Der Einstein unter den Hunden

bildvom 23.10.2011
Die meisten Hundebesitzer sind der Überzeugung, ihr Hund verstehe wenn schon nicht jedes Wort, dann doch eine Menge davon, was sie als Hundebesitzer gerade denken oder fühlen. Ich persönlich bin schon ganz zufrieden, wenn meine Hunde wenigstens ungefähr verstehen, was ich gerade von ihnen will. In den USA gibt es einen Hund, der tatsächlich sehr viel von dem versteht, was gesagt wird: Der Border Collie Chaser kann 1022 Wörter unterscheiden – ein Rekord, der beweist, dass Hunde durchaus über so etwas wie eine höhere Intelligenz verfügen. Die weiße Hündin mit den wenigen schwarzen Flecken gehört dem Psychologen John Pilley, der seit 30 Jahren an einem College in Spartanburg unterrichtet. Pilley hatte 2004 in einer wissenschaftlichen Zeitschrift von dem Border Collie Rico aus Leipzig gelesen, der immerhin 250 Wörter unterscheiden konnte.Chaser Er kaufte Chaser als Welpen und begann, sie vier bis fünf Stunden lang am Tag zu trainieren. Er zeigte ihr ein Objekt wiederholte dessen Bezeichnungen bis zu 40Mal, versteckte es und forderte Chaser auf, das Ding zu suchen, wobei er ständig dessen Bezeichnung wiederholte. Er war begeistert von seinem Hund: Chaser lernte ein oder zwei neue Begriffe pro Tag, dazu wurden Begriffe, die sie wieder vergessen hatte, monatlich wiederholt. Border Collies sind Arbeitshunde. Sie sind für ihre Klugheit berühmt und hochmotiviert: Sie wurden dazu gezüchtet, den ganzen Tag große Schafherden zu hüten. Borders müssen unter allen Umständen etwas zu tun bekommen, sonst werden sie verrückt. Chaser war eine fleißige Schülerin. Ihr Vokabular wurde stetig größer, allerdings verknüpfte sie Worte immer nur mit Objekten, die sie wieder erkennen konnte. Sie konnte die Frisbees, Bälle und Stofftiere sogar entsprechend ihrer Funktion und Form sortieren, was Kinder erst im Alter von ca. drei Jahren lernen können. Pilley kaufte säckeweise Stofftiere und gebrauchte Kinderspielsachen auf Flohmärkten als Vokabel-Hilfen. Er konnte sich die vielen Namen, die Chaser lernen sollte, nur schwer merken, also schrieb er sie mit einem wasserfesten Filzstift auf jedes entsprechende Spielzeug. Nach drei Jahren bestand Chasers Wortschatz aus 800 Stofftieren, 116 Bällen, 26 Frisbees und einem Potpourri aus Plastikobjekten. Chaser's ToysKinder können ca. 10 neue Worte am Tag lernen, bis sie am Ende ihrer Schulzeit etwa 60 000 Wörter kennen. Chaser lernte langsamer, hatte aber auch eine schwierigere Aufgabe: Jedes Wort, jede Melodie war für sie ganz neu. Sie konnte sie mit nichts anderem in Beziehung bringen, während Kinder Wörter gewöhnlich in einem Zusammenhang lernen wie z.B. Messer, Gabel, Löffel. Längst gilt Chaser offiziell als der schlauste aller Hunde. Ihr Züchter war nicht besonders überrascht von Chasers Fähigkeiten, als Dr. Pilley ihm davon erzählte: Er war eher beeindruckt von Dr. Pilleys unglaublicher Geduld. Er wusste, was Lehrer und Hundebesitzer längst wissen: Den Unterschied machte nicht etwa Chasers außergewöhnliche Intelligenz, sondern die außergewöhnliche Aufmerksamkeit und Förderung, die sie bekam, die sie so klug machten. Irgendwann hatte Wissenschaftler seine Studien abgeschlossen und keine Lust mehr, Chaser noch mehr Wörter beizubringen. Das Problem ist bloß: Anders als die meisten Kinder liebt Chaser ihre Testaufgaben und verlangt ständig nach mehr. „Sie erwartet immer noch vier bis fünf Stunden Programm täglich“, klagt Dr. Pilley. „Ich bin 82. Ich muss ins Bett gehen, wenn ich meine Ruhe von ihr möchte.“ – Wie war das noch: Vorsicht mit dem, was man sich wünscht – es könnte in Erfüllung gehen. So ist das auch mit überschlauen Hunden.

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