Ich war wie jeden Tag mit meinen Hunden in den Feldern, als wir einen jungen Mann mit einem relativ jungen schwarzen Flat Coated Retriever trafen (was ungefähr aussieht wie ein Golden Retriever in schwarz). Sein Hund spielte begeistert mit meinen, vor allem die etwa gleichaltrige Gretel hatte es ihm angetan: Die beiden rasten wie die Pfeile durch die Wiesen, Hügel hinauf und wieder hinab, die Zungen hingen weit aus dem Maul, sie sahen aus, als würden sie lachen. Nach einer Weile wollte der Mann weiter, er rief seinen Hund, der nicht mitkommen wollte: Er amüsierte sich zu gut. Der Mann rief erneut, der Hund trennte sich zögernd und lief ihm hinterher – um plötzlich auf dem Absatz kehrt zu machen und wieder zu uns zu rennen, in der Hoffnung, vielleicht noch eine kleine, rasante Runde mit Gretel drehen zu können. Da hatte er die Rechnung ohne seinen Herrn gemacht, der wie ein aufgebrachter Truthahn rotgesichtig und schnaubend vor Wut angerast kam. Er riß den großen Hund auf den Rücken, packte ihn mit Würgegriff an der Kehle und brüllte seinen Hund an. Ich fragte ihn, was er da täte, ob er seinen Hund umbringen wolle. Der muss lernen, dass er zu gehorchen hat!“ schrie der Mann mich an, weil er gerade so schön den Gang drin hatte. Ich bin leider nicht stark genug, dasselbe bei dem Mann zu machen, was er gerade seinem Hund antat – in anderen Fällen hat das durchaus schon gewirkt.
Es gibt keine Entschuldigung dafür, einem Hund Todesangst einzujagen. Solche Lernmethoden gehörten in die Weimarer Republik. Natürlich muss ein Hund lernen, auch unter Ablenkung zu gehorchen – aber mit Methoden wie auf den Rücken werfen, den Hund schütteln, würgen oder grob an der Schnauze packen lehren ihn nur, den Menschen zu fürchten, was früher oder später zu Angstaggression führen kann.
Hunde können nichts für unsere unrealistischen Erwartungen an sie. Ein einjähriger Hund lässt sich eben ablenken – wie achtjährige Kinder auch. Die Grundlage für Freundschaften zwischen Menschen ist die realistische Einschätzung, wer der andere ist (und wer nicht). Das Gleiche gilt für unsere Hunde. Wenn wir einen Hund in unser Leben lassen, können wir mit ihm entweder eine tiefe, zuverlässige Freundschaft aufbauen, oder das Ganze in Unsicherheit und Distanziertheit driften lassen. Die Freundschaft, die wir aufbauen, ist nur so gut wie unsere Fähigkeit, die Bedürfnisse unseres Hundes zu verstehen und nach besten Möglichkeiten zu erfüllen. Freundschaften sind wie zusammen tanzen. Beide Tanzpartner müssen die Schritte lernen und sich aufeinander einstellen – und dann wird das Ganze eine wundervolle, anmutige, fließende Zusammenspiel. Ich würde mein Leben lieber mit Gene Kelly teilen als mit Charles Bronson, Sie nicht?