Brief von Luise
Ich glaube, ich habe auch mal Sport gemacht. Damals war ich noch sehr jung und wollte einfach sehen, wie weit die Menschen so gehen würden. Ich finde Ballspielen völlig idiotisch. Was soll das? Du stehst da und wirfst den Ball, und ich soll ihn zurück bringen, damit Du ihn erneut werfen kannst: So wie Babys das machen, wenn sie etwas fallen lassen, und die Mutter hebt es wieder auf. Und wieder. Und wieder. Reine Machtausübung, wenn Ihr mich fragt. Und dann „Agility“, eine Art Springsport für Hunde. Was soll der Sinn davon sein? Bei vielen dieser Hindernisse würde es viel mehr Sinn machen, unten durch zu laufen, statt darüber zu springen. Weißt Du, wann das langweilig wurde? Bei der fünften Wiederholung des gleichen Ablaufs. Nichts für mich. Wozu soll ich mich durch einen Plastiktunnel quetschen, wenn ich viel bequemer daran vorbei laufen kann? Ist ja nicht so, als würde nur ein einziger Weg zum Ziel führen. Aber es geht dabei wohl um irgend etwas anderes. Um Deine Regeln. Ich weiß, dass viele Hunde Sport mögen. Nur eben nicht die Klugen. Die rennen nicht eine Million Mal hinter einem glitschigen Ball her, oder hinter einer schwebenden Scheibe: Da muss man ja schön blöd sein. Angeblich rennen manche Hunde auch gerne mit dem Fahrrad mit. Wozu? Soll es amüsant sein, an sämtlichen Gerüchen und Botschaften im gestreckten Schweingsalopp vorbeizurennen? Für Euch mag es ein Laternenpfahl sein: Für uns ist es Facebook. Jetzt stellt Euch mal vor, jemand ließe Euch einfach keine Nachrichten posten: Der Tag wäre gelaufen. Ich weiß, dass es Hunde gibt, die nichts toller finden, als irgendwelche Spielsachen aus einem See herauszuholen. Und diese Sache mit Autos oder Fahrräder jagen: Begreife ich nicht. Solange das nicht der Frischfleischlieferant ist, der Markknochen aus dem fahrenden Wagen wirft, macht das doch überhaupt keinen Sinn.
Ich weiß, dass Ihr Menschen immer Angst habt, wie bewegen uns nicht genug. Ich muss allerdings sagen: Ihr seid selbst nicht gerade die besten Vorbilder. Ich meine, Ihr kommt nach Hause und sehr fern. Das ist auch nicht gerade interaktiv. Ich bin total für gemeinsame Unternehmungen. Ich will was erleben, lange Spaziergänge durch Straßen, Parks und Wälder machen, gemeinsam nach Wühlmäusen buddeln, Leute und Hunde angucken. Aber diesen Sportkram könnt Ihr Euch getrost für Euer persönliches Burn-Out-Syndrom aufheben.
Ich wäre bereit für einen Deal: Nächstes Mal, wenn Euch nach Hundesport ist, gehen wir in den Park. Ihr klemmt Euch ein paar Wiener Würstchen ans Hosenbein und lauft los. Ich verspreche, dass ich hinterher rennen werde. Auf diese Weise bekommen wir alle ein bisschen Bewegung, und der ganze Wahnsinn macht endlich Sinn.