Der Englische Cocker Spaniel

Foto: Debra Bardowicks

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Der Spaniel tut häufig so, als ob. Sein Gesichtsausdruck wirkt oft melancholisch – was wohl eher daran liegt, dass er der Meinung ist, er würde nicht entsprechend seiner Bedürfnisse ausreichend ernährt – und täuscht darüber hinweg, dass der Spaniel in Wirklichkeit ein schlitzohriger Kobold ist, ein Tausendsassa unter den Hunden, ein Allrounder, der alles kann: Er eignet sich ebenso als Jagdgefährte wie als aufmerksamer Wächter auf dem Hof, als furchtloser Stöberhund wie als persönlicher Freund von Dichtern, Prinzessinnen, Königen und Handlangern, als Tröster der Reichsten und der Ärmsten wie als Trüffel- und Drogensuchhund und Therapiehund. Der Spaniel ist sanft, liebesbedürftig, ständig auf der Suche nach Streicheleinheiten, anschmiegsam, als könne ihn kein Wässerchen trüben – und dabei gleichzeitig passioniert, engagiert und von erstaunlicher Härte.

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Er ist ein Stöber- und Apportierhund erster Güte, aber das war nie sein ausschließlicher Beruf: Auch seine außerordentlichen Talente als Sofarolle und Betthase kommen der Vollendung gleich. Wenn er vor allem als Letzteres gehalten wird, kann es vorkommen, dass er von oben betrachtet an einen Karpfen erinnert. Wenn er dagegen genügend zu laufen hat, zeigt er dagegen eine beneidenswerte Taille.
Jahrhundertelang war er der beliebteste Hund der Engländer. Früher als die Familien berühmter Monarchen wurde die Spanielfamilie bereits in Ehren gehalten: Er ließ es sich in Palästen wohlergehen, während die Tudors und die Stuarts hinter anderer Leute Pflügen durch anderer Leute Schlamm stapften. Shakespeare sprach von ihm, Künstler wie Van Dyck, Gainsborough, Oudry oder Liebermann malten ihn, Virginia Woolf schrieb ein hinreißendes Buch über den Cockerspaniel der Dichterin Elizabeth Bennett-Browning, „„Flush„. Weniger bekannt indessen ist, dass der Cockerspaniel auch eine bedeutende Rolle in der amerikanischen Politik spielte: Richard Nixon verdankt seinem schwarz-weißen Cocker „“Checkers“ seine Karriere. Der Republikaner musste bereits 1952 während der Präsidentschaftskampagne rechtfertigen, dass er insgesamt $ 18 000 (heute ca.$ 140 000) in Form von illegalen Geschenken von Wählern akzeptiert hatte. Am 23. September hielt er eine brilliante Rede, die landesweit in Radio und Fernsehen ausgestrahlt wurde, in der er sich gegen die Korruptionsvorwürfe verteidigte, und die schließlich als „„The Checkers Speech“ in die Geschichte einging: „„… Ich muss zugeben, dass wir tatsächlich ein Geschenk angenommen haben. Unten in Texas hörte ein Mann, wie Pat im Radio davon sprach, dass unsere beiden Jüngsten sich einen Hund wünschten. Glauben Sie es oder nicht, aber am Tag, bevor wir uns auf die Reise für die Wahlkampagne machten, erhielten wir eine Nachricht vom Union-Bahnhof in Baltimore, dass dort ein Paket auf uns warte. Wissen Sie, was es war? Es war ein Käfig mit einem kleinen Cocker-Spaniel, dass uns der Mann den ganze Weg aus Texas hinterher geschickt hatte. Schwarz-weiß gefleckt. Unsere kleine Tochter Tricia, die Sechsjährige, gab ihm den Namen Checkers. Und wissen Sie, die Kinder lieben diesen Hund, und ich sage Ihnen jetzt und hier: Egal, was irgendjemand davon halten mag: Wir werden Checkers behalten!“
Die Rede war ein großer Erfolg, Nixon war rehabilitiert, und Eisenhower und Nixon wurden gewählt.
Der Cockerspaniel mit dem frechen Blick, den dicken Pfoten und seinen langen Ohren, die an dicke Mädchenzöpfe erinnern, war unter den ersten drei der Hundehitliste bis in die 70er Jahre, gleich nach Schäferhund und Pudel. Dann passierte das Furchtbare: Unter den besonders begehrten, den roten Cockerspanieln gab es tobsüchtige Teufel, die blindwütig und überraschend zubissen. Die „„Cockerwut“ wurde zum Schlagwort, nur eine Erklärung für die rätselhafte Tobsucht gab es nicht. Ein Vorurteil vielleicht, dass dem Cockerspaniel seine Beliebtheit kostete, bis er aus dem täglichen Leben so gut wie verschwand. Auch im Wald ist er zum Exoten geworden; nur noch 5% der Spaniel heute werden noch jadglich gehalten – die übrigen 95% wärmen das heimische Bett.
Dabei hat der vorurteilsbehaftete Spaniel sich langsam, aber beharrlich zurück in die Herzen der Menschen gearbeitet, und das ist kein Wunder: Er ist ein hinreißender Hund von handlichem Äußeren, von dem Dr. Peter Beyersdorf, Zuchtrichter und 22 Jahre lang Präsident des deutschen Jagdspaniel-Clubs, 1989 schrieb: „“Das Zusammenleben mit einem Spaniel ist mehr als ein Begleiten über eine gewisse Zeit hinweg; es ist ein Miteinander, das, richtig gelebt und richtig empfunden, zu einer Partnerschaft – und ich scheue mich nicht, das Wort zu gebrauchen: zu einer tiefen Beziehung werden kann.“
Der Spaniel an sich existiert dabei gar nicht als Rasse, sondern in verschiedenen Varianten und Ausprägungsformen. Während die englische Geschichte ihren Lauf nahm, entstanden acht berühmte Spanielfamilien – die Clumber, die Sussex, die Norfolk, die Field, die English und die Welsh Springer, die Cocker und die Irish Water. Dass es während Königin Elizabeths I. Regierungszeit bereits eine Hundearistokratie gab, bezeugt Sir Philip Sidney in seiner „„Arcadia“: Er schrieb von „“Greyhounds, Spaniels and Hounds, wobei erstere als Lords gelten können, die zweiten als Gentlemen und letztere als Freisassen.“
Seit Anfang des letzten Jahrhunderts wurden sie schließlich per einzelner Clubs und eigener Standards sortiert: Das erlauchte Regelwerk legte klipp und klar fest, was die Untugenden eines Spaniels ausmacht, und was die Tugenden. Der Schädel soll entsprechend gerundet sein, damit hinlänglich Platz für ein Gehirn darin ist, helle Augen sind unerwünscht, lockige Ohren noch schlimmer, mit einer hellen Nase oder einem Schopf geboren worden zu sein ist nichts weniger als verhängnisvoll, seine Ausstrahlung muss insgesamt die einer sanftmütigen Intelligenz sein. Ein Spaniel, der diese Merkmale an den Tag legt, wird gefördert und zur Zucht verwendet, die anderen von den Privilegien der Rasse abgeschnitten. – Die Aristokratie der Hunde, scheint es, ist besser begründet als unsere.

Es gibt nun acht verschiedene jagdlich geeignete Spaniel, und dazu noch vier Arten der Zwerg- oder Begleitspaniel. Der Cocker der frühen Zeit war wohl das bindende Glied zwischen den Arbeits- und den Toy-Spanieln. Seinen Namen hat der von der Schnepfe („“Woodcock„) oder dem Auer- oder Birkwild („“Mountain-„ oder „Moorcock“), und war bald der bliebteste aller Spaniels. Als ihn 1892 der English Kennel Club als eigenständige Rasse anerkannte, war dies mitnichten der Anfang der Spaniel-Geschichte. Es war ein langer Weg über viele Jahrhunderte hinweg, ein Weg, der kaum exakt nachzuzeichnen ist.
In den „“Canterbury Tales“ des englischen Dichters Chaucer wird der Spaniel 1386 zum ersten Mal schriftlich erwähnt, als Chaucer schildert, wie sich eine Frau auf der Suche nach einem Mann wenig schmeichelhaft benimmt: „“Wie ein Spaniel, so will auch sie zu ihm springen.“ In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts spricht der französische Graf Gaston de Foix (Phébus) in seinem Buch „“La Livre de Chasse“ von „einer „Art von Hunden, die man Vogelhunde oder Espagneuls nennt, weil diese Kreatur aus Spanien kommt, obwohl sie auch in anderen Ländern vorkommt.“ Im Haus des bei Ehefrauen wenig beliebten Heinrichs VIII. gab es einen „„Robin The King’s Majesty’s Spaniel Keeper“, und 1570 beschrieb Johannes Caius in seinem Werk „“Of English Dogs“: „„… Es gibt schnellfüßige Hunde für die Falkenbeize und Stöberhunde für die Netzjagd. Diese Hunde haben keinen eigenen Namen, man benennt sie nach ihrem Gebrauch: Fasanenhunde, Rebhuhnhunde… Das gemeine Volk ruft in generell mit dem gleichen Wort, nämlich Spaniel, weil diese Hunde zuallererst von Spanien kamen.“ Auch hier die gerne von Phébus übernommene Spanien-Abstammung, für die in Wirklichkeit wenig Konkretes sprach. Der Sage nach sollen die Mauren, die um das Jahr 700 in Iberien landeten, die kaninchenartigen Tiere dort „“span“ gerufen haben, wovon sich wiederum der Name „“Spaniel“ ableiten soll. Ebenso glaubwürdig ist dabei die These, der Begriff „„Spaniel“ komme von dem keltischen Wort „“spain“ für Kaninchen (England war lange Zeit eine keltische Kultur), was zugleich auf seine alte Verwendungsmöglichkeit hinweisen würde.
Jedenfalls war der fabelhafte Vogelhund im nördlichen Europa weit verbreitet. 1594 widmete William Shakespeare ihm im „“Sommernachtstraum“ folgende Sätze Helenas an Dimitrius (2. Akt, 3. Szene):
„“Und eben darum lieb‘ ich Euch nur mehr!
Ich bin Euer Spaniel, und Demetrius,
Wenn Ihr mich schlagt, muss ich Euch dennoch schmeicheln!
Begegnet mir wie Eurem Spaniel nur,
Stoßt, schlagt mich, achtet mich gering, verliert mich:
Vergönnt mir nur, unwürdig, wie ich bin,
Euch zu begleiten. Welchen schlechten Platz
Kann ich mir wohl in Eurer Lieb‘ erbitten …
Als dass Ihr so wie Euren Hund mich haltet?“

Dass Helena sich gerade auf den Spaniel bezog, lag nicht daran, dass der Spaniel ein besonders unterwürfiger, sondern zu dieser Zeit sehr beliebter Hund war, und Shakespeare seine Stücke akribisch realitätsbezogen gestaltete. Spaniel spielen auch in anderen Stücken von Shakespeare eine Rolle, in „„Antonius und Cleopatra“, in „„Julius Caesar“, „“König Heinrich VIII.“ und „“Zwei Herren aus Verona“.

Now you can dance!

Foto: Debra Bardowicks

Ab ca. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die privilegiertesten der Hunde, die königlichen Jagdbegleiter, sehr häufig von Hofmalern porträtiert, während die Menschen auf diesen Bildern bestenfalls noch Statistenrollen spielten. Der Spaniel tauchte besonders oft bei niederländischen und englischen Malern auf, weil er in allen seinen Facetten so besonders geschätzt wurde. Bei Gainsborough, Van Dyke und Philip Reinagle ließen sich bald Zwerg-, Springing- und Cocking Spaniel deutlich unterscheiden, wobei Springing- und Cocking Spaniels stets entsprechend dem romantischen Naturempfinden gemalt wurden, die Zwergspaniel dagegen immer als Freund der Kinder und der eleganten Damen.

In England beschäftigte man sich mehr als sonst wo mit der Zucht der Spaniels. 1873 wurde der English Kennel Club gegründet: Dies war der Beginn der modernen Rassehundzucht. Überall in Europa wurde die Hundezucht organisiert, das „“Hobby Hund“ entstand, das Ausstellungswesen begann. Die unterschiedlichen Spanielschläge wurden separiert, aus Cocker- und Sussexspaniel entstand der Fieldspaniel, und so ging es weiter. 1902 schrieb der deutsche Kynologe Richard Strebel sein berühmtes Werk „“Die deutschen Hunde“, und darin über den Spaniel: „…Jedenfalls gehören sie zu den allerältesten Hundeformen… [Der Spaniel] hatte das Glück, schon sehr früh unter den Vertretern der schönen Künste viele Bewunderer gefunden zu haben, die uns die einzelnen Stufen seiner Entwicklung im Bilde erhielten.“

Anfang des 20. Jahrhunderts dann machte der Cocker Spaniel seine sensationelle Entwicklung durch: Er wurde auf eine Art und Weise populär, die unter den Hundrassen lange ihresgleichen suchte, und das ist kein Wunder. Der Cocker, der aussieht, wie eine Mischung aus kleinem Mädchen mit schaukelnden Zöpfen und einem Stofftier, das ein bisschen zu doll liebgehabt wurde, ist fröhlich, lebhaft, neugierig und verspielt. Seine Rute wedelt permanent, als echter Engländer hat er einen fabelhaften Sinn für Humor und ist für jeden Blödsinn zu haben. Der Kynologe Villard beschrieb den Cocker Spaniel mit folgenden Worten, denen nichts mehr hinzuzufügen ist:
„“Es gibt keinen angenehmeren, zahmeren, anhänglicheren und lebhafteren Hund als den Cocker; seine feine Psyche macht ihn außerordentlich interessant. In ihm sind Intelligenz, Gütigkeit und List gut vereinigt. Er gehorcht nicht aus Dienstbarkeit, sondern aus Ideengemeinschaft mit seinem Herrn, dessen Absichten er errät: seine Treue ist groß.“

Steckbrief
Name:

English Cocker Spaniel

Ursprungsland:

Grossbritannien (UK)

Widerristhöhe:
Rüden: 39-41 cm, Hündinnen 38 – 39cm
Gewicht:

12.5 – 14.5 kg

Verwendung:

Stöberhund

FCI-Gruppe 8:

Apportierhunde – Stöberhunde – Wasserhunde
Sektion 2 Stöberhunde. Mit Arbeitsprüfung.

HAAR:
Glatt, seidige Beschaffenheit, niemals drahtig oder wellig, nicht zu reichlich und niemals lockig. Gebäude, Vorderläufe und Hinterläufe über dem Sprunggelenk gut befedert.

FARBE:

Einfarbig: schwarz; rot; gold; leber (schokoladenbraun); schwarz mit loh; braun mit loh. Bei diesen Farben ist kein weiβ auβer ein kleiner Fleck an der Brust erlaubt. Mehrfarbig : Zweifarbig: schwarz-weiβ; orange-weiβ; braun-weiβ; lemon-weiβ. All diese Farben kőnnen mit oder ohne Tűpfelung sein.

Dreifarbig: Schwarz, weiβ mit loh; braun, weiβ mit loh. Schimmel: Blauschimmel; orangeschimmel; lemonschimmel; braunschimmel; blauschimmel mit loh; braunschimmel mit loh. Jegliche andere Farben oder Abzeichen, die von den oben angegebenen abweichen, sind unerwűnscht.

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