Diese Kolumne ist ein gefundenes Fressen

Mit den ersten wärmeren Sonnenstrahlen wird in allen deutschen Parks die Picknick-Saison eröffnet. Für Hunde ist das ein Fest, denn immer nur Frischfleisch, Gemüse, Markknochen, ökologisch ausgewogene Vollnahrung und ähnlich gesundes Zeug mag ja Hundehalter zufriedenstellen, aber ein ordentlicher Hund wünscht sich doch vielfältigere Kost. Frühling in der Großstadt macht’s möglich, denn der durchschnittliche Städter läßt alles, was er nicht aufessen will, einfach unter sich fallen – am Straßenrand, auf Grünflächen und unter Parkbänken
– alte Pizza, vergammelte Döner, angelutschte Bonbons, halbvolle Chipstüten. Allein auf dem kurzen Weg in den morgendlichen Park heute früh haben meine Hunde Folgendes gefunden: ein
halbes Schulbrot, Linsensuppe mit Würstchen unter einem Baum, und ein paar Büsche weiter einen Haufen altes Brot. Auf der Wiese im Park fanden sie zwischen lauter Flaschen, mit denen sie nichts anfangen konnten, Berge von Papptellern mit Mayokrusten, ein Baguette mit Kräuterkäse,
verschiedene Plastikschalen mit Aufschnittresten, eine halbe Currywurst, ein Plastikschälchen mit geschmolzenem Schoko-Eis, eine dreiviertel Tüte Erdnussflips über den Rasen
verteilt und neben dem Spielplatz eine ganze Pizza. Mmhm. Mit Salami und Karton. Den überließ meine schwarze Pudelin Luise gnädig ihren Kollegen Ida und Fritz zum Auslecken, sie selber musste sowieso schon dauernd aufstoßen nach der halben Schoko-Geburtstagstorte, die sie in den Büschen fand. Zumindest hoffe ich, dass es eine Schokotorte war. FZ077792
Im Sommer braucht man die Hunde also viel weniger zu füttern, weil sie sich bei jedem Morgenspaziergang den Magen vollschlagen. In manchen Städten werden Gärtner und Müllsammler für einen Sonderzuschlag schon im Morgengrauen losgeschickt, um die nachfolgenden Parkbesucher nicht unnötig zu erregen (wenn die erst wüssten, was da alles in den Büschen liegen bleibt – aber das wissen eben nur Hundebesitzer. Und die, die sich vorher in den Büschen herumgedrückt haben). Auch im Berliner Tiergarten zwischen Philharmonie und Kanzleramt wird ab sechs Uhr morgens alles entfernt, was nicht angewachsen ist, der Touristen wegen, oder um das ästhetische Gefühl der Politiker nicht zu stören, wenn die aus dem Fenster der Regierungsgebäude schauen. Andere Stadtteile haben diesen Luxus nicht. Dort wird der Müll von Wiesen, Bänken und aus
Mülleimern nur zweimal in der Woche entfernt. Die Hunde stört das nicht:
Wenn es nach ihnen ginge, würden die Städte gerade in diesem Bereich streng sparen und die Resteverwertung komplett ihren kaniden Bewohnern überlassen.
Die Hundebesitzer sind möglicherweise ein bisschen gestresst, weil sie ihren Hunden ständig Plastikwurstpellen aus dem Rachen ziehen oder sie zum Tierarzt fahren müssen, weil sie sich in zerschmissenen Wodka- oder Bierflaschen die Pfoten aufgeschnitten haben, aber hey – Hundebesitzer sind abgehärtet. Sie sind seit Jahren gewohnt, für jeden einzelnen Hundehaufen im Umkreis von 15km verantwortlich gemacht zu werden, auch für die, die hinterlassen wurden, während sie nachweislich mitsamt Hund vier Wochen verreist waren. Man nennt das Sippenhaft.
Es wäre wahrscheinlich kleinlich, sich Sippenhaft für Picknicker zu wünschen, oder? Aber wie wäre es mit ein bisschen Leinenzwang für Griller?

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