Germanys next Top-Wuff

bildvom 5.4.2009
Letztes Wochenende war in Berlin eine große Hundeausstellung: Über 3000 Hunde wurden von internationalen heimischen Sofas an den Berliner Funkturm gekarrt, um sich der Frage zu stellen, wer nun der Schönste weit und breit sei; eine Art „Germany’s next Topmodel“ ohne Heidi Klum, denn so sehen die Hunderichter, die über „hop oder top!“ zu entscheiden haben, eher nicht aus. Die Richterin, die beispielsweise über die Perfektion der verschiedenen Möpse zu entscheiden hatte, hatte eher die Attitüde einer Mutter Oberin: Egal, wie vergnügt die Möpse ihre Beine warfen und die kleine Rute als gerolltes Posthorn überm Rücken trugen: Ihr entwich kein Lächeln. Dem ein- oder anderen Mops verdarb ihr Mangel an Begeisterung denn auch gleich Laune und Ausstrahlung.
Hundeschauen erinnern stark an Modenschauen, auch wenn es bei „Fashion-Weeks“ meist weniger stark nach getrocknetem Ochsenpeseln und Pansenkeksen riecht. Hunde-wie Modenschauen sind Mischungen aus Unterhaltung und knallhartem Merchandising, und wie bei Modenschauen gibt es eine tiefe Kluft zwischen denen, mit denen die Natur es einfach gut meinte, und jenen, die wie Aschenputtel für den großen Ball erst hergerichtet werden müssen. Wo immer man hinsah, lagen Schönheiten mit stark behaarten Beinen passiv auf Frisiertischen, umhegt von wohlmeinendem Personal, die das Haarkleid ihrer Diven liebevoll kämmten und arrangierten. Überall sah man Haarföhns, Glätteisen, verschiedene Sorten von Bürsten und anderem Schönheitsarsenal. Wie bei Modenschauen hing das Aroma von Beautyprodukten und Haarspray in der Luft. Wenn die Menschen in der Zukunft sich eines Tages fragen, warum sie alle in unterirdischen Tunneln leben müssen, wird die Antwort lauten: Weil die Menschen des 21. Jahrhunderts versuchten, Models wie Pudel und Pudel wie Models aussehen zu lassen, und das hierfür verwendete Haarspray ein Loch in die Atmosphäre fraß. Ein Afghane trug ein Kopftuch, um die langen Ohren vor Schmutz und Wasser aus dem Wassernapf zu schützen, während das restliche Haar kaskadenartig und rapunzelhaft weich und glänzend wie in der L’Oréal-Anzeige zu Boden fiel: er sah aus wie Maria Furtwängler. In Wirklichkeit soll das Fell die Hunde vor dem eisigen Winter im bergigen Afghanistan schützen, aber keiner dieser Hunde sah aus, als müsse er je gegen größere Naturgewalten ankämpfen als leichtes Hungergefühl. Die begleitenden Menschen sehen übrigens selten so gut aus wie ihre Hunde: obwohl Aussteller so gekleidet sein sollen, dass die Aufmerksamkeit im Ring nicht von den Hunden ablenkt wird, sah man doch viele lila Jogging-Ensembles, enge Shirts mit Hundeporträts aus Swarowski-Steinen oder metallisch leuchtende Brokatspencerjacken.
Den Hunden war alles das völlig egal. Sie ließen sich mit der Gelassenheit von Heiligen von den Richtern ins Maul sehen und auf Vollständigkeit hin ihre Hoden betasten, und hier endete ihr persönlicher Einsatz bereits: Sie interessierten sich überhaupt nicht für die wichtigen Entscheidungen, die über ihrem Rücken getroffen wurden. Stattdessen wedelte der Verlierer dem Gewinner zu, und der Gewinner beschnupperte den Verlierer ohne Vorbehalte.
Wahrscheinlich können wir von Hunden doch mehr lernen, als sie von uns.

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