Jäger und Hundebesitzer – natürliche Feinde?

11896251_1650660631887342_7640507784826785662_nVor ein paar Tagen stand diese Meldung in der Zeitung. Sie wurde auf Facebook gepostet, und anschließend  gingen die Beschimpfungen los gegen den Jäger, der Hundebesitzer wurde als Held stilisiert.

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Ich verstehe das nicht. Ich kann nicht begreifen, dass man es gut heißt, wenn jemand eine so niedrige Reizschwelle hat, dass er einen anderen vom Hochsitz drischt, dessen Waffe vernichtet und dessen Handy wegwirft. Der Jäger hat dem Hundebesitzer gedroht – das darf er nun mal im Rahmen einer Ermahnung. Keine Ahnung, was vorher schon ablief anstatt einer gepflegten Unterhaltung: Vielleicht hat der Jäger ja auch nur gesagt, der Mann möge seinen Hund anleinen, und weil diese Aufforderung „von oben herab“ kam, nämlich vom Hochsitz aus, ist der Hundebesitzer, der offenbar wenig Impulskontrolle hatte, gleich verbal ausfällig geworden. Der Jäger war sicherlich undiplomatisch – aber, mit Verlaub: Das war der Hundebesitzer ja wohl erst recht. Und Tierschutz hört nun einmal nicht beim eigenen Hund auf.

Bei aller Liebe zum Hund und zur Freiheit dürfen wir nicht vergessen, dass wir uns in Wald und Flur im Wohnzimmer des heimischen Wildes bewegen. Wir sind dort zu Besuch und müssen uns entsprechend rücksichtsvoll verhalten – wir haben es unsererseits ja auch nicht gerne, wenn Fremde in unserem Wohnzimmer herumstapfen, ihre Schuhe auf unser Sofa legen und sich so benehmen, dass wir uns in unserem eigenen Zuhause nicht mehr wohlfühlen.

Es ist nicht unser Wald. Wenn uns ein Jäger ermahnt, müssen wir uns an seine Bitten halten – auch wenn sie häufig nicht gerade diplomatisch geäußert werden. Man muss sich auch vorstellen, dass ein Jäger gesetzlich verpflichtet ist, eine festgelegte Anzahl an Wild pro Jahr abzuschießen – und da hat er es nun endlich geschafft, sich ein Zeitfenster freizuräumen, sitzt endlich auf dem Hochsitz und wartet womöglich schon seit Stunden auf bestimmtes Wild – und da marschiert ein Hundehalter mit seinen Hunden munter pfeifend und rufend durch den Wald, und das Wild macht, dass es auf und davon geht. Dass der Jäger sich darüber nicht freut, lässt sich nachvollziehen.

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Foto: N. Munninger

Ganz egal, wie man zur Jagd und zu Jägern steht: Er hat im Wald mehr Rechte als wir. Der Jäger muss und soll per Gesetz die Rechte des Wilds verteidigen. Der Hundehalter will die Rechte seines Hundes verteidigen, die durch Leinenzwang und Hundeverordnungen sowieso so eingeschränkt werden, dass es fast nur mit sorgfältiger Planung und einem gewissen Mut zum Ungehorsam möglich ist, seinen Hund wirklich artgerecht zu halten.

Die Interessen von Jäger und Hundehalter scheinen grundsätzlich unvereinbar.

Es gibt zweifellos Vollidioten unter den Jägern, genauso wie es Vollidioten unter den Hundehaltern, den Fahrradfahren, den Müttern und Apothekern gibt. Zweifellos richtet die Landwirtschaft viel größeren Schaden beim Wild an, als es ein paar freilaufende Hunde tun – von den jählichen Wildunfällen durch Autoverkehr ganz zu schweigen.

Tatsache ist aber: Der Jäger ist verpflichtet, den Hundehalter auf die Vorschriften zum Schutz des Wildes hinzuweisen, er muss (§ 19 a BJagdG) darauf „hinwirken“, dass Waldbesucher die Vorschriften, die zum Schutz des Wilders erlassen wurden, auch einhalten. Wenn ein Polizist sieht, dass Sie im Halteverbot parken, hat er gar keine andere Wahl, als Sie auf Ihren Verstoß hinzuweisen.

So geht es dem Jäger auch. Ihn dafür anzuschnauzen, hilft der Situation auch nicht weiter.

Tatsache ist auch, dass sehr viele Jäger selber Hunde haben – und nicht zuletzt deshalb gut wissen, wie miserabel Hunde erzogen sein können. Jeder, der viel im Wald zu tun hat, hat schon Wild gefunden, das angefahren oder gerissen wurde, oder angefahren und anschließend von Hunden gerissen wurde. Oft ist es dann noch lange nicht tot – ein Anblick, der nicht nur Spaziergängern durch Mark und Bein geht, sondern auch Jägern und Forstbeamten, die durchaus geübt sein sollten im Töten. Aber an Leiden gewöhnt man sich nicht, und das ist auch gut so.

 - und tschüß!

– und tschüß!

Aber Jäger schießen auf Hunde!

Hundebesitzer und Jäger begegnen sich grundsätzlich niemals unvoreingenommen friedlich, sondern immer in der Erwartung, dass es jetzt Ärger gibt. Der Jäger, weil er dem Hundebesitzer sagen muss, dass er seinen Hund nicht durchs Unterholz/über die Frühlingswiesen/ im Dunkeln durch den Wald rennen lassen soll, der Hundebesitzer, weil er seinem Hund Freilauf ermöglichen möchte, obwohl er weiß, dass er gerade etwas Unrechtes tut und außerdem gehört hat, das Jäger Hunde schießen. Hundebesitzer und Jäger begegnen dabei immer dem jeweiligen Vorurteil, das sie über den anderen haben.

In Wirklichkeit schießen Jäger so gut wie nie auf Hunde. Die Fälle, die man zu hören bekommt, sind unglaublich selten angesichts der Zahl von ca. 350 000 Jäger in Deutschland (Zahl von 2014, veröffentlicht durch den DJV), die potentiell legalen Zugriff auf Waffen haben.

Zum Erschießen eines Hunde braucht man erst einmal die geeignete Waffe. Dann muss der Schütze auch noch im richtigen Abstand zum Hund stehen – was auch eher selten ist. Und dann muss er auch noch treffen… Und wenn er dann schießt, ist der Teufel los. Denn die Tötung eines – aktiv wildernden – Hundes ist so eingegrenzt, dass das Ganze üble Folgen für den Jäger hat, wenn der Abschuss nicht 100 prozentig durch den Jagdschutz gedeckt ist. Was sie zumeist nicht ist.

Nach § 23 BJagdG muss das Wild gegenüber den ihm drohenden Gefahren, wie insbesondere vor wildernden Hunden, geschützt werden.

Laut § 25 Abs. 4 wird den „zur Ausübung des Jagdschutzes berechtigten Personen“ grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt, einen aktiv wildernden Hund zu erschießen. Ab wann ein Hund wildert, ist auch gesetzlich festgelegt: Hunde gelten dann als wildernd, wenn sie „im Jagdbezirk außerhalb der Einwirkung ihres Führers Wild aufsuchen, verfolgen oder reißen“. Der Hund muss also eine gegenwärtige Gefahr für das Wild sein, denn nicht jeder im Jagdbezirk freilaufende Hund löst das „Jagdschutzbedürfnis“ aus: Nicht der Hund also, der sich lediglich in das Revier verirrt hat und erkennbar nicht wildert, sondern nach Hause will. Auch von einem Dackel, der ein gesundes Reh verfolgt, geht keine Gefährdung aus, und auch von keinem Pekinesen – egal, ob er so tut, als sei der der König der Löwen. „Eine Gefahr für das Wild besteht auch dann nicht, wenn es sich um einen Hund handelt, der bereits nach seiner körperlichen Beschaffenheit und Konstitution ersichtlich nicht in der Lage ist, dem Wild nachzustellen und zwar in einem nennenswerten Ausmaß“ – also kein alter, kein erschöpfter, kein stark lahmender Hund.

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Bei der Ausübung der so genannten „Tötungsbefugnis“ ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Die Tötung muss also zum Schutz des Wildes erforderlich sein, d.h., der Hund muss zum Zeitpunkt der Tötung tatsächlich eine Gefahr für das Wild sein, während gleichzeitig keine anderen, milderen Maßnahmen möglich sein dürfen, um den Hund vom Wildern abzuhalten und das Wild zu schützen.

Das Zauberwort ist der „Einflussbereich des Hundeführers“ – und der lässt sich nicht auf einen bestimmten Abstand des Hundes zu seinem Menschen festlegen. Der Jäger muss also sorgfältig prüfen, ob der Herr des Hundes in der Nähe ist und ggf. auf seinen Hund einwirken kann (was allerdings gegeben wäre, wenn der Besitzer sichtbar brüllt und pfeift, während der Hund mit flatternden Ohren hinter Wild her rennt).

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Eine vom Jagdschutz nicht gedeckte Tötung kann des Weiteren auch nach § 17 TierSchG bestraft werden. Durch eine „mangelnde Tötungsbefugnis“ macht sich der Jäger nicht nur strafbar und gegenüber dem Eigentümer des Hundes schadensersatzpflichtig, sondern riskiert vielmehr durch sein unüberlegtes Handeln auch den Verlust seines Jagdscheines wegen „Vermutung der Unzuverlässigkeit“(§ 5 WaffG). Waffenbesitzkarte und Jagdschein werden dann für ungültig erklärt und entzogen.

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Sollte Ihnen ein solcher Fall zu Ohren kommen, müssen Sie unbedingt handeln. Erhebliche Verstöße gegen geschriebene oder ungeschriebene Regeln der Waidgerechtigkeit sind keine “Kavaliersdelikte“ und sollten deshalb dem Jagdverband und der zuständigen Jagdbehörde zur Kenntnis gebracht werden, damit die erforderlichen Schritte eingeleitet werden können, um Wiederholungen auszuschließen.

 

 

 

 

 

 

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