Meine Hunde, die Superstars

bildvom 16.5.2010
Mit Narzissten kenne ich mich aus. Ich bin es gewohnt, Leute um mich herum zu haben, die mit überhöhtem Selbstwertgefühl durchs Leben spazieren, unglaublich viel Bewunderung brauchen und dabei sehr verführerisch sind, die das Gefühl haben, nur von ganz besonderen Menschen verstanden zu werden und ein ungeheures Anspruchsdenken an den Tag legen, wie man sie zu behandeln habe, die dauernd mit ihrer eigenen Wichtigkeit beschäftigt sind und damit, wie andere über sie denken, die wenig bereit sind, die Bedürfnisse anderer anzuerkennen und außerdem ziemlich hochmütige Ansichten pflegen. Ich kann damit umgehen: Ich scheine diese Sorte unwiderstehlich anzuziehen. Mir machen eher normale Männer Probleme, solche, die weniger eingenommen sind von Phantasien ihres grenzenlosen Erfolgs, ihrer Macht, Brillianz, Schönheit und umwerfenden Charmes.
Ich finde es nur bedenklich, dass ich sogar narzisstische Hunde habe – ausgenommen meiner braunen Pudelin Ida, die es vorzieht, freundlich und still im Hintergrund zu bleiben. Das Aschenputtel unter meinen Hunden. Unglaublich angenehm, aber aufgrund ihrer Bescheidenheit der Hund, der am wenigsten Aufmerksamkeit bekommt. Das Leben ist ungerecht.
Die anderen drängen sich permanent in den Vordergrund auf die Bühne des Lebens. Zuhause sind sie reizend und friedlich. Kaum verlassen wir das Haus, tun sie so, als liefen sie permanent über einen roten Teppich, mit federndem Schritt, eleganter Pose und Strahler-70-Lächeln. Das liegt daran, dass meine Hunde aufgrund dieser Kolumne dauernd erkannt werden. Sie bekommen sogar Fan-Emails. „Das sind doch die Hunde aus der Zeitung!“ rufen Fremde unterwegs. Meine Hunde bleiben stehen, als wollten sie ein kurzes Interview geben, und lassen sich umschwärmen. Ich bin höchstens ihre Agentin. Neulich bekam Harry eine Anfrage, ob er im neuen Otto-Waalkes-Film auf Sky Dumonts Schoß sitzen und bellen könne. Ich musste ablehnen: Harry setzt sich nur auf sehr ausgewählte Schöße, die von fremden Männern gehören nicht dazu. Ich organisiere auch die Fototermine, bei denen sie allesamt zu Hochformen auflaufen, die Posen wechseln, als wären sie die Heidi Klum der Kaniden, verführerisch in die Kamera sehen, und sich ohne Kommando von ganz alleine in die Mitte des Bildes setzen. Nur Fritz schert immer ein wenig aus – wenn er mit allen zusammen fotografiert werden soll, verlässt er gerne mal das Bild. Wenn das Bild geschossen wurde und alle irgendwo anders hingehen, kehrt er zurück und setzt sich kerzengerade in Positur: Ready for his Close-Up.
Weil meine Hunde gewohnt sind, dass die meisten Leute bei ihrem Anblick begeistert auf die Knie sinken (und sei es, um sie besser streicheln zu können), erwarten sie auch in ihrem Privatleben, dass man sie andauernd bewundert und lobt und wichtig findet. Es gibt einen Konzertfilm mit Elvis Presley, „That’s the Way it is“, wo man den ihn mit seiner Entourage hinter der Bühne sieht: Jedesmal, wenn er einen noch so lahmen Witz macht, brechen alle in hysterisches Gelächter aus, als hätten sie gerade einen Tank voll Lachgas eingeatmet. Ich habe mein Leben lang Interviews mit Schauspielern und Rockstars gemacht und habe das hundertmal erlebt: Weil ihnen in ihrem Berufsleben alles abgenommen und jeder Wunsch von den Augen abgelesen wird, vergessen sie völlig, dass sie durchaus auch selber zum Kühlschrank gehen könnten.
Gerade diese Tatsache vergessen meine Hunde niemals: Dass sie die Kühlschranktür eben NICHT alleine öffnen können. Dafür haben sie ja mich. Neulich machte mir eine Frau auf der Straße allerdings den Vorwurf, dass Fritz so dünn sei. Der Windhund sah mich befriedigt an, als wolle er sagen: Siehste.
Ich warte auf den Tag, an dem Fritz nach seinen nächsten Plänen gefragt wird.

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