Prachtkerle gibt es nur im Fernsehen

bildvom 14.6.2009
Meine Hunde verführen häufig andere Leute zu Hundehalter-Fantasien: Wer sie nur ab und zu sieht, könnte das Leben mit ihnen mit einer Hundefutter-Werbung verwechseln. Sie wissen schon: In der ein frischgewaschenes Hündchen gutgelaunt angehüpft kommt und manierlich ein Tellerchen mit Hundefutter mit Petersilien-Deko verspeist und anschließend immer noch ganz sauber mit seinem Frauchen auf dem weißen Sofa ein Buch liest. Das ist der Tunnelblick in die Hundefantasien von Leuten, die keinen Hund haben und nicht ahnen, dass Hundehaltung zu einem großen Teil auch darin besteht, Sand und gelbe Pfützen wegzuwischen, im strömenden Regen oder bei Eiseskälte draußen herumzurennen und von den Nachbarn für jeden Hundehaufen im Umkreis von 15km verantwortlich gemacht zu werden. Wer sich einen Hund wünscht, träumt vom Perfekten Hund, der innerhalb von zwei Tagen stubenrein wird, nie mit anderen Hunden streitet, sich nicht in grauenvollen Dingen wälzt, sondern mit jeder Faser seines Herzen seinen Herrn liebt, Kleinkinder vor dem tosenden Verkehr rettet und 1000 Kilometer durch Schneestürme zurücklegt, um seinen Herrn wiederzufinden, der ihn versehentlich am Nordpol zurückgelassen hat. So einen Hund hätte ich auch gern. Meine Hunde würden zum nächsten Supermarkt laufen und sich dort einmieten.
Und der Fehler liegt nicht bei meinen Hunden: Den Perfekten Hund gibt es nicht. Ebenso wenig, wie es den perfekten Mann oder die perfekte Frau gibt. Wir müssten es doch längst besser wissen: Nur, weil sie uns in der Werbung so gut gefallen, laufen wir doch nicht los und suchen uns das Ebenbild von George Clooney oder Heidi Klum (sehen Sie sich die Leute mal genauer an, die sich hauptsächlich von Espresso und Hamburgern ernähren: In Wirklichkeit riechen die komisch) – und wenn, wäre das ein Beweis, dass wir entweder erst dreizehneinhalb sind oder ernsthafte psychologische Unterstützung benötigen.
Nur bei Hunden findet keiner etwas dabei. Da wird ein Border Collie gekauft, weil er in „Schweinchen Babe“ so klug wirkt – das ist er auch, aber er wurde dafür gezüchtet, am Tag 2000 Schafe über weite Strecken zu treiben: Wer kann ihm das im normalen Leben schon bieten? Oder der Australian Shepherd, der bei Günther Jauch 140 Worte unterscheiden konnte – sind Sie einem Genie zeitlich gewachsen? Der schnittige Husky mit den stahlblauen Augen – dafür da, über hunderte von Kilometer Hundeschlitten in der Arktis zu ziehen: Der soll nun damit zufrieden sein, in warmen Gefilden durch die Fußgängerzonen zu schreiten?
Den Perfekten Hund kann man sich nicht kaufen, den perfekten Hund muß man sich erziehen. Man muss mit ihm spielen, ihn ausbilden, man muß sich genau überlegen, welche Sorte Hund in das eigene Leben passt. Den richtigen Hund zu lieben ist leicht; die, die dann eben doch nicht passten, findet man später in Tierheimen. Dabei würde jeder von denen zu jemand anderem passen.
Das Leben ist keine Cesar-Reklame. Sogar von meinen Hunden, die ich normalerweise für mein Besseres Selbst halte, ist einmal in der Woche einer zur Adoption frei, weil er mit Matschpfoten übers Sofa gelaufen ist oder das Roastbeef für die Gäste gefressen und sich anschließend auf dem Teppich übergeben hat. Ich übertreibe natürlich. Aber nicht sehr.
Ich gebe zu: Keinen Mann habe ich so akribisch auf Charakterstärke, Beschäftigungsanspruch und Liebesfähigkeit getestet wie meine Hunde. Aber ich kenne auch wenige Beziehungen, die fünfzehn Jahre lang so glücklich waren, wie die zu meinen Hunden.

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