Was ist drin im Hundefutter? Was darf ins Hundefutter?

Die Diskussion um Futtermittel ist heikel. Das eine, einzige, wahre und richtige Futter für den Hund gibt es nicht. Dazu gibt zu viele verschiedene Komponenten: Das Tier, die Umstände, die finanziellen Möglichkeiten des Halters, die eigene Ideologie.

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Was für den einen richtig sein mag, ist für den anderen womöglich das Falsche. Wer sein Fleisch nur beim Bauern seines Vertrauens kauft, findet Hundefutter aus dem Supermarkt wahrscheinlich grauenhaft. Der eine legt auf Futter aus Fleisch aus artgerechter Haltung wert, der andere muss auf seinen Geldbeutel achten, der dritte reist viel und kann deshalb nicht mit Eimern voller Blättermagen verreisen, ein anderer Hund verträgt kein Frischfleisch, ein anderer bekommt von Trockenfutter Schuppen. Dies alles zeigt: Eine Lösung für alle gibt es nicht.

Vielen Hunden geht es am Besten mit BARFen. Es gibt aber auch sehr viele andere Hunde, die durch selbstgemachte Rohfütterung deutliche Mangelerscheinungen aufweisen. Manche Hunde kommen mit Fertigfutter nicht zurecht – während Hunderttausende damit sehr gut aussehen und sehr leistungsfähig sind. Weshalb man sich wundern muss, dass die Diskussion um das Hundefutter immer derart ideologisch und unflexibel geführt wird.

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Im Interview mit Dr. Julia Fritz versuchen wir, den Legenden um das Hundefutter auf die Spur zu kommen. Dr. Fritz ist Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik, seit 2008 führt sie eine Praxis für Ernährungsberatung ( www.napfcheck.de ) und hält landesweit Vorträge und Seminare rund um das Thema Ernährung. Sie wurde von der H. Wilhelm Schaumann Sitftung für die beste Dissertation auf dem Gebiet der Tierernährung der Jahre 2007/2008 ausgezeichnet und erhielt 2010 den Helmut Meyer Award der Nachwuchswissenschaftler des Kongresses der European Society of Veterinary and Comparative Nutrition (ESVCN) für die beste wissenschaftlichen Publikation.

Frau Dr. Fritz, dürfen für die Herstellung von Hundefutter Kadaver von kranken Tieren verwendet werden?

Auf keinen Fall. Es gibt ein genaues Futtermittelgesetz, an das sich jeder Hersteller halten muss, und das genau vorschreibt, was in einem Hundefutter verwendet werden darf und was nicht. Die oberste Prämisse ist, dass keinerlei Gefahr für die Gesundheit des Tieres von den Futtermitteln ausgehen darf.

Andererseits hört man ja immer wieder von Lebensmittelskandalen – nicht nur im Hinblick auf Hundefutter.

Natürlich. Schwarze Schafe gibt es immer, in jedem Bereich. Es wird immer Menschen geben, die versuchen, Gesetze zu umgehen. Aber das, was man immer wieder hört, dass Futtermittelhersteller nachts Tierkadaver aus Tierarztpraxen abholen oder aus deren Mülleimern fischen und verwerten – das sind Horrorfilm-Szenarien. Es ist nicht nur absolut verboten – es stellt sich ja auch die Frage: Was hätte ein Hersteller davon. Tiere in Tierarztpraxen werden mit Narkotika eingeschläfert. Wenn man ein Tier verfüttern würde, das solche Betäubungsmittel noch im Körper hat, geht das ja nicht spurlos am Konsumenten vorüber. Was wäre der Nutzen für den Hersteller? Eine Kostenersparnis bringt ihm das nicht, eher zusätzliche Arbeit. Abgesehen davon, dass diese Kadaver in die Tierkörperbeseitigungsanstalt kommen – auch hierfür gibt es ein Gesetz. Der §17 des Futtermittelgesetzbuches besagt, dass es verboten ist, „Futtermittel für andere so herzustellen, zu behandeln, in den Verkehr zu bringen oder zu verfüttern, die geeignet sind, die Gesundheit von Tieren zu schädigen, die Qualität der gewonnenen Lebensmittel zu beeinträchtigen oder den Naturhaushalt (die Umwelt) zu gefährden.“ Das steht über allem.

Ich zitiere eine Leserin dieses Blogs, die folgendes über die Zusammensetzung von Trockenfutter behauptete: „… (darin enthalten sind) auch Kadaver von kranken und verendeten Tieren, die wer weiß woran gestorben sind und wer weiß woher gekommen sind, sowie Hufe, Drüsen, Fett, Knochen, Sehnen, Federn, Blut, Euter, Augen etc.“ – Welche Sorte Schlachtabfälle dürfen ins Hundefutter?

Drüsen sind heikel, die dürfen nicht alle einfach verwendet werden. Bei Hufen muss man differenzieren: Die so genannten „Hornschuhe“ von Rindern gibt es ja als Kauartikel offiziell zu kaufen. Die gehören zu den so genannten „K3-Materialien“ und dürfen „für den Heimtierfuttermittelbedarf“ verwendet werden (darauf komme ich später zurück). Es macht wenig Sinn, die ins Trockenfutter oder in eine Dose zu geben, denn Klauenhorn ist sehr schwer verdaulich. Der Hund würde Blähungen bekommen und sehr große Kotmengen produzieren.

Was wiederum dazu führen würde, dass der Verbraucher dieses Hundefutter nicht wieder kaufen würde.

Euter darf ohne Weiteres verfüttert werden. Sehnen wären wieder eher Kauartikel und aufgrund ihrer Schwerverdaulichkeit in großen Mengen nicht sinnvoll im Dosen- oder Trockenfutter. Eine weitere Verordnung „über nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte“ regelt europaweit, welche Ausgangsmaterialien tierischer Herkunft für Hunde- und Katzenfutter verwendet werden dürfen. Darin findet sich auch die Einteilung der Nebenprodukte in verschiedene Kategorien 1, 2 und 3.
In die Kategorie 1 gehören getötete Heim-, Zoo- und Zirkustiere, Versuchstiere, Tiere, die übertragbare Krankheiten haben und Wildtiere, außerdem das gesamte BSE-Risikomaterial und Küchenabfälle. Das alles muss zwingend verbrannt werden. Die dürfen nicht einmal in Bio-Gasanlagen hergenommen werden.

Küchenabfälle sind mittlerweile sogar im Schweinefutter verboten.

In der Kategorie 2 sind Schlachttiere, die „auf andere Weise als durch Schlachtung für den menschlichen Verzehr gestorben“ sind. Z.B. gefallene oder getötete Wildtiere oder Nutztiere, Föten, Eizellen, Embryonen, abgestorbene Küken, Schlachtkörperteile mit Krankheitsmerkmalen“. Außerdem „Erzeugnisse tierischen Ursprungs mit Rückständen von Tierarzneimitteln, sowie Gülle und Magen-Darminhalte“. Die müssen ebenfalls vernichtet werden, dürfen aber wenigstens in Biogasanlagen verwendet werden. Materialien der Kategorien 1 und 2 dürfen nicht für Heimtierfuttermittel verarbeitet werden.

Was sind denn die deklarierten „minderwertigen Schlachtabfälle“?

Das sind Produkte von Tieren, die alle einer amtlichen Fleischuntersuchung unterzogen und als tauglich gestempelt wurden, die wir Menschen aber nicht mehr essen wollen heutzutage, wie Euter, Lunge, Nieren, Kutteln, Herz. Wobei das regional auch unterschiedlich ist, in der ein- oder anderen Gegend isst man das durchaus. Dennoch sind dies Dinge, die nicht für den menschlichen Verzehr gedacht sind – anders als Steak oder Filet. Sie kommen aber von einem gesunden Schlachttier, und können ohne weiteres in Hundefutter verwendet werden. Organe wie Herz, Pansen, Lunge, Niere und Leber sind hochwertige Futtermittel..

Ich erinnere mich, dass bei uns den Jagdhunden oder den säugenden Hündinnen Euter als Rekonvaleszenz-Futter gegeben wurde.

Das macht auch Sinn: Zuchthündinnen brauchen vor allem Energie und Kalzium für die Milchbildung. Euter ist besonders fett und enthält mehr Kalzium als die meisten anderen Fleischsorten, dadurch, das eben meistens noch ein Milchanteil dabei ist. Das war also genau das Richtige.

Zu den „minderwertigen Schlachtabfällen“ gehören aber doch auch Ohren, Hühnerfüße, Schnäbel, Hufe.

Diese Dinge finden aber mehr Verwendung im Kauartikel-Bereich, sie sind schlecht verdaulich und machen als Nahrung wenig Sinn. Als Kauartikel sind sie aber durchaus empfehlenswert und beim Verbraucher sehr beliebt. Eigentlich ein Widerspruch: Denn das, was von vielen Leuten als „Müll“ empfunden im Hundefutter keinesfalls akzeptiert wird, scheint aber in getrockneter Form und als Leckerli plötzlich in Ordnung zu sein: Das Rinderohr, der Hühnerfuß, der getrocknete Pansen oder der Ochsenpenis – fände ich persönlich als Ernährung auch nicht schön. Als „naturbelassener Kauspaß“ ist es dann aber plötzlich in Ordnung.

Vielleicht, weil der Verbraucher, wenn er diese Kauartikel kauft, deutlich erkennen kann, was er kauft und es auch deutlich erkennen kann, während er dem Trocken- oder Dosenfutter misstraut, weil der Inhalt nicht leicht identifizierbar ist?

Möglich. Dabei ist es, wie gesagt, streng geregelt, was ins Hundefutter darf und was nicht. Dazu kommt auch, dass es aus rein unternehmerischen Aspekten überhaupt keinen Sinn macht, ein schlechtes Futter herzustellen, denn dann wird es nicht wieder gekauft. Ein Futter muss a) gut schmecken, b) gut verdaulich sein, also keine übermäßigen Kotmengen produzieren, und die Tiere dürfen keine Blähungen oder gar schlechtes Fell davon bekommen. Denn wenn das so ist, wird der Tierbesitzer das Futter nicht mehr kaufen. Man kann schlechte Futtermittel nicht so maskieren, dass Gutes dabei herauskommt. Das lohnt sich nicht und geht auch nicht.

Bei Allergie-Futtermitteln werden Proteine doch gewissermaßen auch „maskiert“.

Sie meinen hydrolisierte Diäten. Das bedeutet, dass die enthaltenen Eiweißbestandteile so stark verkleinert sind, dass sie theoretisch vom Immunsystem nicht als Eiweiße erkannt werden. Das ist nur möglich über hochentwickelte Technologien und dient nicht der Geldersparnis, sondern ist sogar teurer. Das funktioniert bei Allergikern häufig sehr gut, denn nicht jeder hat Zeit, seinen Hund regelmäßig zu bekochen. Eine Diät selbst zu kochen ist auch zeitaufwendiger und komplizierter, nicht jeder ist dem gewachsen.

Welche Dinge sind denn wirklich verboten im Hundefutter?

Explizit verboten sind Kot, Urin und Inhalte des Verdauungstraktes, mit Gerbstoffen behandelte Häute, Saatgut, das mit Pflanzenschutzmittel behandelt wurde, Holz – einschließlich Sägemehl (man findet diese Behauptung tatsächlich häufig in Foren, dass Hundefutter Sägemehl beigemischt wird). Außerdem verboten sind Abfälle aus häuslichem, kommunalen oder industriellem Abwasser, Siedlungsmüll, Haushaltsmüll oder Verpackungen und Verpackungsteile.

Ich glaube, das Märchen mit dem Sägemehl kommt davon, dass Sägespäne mit Zellulose verwechselt wird.

Zellulose ist ein weißes Pulver, von der Konsistenz ähnlich ist wie Klopapier in Pulverform, was aus Laubbäumen gewonnen wird, was als Ballaststoff in Futtermitteln eingesetzt wird, um die Kotqualität zu verbessern. Es hat mit Sägemehl überhaupt nichts zu tun.

Es ist ja sehr unterschiedlich, was Hundehalter für „gutes Futter“ halten. Dabei schließt er offenbar gerne von sich auf seinen Hund und möchte, dass der eben auch nur „das Beste“, also Schnitzel bekommen soll. Wenn ich allerdings sehe, mit welcher Wonne meine Hunde Schafsköttel fressen, weiß ich, dass wir durchaus nicht den gleichen Geschmack teilen.

Es wird sehr viel aus der humanen Ernährung auf den Hund abgeleitet, was aber häufig nicht richtig ist und manchmal sogar fatal sein kann. Gerade Innereien sind für den Hund wirklich hochwertige Futtermittel, die höhere Nährstoffgehalte haben als Muskelfleisch, gerade Spurenelemente oder Vitamine. Abgesehen davon, dass es für den Menschen kein „Alleinfuttermittel“ gibt.

Was bedeutet der Begriff denn genau?

Es gibt drei Arten von Fertigfutter: Alleinfutter, Ergänzungsfutter und Mineralfutter. Die sind auch sehr genau definiert. Ein so genanntes Alleinfutter muss alles enthalten, was der Hund für seinen täglichen Bedarf braucht. Das bedeutet, wenn dieses Futter gegeben wird, dürfen eigentlich keine Mängel und Schäden auftreten.

Ist es dann wirklich ausreichend für jeden Hund? Futter wird doch für den Durchschnittshund mit durchschnittlichen Bedürfnissen hergestellt.

Natürlich. Deshalb wird ja beispielsweise auch in Welpen/Adult/Senior/Leistungshund etc. aufgeteilt, um die Nährstoffbedürfnisse etwas besser anzupassen.

Braucht ein älterer Hund wirklich etwas anderes als ein erwachsener Hund? Meistens brauchen sie doch vor allem weniger Energie.

Stimmt, weil im Alter die Muskelmasse abnimmt und der Energiebedarf damit auch. Oft brauchen sie mehr Zink, mehr Antioxidantien oder mehr Ballaststoffe, weil sie oft im Alter einen trägeren Darm haben. Viele alter Hunde habe ein Organleiden und profitieren von einem reduzierten Eiweißgehalt.

Wie steht es eigentlich mit der Werbung? Bei manchen Herstellern wundere ich mich, womit da so alles geworben wird: Mit ihrem Futter leben die Hunde unendlich, bekommen ein unerschütterliches Immunsystem und sind bis an ihr Lebensende glücklich, wenn sie bestimmte Futtersorten bekommen. Ist es erlaubt, so etwas zu behaupten?

Auch das ist per Gesetz streng geregelt. Tatsächlich darf der Tierbesitzer nicht getäuscht werden. Es dürfen z.B. keine Aussagen getroffen werden, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhinderung von Krankheiten beziehen, die nicht Folge einer Mangelernährung sind. Ausgenommen sind davon Diätfuttermittel, die zur Behandlung bestimmter Krankheiten konzipiert worden sind. Man darf also beispielsweise sagen: Vitamin A hilft bei Vitamin A-Mangel, aber man darf nicht sagen: Vitamin A ist gut für die Haut, und deshalb hilft es bei Pilzerkrankungen. Aber ich habe häufig das Gefühl, dass da die Grenzen recht flexibel gehandhabt werden – nach meinem Gefühl übrigens häufig von kleinen Unternehmen, die die Gesetze oft nicht so gut zu kennen scheinen.

Es wird auch häufig mit Dingen geworben, die selbstverständlich sind. Ist das nicht auch eine Irreführung des Verbrauchers?

Allerdings. Wenn z.B. behauptet wird, man würde die Dose ohne Konservierungsstoffe herstellen, ist das ein bisschen Augenwischerei: Bei Dosenfutter müssen eigentlich keine Konservierungsstoffe zugegeben werden, denn das Futter wird während des Dosenfutterherstellungsprozesses automatisch konserviert. Andererseits gibt es Dosen, die trotzdem Konservierungsstoffe enthalten, daher ist es prinzipiell schon zulässig, das zu behaupten, suggeriert aber, das alle anderen Dosen immer Konservierungsstoffe hätten, was nicht stimmt.

Was ist mit der Behauptung mancher Hersteller, ihr Futter enthielte „keine Zusatzstoffe“?

Auch dafür gibt es eine Verordnung, die in fünf Kategorien alle Zusatzstoffe regelt. Eine davon betrifft alle Vitamine und Spurenelemente. Spurenelement-Verbindungen wie Zinkoxid oder Vitamine sind z.B. per Definition Zusatzstoffe, und zwar gehören die zu der Gruppe der ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe. Man braucht normalerweise für jedes Futter irgendeine Art von Ergänzung, weil es kaum möglich ist, ein Futter herzustellen, das sämtliche notwendigen Nährstoffe in ausreichender Menge enthält, weil man ja auch Verluste während des Herstellungsprozesses oder der Lagerung berücksichtigen muss. So sind z.B. die B-Vitamine oder Vitamin A sehr hitzeempfindlich. Wenn also ein Futtermittelhersteller sein Alleinfuttermittel damit bewirbt, dass er „keine Zusatzstoffe verwendet“ – dann frage ich mich, wie das funktionieren kann.

Woher weiß ich denn, ob ein Futter wirklich ein Alleinfuttermittel ist?

Es gibt Richtlinien, in denen genau angegeben ist, was in den Futtermitteln enthalten sein muss. Diese Richtlinien sind frei im Internet verfügbar, und jeder Hersteller kann damit überprüfen, welche Anforderungen ein Futter erfüllen muss – allerdings muss er nicht nachweisen, dass sein Futter diesen Anforderungen auch entspricht. Daher gibt es zahlreiche Futtermittel auf dem Markt, die zwar als Alleinfuttermittel deklariert werden, aber gar keine sind. Ich habe einmal erlebt, dass ich bei einem Hersteller angerufen habe, weil ich die Analyse-Daten zu seinem Futter erfragen wollte, um zu wissen, ob im Futter wirklich die erforderliche Nährstoffdichte enthalten ist. Dieser Hersteller wusste tatsächlich gar nicht, dass es diese Leitlinien geschweige denn gesetzliche Vorgaben überhaupt gibt.

Das heißt: Man kann nicht sicher sein, dass ein Alleinfuttermittel wirklich ein Alleinfuttermittel ist?

Leider nein, denn eine Prüfung in dem Sinne vor Markteinführung ist nicht vorgesehen. Daher gibt es sicherlich zahlreiche Futtermittel, die zwar als Alleinfutter deklariert, aber keines sind. Erfahrungsgemäß sind das aber eher kleinere Hersteller, die vielleicht auch einen ganz anderen Hintergrund haben. Aus meiner eigenen Praxis weiß ich, dass viele Hersteller durchaus sehr seriös arbeiten, von sich aus und ganz freiwillig das Futter regelmäßig in Labore schicken und überprüfen lassen, etc. Das ist allerdings recht teuer, und nicht jedes Unternehmen kann sich das leisten.

Es gibt mittlerweile wahnsinnig viele Hundefuttersorten, gerade im „ambitionierten“ Bereich, aber es ist von außen schwer erkennbar, ob das Futter etwas taugt. Auch wenn immer gerne Tierärzte genannt werden, die an der Entwicklung des Futters beteiligt waren.

Das stimmt. Man weiß auch nicht immer, ob es ein Ernährungs-Tierarzt, also ein Fachtierarzt für Tierernährung war, oder ein normaler Tierarzt. Der kennt sich mit den Feinheiten der Ernährung einfach nicht so gut aus. Allein die deutsche Fachtierarztausbildung dauert vier Jahre. Meiner Erfahrung nach machen gerade die kleineren Unternehmen, die es eigentlich besonders gut meinen, sehr viel mehr Fehler – häufig aus Unwissenheit. Auch werden hier die Futtermittel weniger häufig geprüft als bei den großen Unternehmen.

Was kann der Verbraucher also tun?

Wenn man unsicher ist, kann man das Futter überprüfen lassen. Das muss man bei einer BARF- oder überhaupt selbst zubereiteten Ration ja im Grunde auch, um sicher zu sein, dass in der Ration alles drin ist, was der Hund braucht. Es gibt verschiedene auf Ernährung spezialisierte Tierärzte und Universitäten, die so etwas anbieten, die Analyse-Daten der Futterhersteller einholen, die Rationen für den jeweiligen Hund berechnen, etc. Der Preis liegt bei ca. 60-150 Euro, ja nach Fall und Aufwand.

Auf den Etiketten liest man auch gerne von „hervorragender Verdaulichkeit“.

Ja. Die Verdaulichkeit kann man nur mithilfe von Fütterungsversuchen feststellen. Mich ärgert das sehr, weil die Tierbesitzer mit solchen Behauptungen wirklich in die Irre geführt werden – ich kann nicht von einer hohen Verdaulichkeit sprechen, wenn das Futter nur vom Hund des Firmenbesitzers oder dem der besten Freundin ausprobiert wurde. Das ist keine Statistik. Um die Verdaulichkeit eines Futters zu bestimmen, muss man einen „Verdaulicheitsversuch“ machen. Der geht über mehrere Wochen und ist mit hohen Kosten allein schon für die ganze Laboranalyse verbunden. Universitäten machen das beispielsweise unter anderem und manche Hersteller haben auch ihre eigenen Tierhaltungen für so etwas.

Diese Verdaulichkeitsstudien sind das, was im Futtermittelbereich mit dem Wort „Tierversuche“ gemeint wird.

Richtig. Die „Verdaulichkeit“ muss in einem Tierversuch getestet werden – aber diese Tierversuche sind nicht zu vergleichen mit denen in der Pharmakologie. Die Hunde im Futtermittel-Versuchsbereich leben nicht ständig in engen Boxen, in denen sie kein Tageslicht zu sehen bekommen; sie leben wie normale Hunde meist im der Gruppe und haben auch Bezugspersonen. Weitere gängige Tierversuche sind Akzeptanzstudien, wo getestet wird wie das Futter dem Hund überhaupt schmeckt.
Es gibt natürlich auch Versuche, die der Grundlagenforschung dienen, aber auch die sind bei weitem nicht mit den Versuchen im Pharmabereich gleichzusetzen. Genau betrachtet ist eigentlich jedes Futter quasi indirekt auf Versuchen aufgebaut, denn ohne die wüsste man gar nichts über den Nährstoffbedarf.

Es bedeutet nicht, dass Hunden eine Niere entfernt wird, um herauszufinden, ob sie die neue Nierendiät des Herstellers vertragen. Das kann man einfacher über die Blutwerte erfahren.

Verdaulichkeitsstudien sehen so aus, dass mindestens sechs gesunde und ausgewachsene Hunde drei Tage lang angefüttert werden, damit das Verdauungssystem sich umstellen kann. Anschließend wird über mindestens vier Tage eine so genannte Bilanz erstellt, in dieser Zeit müssen die Hunde einzeln gehalten werden. Der Kot wird von jedem Hund gesammelt und qualitativ erfasst und außerdem auch die Kotbeschaffenheit beurteilt. Dann wird das Futter analysiert und auch der Kot, beides wird im Labor untersucht. Dann kann man anhand der Nährstoffe, die im Futter sind und der Menge der ausgeschiedenen Nährstoffe im Kot plus der Kotmenge errechnen, wie denn die Verdaulichkeit eines Futters ist. Bei einigen Herstellern muss man sich fragen, wie sie das meinen, wenn sie einfach behaupten, ihr Futter hätte so eine großartige Verdaulichkeit. Was heißt das? Liegt die Verdaulichkeit bei 80%? Bei 90%? Ein Unterschied von 10% kann schon die doppelte Kotmenge ausmachen. Gerade Premium-Futtersorten zielen auf so etwas ab. Wenn die Hersteller unterschiedliche Futterlinien herstellen, unterscheiden diese sich meistens dadurch, dass die Verdaulichkeit bei dem Premium-Futter höher ist. Bei einem großen Hund oder einem Stadthund macht das auch sehr viel aus, weil nur ein paar Prozent einen Riesen-Unterschied in der Kotmenge ausmachen, die der Besitzer ja aufsammeln muss.
Wenn also ein Hersteller behauptet, er mache keine Tierversuche, dann ist das kein Qualitätsmerkmal. Ich frage mich auch: Woher will er denn dann wissen, wie hoch die Verdaulichkeit seines Futters ist?

Ist es richtig, dass Hunde heutzutage aufgrund der Fertigfutterernährung viel mehr „Zivilisationskrankheiten“ haben, als früher?

Es ist eher umgekehrt: Hunde sind gesünder und leben länger als früher. Es gibt zahlreiche Studien die aufzeigen, dass unsere Heimtiere immer älter werden, weil Hunde eben deutlich besser ernährt werden als noch vor zwanzig, dreißig Jahren oder noch früher, weil man über ihre Ernährungsbedürfnisse viel besser Bescheid weiß. Auch, weil die Therapiemöglichkeiten viel besser geworden sind und man viele Krankheiten heute besser diagnostizieren und auch therapieren kann.

Allerdings scheinen die Allergien bei Hunden sehr stark zugenommen zu haben.

Den Eindruck habe ich auch. Andererseits sind Allergien momentan auch „in Mode“. Jedem Hund, der sich länger kratzt oder Durchfall hat, wird heute eine Allergie unterstellt. Dabei machen echte, immunologisch bedingte Allergien bei Hunden gerade mal 1% aus. Alles andere sind Unverträglichkeiten – das ist etwas ganz anderes. Da wird leider viel zu wenig unterschieden. Vielen Hunden geht es besser durch Rohfütterung, das ist nicht von der Hand zu weisen. Aber wenn der Hund das Rind aus der Dose nicht vertragen hat, das Rind in roher Fütterung aber schon – dann hatte er keine echte Allergie, sondern kann irgendwelche anderen Komponenten nicht vertragen, die in der Dose dem Rind beigemischt sind. Wenn ein Hund eine Allergie gegen Rind hat, dann ist es vollkommen egal, ob das Rind roh ist oder nicht.

In vielen Hundefutter-Dosen beträgt der ausgewiesene Fleischanteil auf den Etiketten 4%. Woraus besteht der Rest?

Das ist ein Deklarations-Überbleibsel aus dem alten Futtermittelgesetz – vor 2009. Wenn ich damals als Hersteller eine Zutat besonders hervorheben wollte, musste der Anteil dieser Zutat bei mindestens 4% liegen. Das bedeutet: Wenn auf der Dose „Hundefutter mit Huhn“ stand, dann mussten also wenigstens 4% Huhn darin enthalten sein im Verhältnis zu den übrigen, in dieser Dose verwendeten Fleischsorten. Es bedeutet nicht, dass nur 4% Fleisch in der Dose enthalten sind. In einer Dose ist immer viel viel mehr enthalten.

Ich habe auch noch nie eine Dose gesehen, die zu 80% aus Getreide oder Gemüse besteht.

Wenn heute auf einer Dose beispielsweise „Fleischtopf mit Pansen“ steht, dann muss hinten deklariert werden, wie viel Prozent des Inhalts Pansen ist – also beispielsweise 20%, wenn auch noch andere Organe im Futter verarbeitet wurden. Oder es werden gleich die einzelnen Fleischsorten wie Herz, Leber, Lunge, usw. deklariert. Das ist wichtig für Allergiker: In einer Dose, auf der „Wild mit Dinkel und Zucchini“ steht, darf darüber hinaus auch Rind, Weizen oder anderes mit dazu gemischt sein. Der Hersteller ist nicht zur Einzeldeklaration verpflichtet, aber neuerdings ist er zur Auskunft verpflichtet. Wenn Sie beim Hersteller anrufen, muss er Ihnen sagen, was in dem Futter an Fleischsorten enthalten ist.

Wie viel Fleisch braucht der Hund?

Das ist schwer zu beantworten. Ob er nun 70 Prozent Fleisch braucht oder 50 oder 30 Prozent, kann man so pauschal nicht sagen. Der Hund hat einen gewissen Bedarf an Eiweiß, um Körpersubstanz aufrecht zu erhalten, Haare, Muskeln, Organe etc. Um diese Substanz immerwährend zu erneuern, braucht der Körper Eiweißbausteine – und so viel Eiweiß braucht der Hund. Man kann tierisches Eiweiß ebenso verwenden wie auch pflanzliches. Die Qualität der Eiweißarten ist allerdings verschieden. Pflanzliche Eiweiße sind nicht so hochwertig wie tierische, weil ihnen häufig Aminosäuren fehlen, die der Hund braucht. Deshalb muss man pflanzliche Eiweiße also kombinieren. Die Ausnahme ist Soja, welches vom Aminosäuren-Muster her das pflanzliche Eiweiß mit der höchsten Qualität, deshalb findet es auch bei menschlichen Vegetariern häufig Verwendung.
Aus meiner Erfahrung mit hausgemachtem Futter weiß ich, dass das Verhältnis Fleisch/Gemüse/Kohlehydrate zumeist bei 50/20/30 liegt, was sicherlich auch eine preisliche Frage ist. In BARF-Rationen sind oft gar keine Kohlehydrate enthalten. Aber man kann nicht pauschal sagen, dass das eine besser ist als das andere. Der Eiweiß-Bedarf muss gedeckt sein. Um den zu decken, reichen zumeist aber auch 40% in der Ration aus. In der Praxis stellt man fest, dass die meisten Hunde überversorgt sind, was das Eiweiß betrifft. Überschüssiges Eiweiß wird nicht gespeichert, sondern verstoffwechselt, abgebaut, als Harnstoff ausgeschieden. Das ist nicht schlimm, der Stoffwechsel des Hundes ist darauf ausgerichtet, Eiweiß abzubauen. Der Hund ist kein Fleischfresser, sondern ein Fleisch-Allesfresser, so, wie der Mensch ein Allesfresser ist und Katzen reine Fleischfresser sind. Der Hund hat eine sehr hohe Verdauungskapazität für Stärke und sich ähnlich wie der Mensch im Zuge der Evolution auch an eine kohlenhydratreiche Ernährung angepasst, auch genetisch gesehen.

Die Zutatenlisten mancher so genannter „Premium-Futtersorten“ ist so lang, dass man sie dem eigenen Magen-Darmtrakt pro einzelner Mahlzeit lieber nicht zumuten würde. Wie viel Kräuter braucht der Hund? Hier habe ich eine Zutatenliste eines sehr beliebten Premium-Trockenfutters:

Frisches ausgelöstes Wildschwein (8%)*, frisches ausgelöstes Lamm (7,5%)*, frische Rindsleber (7,5%)*, frisches ausgelöstes Schweinefleisch (7,5%)*, Lammfleischmehl (7%), Erbsen, Lachsmehl (7%), Russet Kartoffeln, Heringmehl, frische ganze Eier*, frisches ausgelöstes Bison (4%)*, Kartoffelstärke, frischer grätenfreier Lachs*, pazifisches Fellchenmehl, frischer grätenfreier Zander*, Lachsöl (konserviert mit Tocopherol), sonnengereiftes Alfalfa, Erbsenfasern, getrocknetes biologisches Seegras, Kürbis, Zichorienwurzel, Karotten, Spinat, Stielmus, Äpfel, Moosbeeren, Heidelbeeren, Süssholzwurzel, Angelikawurzel, Bockshornklee, Ringelblume, süsser Fenchel, Pfefferminzblätter, Kamille, Löwenzahn, Bohnenkraut, Rosmarin, Vitamin A, Vitamin D3, Vitamin E, Niacin, Thiamin, Riboflavin, Kalzium, Pyridoxin, Folsäure, Biotin, Vitamin B12, Zink, Eisen, Mangan, Kupfer, Selen, Lactobacillus acidophilus, Enterococcus Faecium (Milchsäurebakterien).) Was halten Sie von dieser Zusammensetzung?

„Frisches Fleisch“ klingt schöner als Fleischmehl, was häufig in Trockenfutter verwendet wird. Wenn man sich hier die Mengenverhältnisse ausrechnet, ist der Fleischgehalt trotzdem nicht höher, als in einem Trockenfutter, das mit Fleischmehl arbeitet: Fleischmehl hat ca. 10% Wasser, frisches Fleisch enthält etwa 80% Wasser. Die vielen Zutaten sind allerdings tatsächlich bedenklich. Ich persönlich bin immer skeptisch, wenn die Hersteller große Mengen an Kräutern zufügen, ohne genau zu wissen, was es dem Hund bringt – es klingt nur gut für die Menschenohren.

Oregano hilft auch Hunden bei Durchfall. Aber warum gebe ich ihm Oregano täglich in seiner normalen Ration?

Das ist genau der Punkt: Heilkräuter sollen Heilen. Nur, weil eine Zutat „natürlich“ ist, ist sie nicht unter allen Umständen gesund oder unschädlich. Alle Kräuter, die ätherische Öle enthalten, wie Rosmarin, Kamille, Pfefferminz, Süßholzwurzel, sollte man eigentlich wenn überhaupt nur als Kur geben. Ein Hund ist kein kleiner Mensch. Hunde verstoffwechseln Dinge anders als Menschen, man denke hier nur an Schokolade oder Weintrauben, die für Hunde tödlich sein können. Bei unzähligen Kräutern gibt es keine genauen Untersuchungen, also weiß man nicht genau, wie sie beim Hund in bestimmten Kombinationen wirken. Zumal sich die Wirkstoffe von Knoblauch oder Rosmarin durch Erhitzung auch verändern, aber inwiefern sich das auf den Hund auswirkt, weiß auch keiner. Nur weil etwas vermeintlich natürlich ist, ist es deshalb aber noch nicht ungefährlich.

Ich finde auch diese Menge an Zutaten für eine einzige Mahlzeit bedenklich. Wildschwein und Lachs und Rinderleber und Schweinefleisch und Lammfleisch, Bison, Eier, Zander, noch andere Fischsorten – elf verschiedene Proteinquellen und vierzehn verschiedene Gemüsesorten. Kann das gesund sein?

Gerade im Zuge der Unverträglichkeiten ist so ein Futter eine Katastrophe. Der arme Tierarzt, der hier nun herausfinden soll, gegen welche Proteinquelle der Hund möglicherweise allergisch ist. Übrigens sind alle Zutaten in dieser Liste, die nach „Rosmarin“ aufgelistet werden, eigentlich Zusatzstoffe. Die haben in der Inhaltsliste gar nichts zu suchen. Vitamine und Mineralien werden als „ernährungsphysiologische Zusatzstoffe“ bezeichnet, und dazu gehören auch die Spurenelemente und Vitamine – die müssen auch als solche deklariert werden und mit der jeweiligen Menge angegeben werden.

Wenn der Hund glänzt – heißt das, er ist gesund und bekommt ein optimales Futter?

Nein. Es heißt lediglich, dass er in ausreichender Menge Öl bzw. essentielle Fettsäuren in sein Futter bekommt. Mehr nicht.

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