuhlgang begleiten die Eltern der „Windelfrei“-Bewegung mit einem Schlüssellaut, z.B. einem „sssssssss“ oder „pschschschschsch“ -, um das Kind so zu konditionieren, dass es sich nach einiger Zeit sofort erleichtert, wenn es dieses Geräusch hört. Ob man diesen Eltern mal einen Clicker empfehlen sollte, der ein Knackfrosch-Signal macht, das gewöhnlich zur Konditionierung bei Hunden oder Hühnern verwendet wird? Mit ein bisschen Übung springt das Baby dann vielleicht auch bald durch einen Reifen.
Ich frage mich, ob da irgendjemand vielleicht ein Baby- mit einem Hundebuch verwechselt hat. Bei jungen Hunden macht man das mit der Stubenreinheit nämlich genau so: Alle zwei Stunden nach draußen und auch, wenn der Welpe komische kleine Kreise zieht und auffällig am Boden herumschnüffelt (jedes Pieseln wird mit einem „Schlüsselwort“ wie „mach‘ Gassi!“ oder so begleitet, damit der Hund irgendwann bei einem nächtlichen Ausflug bei minus dreizehn Grad schneller versteht, warum man jetzt eigentlich draußen herumsteht.
Bloß müssen Säuglinge bis zum sechsten Monat ca. 20 Mal am Tag aufs Klo. Und nachts auch. Junge Hunde normalerweise nur alle zwei Stunden. Nachts schlafen sie nach kürzester Zeit durch – der Reifeprozess bei Hunden ist einfach schneller. Und wenn der zuständige Mensch kein totaler Versager ist, sind Hunde mit sechs Monaten längst stubenrein. Aber Kinder können aus physischen Gründen Blase und Darm wirklich zuverlässig erst nach frühestens zwei Jahren kontrollieren. So lange sollen Eltern rund um die Uhr auf die „Ausscheidungssignale“ ihrer Nachkommen achten? „Windelfrei“ sei aber besonders „artgrecht“, erklären die Journalistinnen Nicola Schmidt und Julia Dibbern auf der Webseite www.artgerecht-projekt.de (auch so ein Wort aus der Tierhaltung): „Babies sind von Geburt an dicht“, schreiben sie. Mag sein. Nur die Eltern offenbar nicht.
Aber offenbar können Menschen von Hunden doch immer wieder viel mehr lernen, als man zu träumen wagte.

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