Rufmord ist auch keine Lösung: Der Deutsche Schäferhund

bildvom 6.11.2011

Beliebtheit kann große Nachteile haben. Man wünscht sie sich, setzt sich zum Ziel, beliebt zu sein, von allen geliebt – und wenn man dann ein Star ist, gibt es Nebenwirkungen, mit denen keiner gerechnet hat. So erging es auch dem Deutschen Schäferhund. Er ist weltweit der bekannteste aller Hunde, der King, der Superstar der Kaniden, so, wie Elvis der Superstar der Musikwelt war, auch wenn ab irgendeinem Punkt irgendwas mit ihm nicht mehr stimmte. „Seine guten Tage sind vorüber“, schrieb die alte, ehrwürdige New York Times vor einem Monat als eine Art Nachruf auf den Schäferhund, „Dick und doof“ urteilte kürzlich auch der Spiegel über den Schäferhund. Zu lahm sei der populärste aller Gebrauchshunde, zu krank, zu dusselig, die Polizei würde sich gar von ihm abkehren, ihm, dem Synonym für Polizei- und Schutzhund, und sich stattdessen lieber auf den Belgischen Schäferhund verlassen.
Ganz so ist die Geschichte aber nicht. Der Deutsche Schäferhund existiert seit Ende des 19. Jahrhundert, als ein Rittmeister von Stephanitz einen „idealen“ Hund schaffen wollte, belastbar, athletisch, klug, wachsam und menschenbezogen. Alle diese Tugenden und noch ein paar, die sich der Deutsche selber auch immer wünschte, besaß dieser Hund, und so begann sein Triumphzug. Weltweit gilt der Schäferhund als Über-Hund, in den USA ist er auf dem dritten Platz der beliebtesten 10 Hunde, in China und den arabischen Ländern werden bizarre Summen von bis zu 200 000 Dollar für Schäferhunde gezahlt – wenn sie aus Deutschland kommen.
Aber Hunderassen sind keine Marken wie Adidas oder Prada. Es tut ihnen nicht gut, wenn sie modisch werden. Skrupellose Züchter züchteten zu viel, zu schnell und ohne darauf zu achten, ob die Elterntiere genetisch überhaupt zu einander passten. Aber die großen Probleme mit Hüften und anderen Gelenken hat man mittlerweile durch straffe Zuchtordnungen wieder gut in den Griff bekommen. Natürlich ist die übertriebene Schönheitszucht ist kritisch zu sehen: aber wer einen Hund aus einer ausgesprochenen Schönheits-Zucht nimmt, weiß doch, dass der Hund möglicherweise nicht so leistungsfähig ist wie sein etwas proletarischerer Kollege (wer darauf besteht, Kate Moss zur Mutter seiner Kinder zu machen, rechnet ja auch nicht damit, dass die Kinder Nobelpreisträger in Physik werden). Aus diesen Zuchten kamen Polizeihunde sowieso nie: Das bescheidene Budget für Polizeihunde liegt bei 400-600 Eur, dementsprechend kommen die Hunde nicht von namhaften Züchtern, sondern von Händlern, sind quadratisch, dunkler und taff. Der belgische Malinois, der zusätzlich zum Deutschen Schäferhund schon seit vielen Jahren bei der Polizei geführt wird, ist ein Hund für andere Aufgaben, mit vielen der gesundheitlichen Probleme, die der Deutsche Schäferhund längst hinter sich hat: „Es gibt furchtbar viele schlechte Malinois“, sagte mir ein Polizeihundeführer der Hamburger Diensthundestaffel, der beide Rassen besitzt: „Die Holländer züchten Malis wie Tomaten.“ Zudem ist er ein schwieriger Hund, ausgesprochen triebhaft, oft hysterisch und schwer zu disziplinieren, der extrem erfahren und sensibel ausgebildet werden will, sonst zeigt er Konzentrationsprobleme, weil er sich furchtbar aufregt und zu viel auf einmal will. Ein hervorragender Leichensuchhund, aber z.B. bei Demonstrationen nicht zu gebrauchen: Fünf Stunden ruhig Herumstehen, bis es losgeht, schafft der Malinois nicht, der ist nervlich am Ende, wenn es endlich losgeht. Der Deutsche Schäferhund ist dagegen immer noch sehr „umweltsicher“: Keine Kampfmaschine also, sondern gleichmäßig und zuverlässig bei der Arbeit. Und viel besser als sein Ruf.

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