217 Welpen aus Transporter in Bayern gerettet – Umweltministerin will sie in Ursprungsländer zurück schicken

Auf Anweisung des Ministeriums für Landwirtschaft sollen 217 Schmuggel-Welpen an die Händler zurückgegeben werden

Bei Grenzkontrollen entlang der bayerischen Landesgrenzen zu den EU-Partnern kommt es mittlerweile vermehrt zu Entdeckungen illegalen Tierhandels. Am verganenen Freitag wurden In Bayern insgesamt 217 Hundewelpen, 50 Zebrafinken und 20 Schildkröten in zum Teil besorgniserregenden Zustand beschlagnahmt. Die stark geschwächten und sehr verängstigten Welpen wurden zunächst von der Polizei sichergestellt und dann sofort vom Tierschutzverein Bad Reichenhall erstversorgt. Danach wurden alle Tiere auf Mitgliedstierheime des Landesverbandes im Deutschen Tierschutzbund aufgeteilt und abgeholt. Bis in den späten Morgenstunden waren die ehrenamtlichen Helfer und Vereinsmitglieder unterwegs, um für den sicheren und schnellen Transport der Tiere zu sorgen.

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Was die Tierheime in solchen Fällen leisten müssen, ist enorm. Viele Tierschützer kommen an ihre Belastungsgrenzen, denn die Hauptarbeit beginnt eigentlich erst nach der Rettungsaktion. Die Tiere müssen medizinisch versorgt werden und stehen aufgrund ihres sehr jungen Alters unter ständiger Beobachtung. Viele sind krank und schwach und brauchen ganz besondere Aufmerksamkeit. Die für einen Transport viel zu jungen, zumeist kranken Welpen werden u.a. in den Quarantänestationen der Tierheime betreut. Durch die Rettungsaktionen sind die bayerischen Tierheime jetzt an der Grenze ihrer Kapazitäten – gerade Welpen bedürfen einer aufwändigen Zuwendung und Pflege.Bildschirmfoto 2015-12-16 um 13.21.51

Nun soll es angeblich Rückführungsplänen für die beschlagnahmten Tierkinder geben.

Das Tierseuchenreferat des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft in Bonn hat den Veterinären mitgeteilt, dass nach juristischer Prüfung alle Welpen der letzten beiden Tiertransporte nach Ungarn bzw. in die Slowakei zurückgeschickt werden können, sofern sie transportfähig sind. Die Entscheidung muss allerdings durch die örtlichen Behörden vollzogen werden.

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Wie sollen diese Landschildkröten – die jetzt längst Winterschlaf halten müssten – einen Transport zurück nach Slowenien überstehen?

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Wie will man gewährleisten, dass diese Menge an Zebrafinken einen weiteren Transport zurück ins Ursprungsland überleben?

Die zuständige Umweltministerin Bayerns, Ulrike Scharf (CSU), setzt sich stark dafür ein, den Rücktransport der winzigen, malträtierten Welpen zu organisieren – dies lässt sich aus einer Verfügung der örtlichen Veterinärbehörden schließen, die dem Deutschen Tierschutzbund vorliegt. Als eine ihrer Begründungen für ihren erstaunlichen Plan führt sie an, man müsse schließlich sicher stellen, dass die bayerischen Tierheime so entlastet würden, dass sie weiterhin Tiere aus Bayern aufnehmen könnten.    Bildschirmfoto 2015-12-16 um 13.22.04

Das perfide daran ist, dass das Land Bayern sich seit vielen Jahren trotz immer wiederkehrender Klagen sich für die bedrohte Lage der Tierheime schlicht nicht interessiert hat. Der ehemalige Umweltminister und heutige Finanzminister Markus Söder (CSU) (der auch in München unbedingt den Leinenzwang einführen wollte) hatte sich strikt geweigert, sich um die miserable Infrastruktur der bayerischen Tierheime zu kümmern. Nun werden die Folgen deutlich: Es fehlt an Quarantäne- und Krankenstationen sowie Zwingern für die große Zahl der Tiere. Und das, obwohl seit Jahren klar ist, dass die Aufnahmekapazitäten der Tierheime aufgrund des illegalen Tierhandels längst nicht mehr ausreichen. Nun hat die bayerische Landesregierung keinen Notfallplan und versucht, die Betreuungs- und Zahlungspflicht loszuwerden – indem die Ministerin ausgerechnet die schlechte Lage der Tierheime anführt, die die Landesregierung selbst verursacht hat. Das nennt man dann wohl grandios gescheiterte Politik.  Bildschirmfoto 2015-12-16 um 13.21.42

„Der Deutsche Tierschutzbund und sein Landesverband Bayern haben schon vor Jahren und bis heute gemahnt, dass der Freistaat und die Kommunen im Land dringend in die Tierheim-Infrastruktur investieren müssen“, sagt auch der Thomas Schröder, der Präsident vom Deutschen Tierschutzbund e.V., der gar den Rücktritt von Ulrike Scharf fordert. „Die Umweltministerin ist fachlich völlig überfordert. Wir brauchen dringend einen Maßnahmenplan der Landesregierung, der mit den Tierheimen und den Grenz- und Veterinärbehörden abgesprochen ist, wie der praktische Tierschutz in Bayern jetzt stabilisiert werden kann. Denn Fakt ist, dass als Folge des bisher planlosen Vorgehens von Umweltministerin Ulrike Scharf der Kollaps des praktischen Tierschutzes in Bayern bevorsteht.“
Die meisten der Tierheime, auf die die beschlagnahmten Tiere verteilt wurden, werden bei dem Rücktransport natürlich nicht mitmachen – ihnen geht es schließlich – im Gegensatz zur Tierschutzministerin – um den Schutz der ihnen anvertrauten Tiere.

Daniela Wöhrl

Daniela Wöhrl

 

Die Präsidentin des Tierheims Nürnberg, Daniela Wöhrl, wo 34 Hundewelpen, sämtliche Zebrafinken und alle Pantherschildkröten aufgenommen wurden, schrieb heute auf Facebook: „Ich werde es sicherlich nicht zulassen, dass die leidgebeutelten Welpen an die verantwortungslosen und verbrecherischen Händler zurückgegeben werden. Wir werden alles daran setzen, die bei uns aufgenommenen Tiere wieder aufzupäppeln und sie tierärztlich und pflegerisch so zu versorgen, dass sie eine Chance zum Überleben haben. Auch aus tierschutzrechtlicher Sicht wäre ein Rücktransport das absolut falsche Signal.“
Mich machen diese nie aufhörenden Meldungen unendlich traurig. Jeder denkende, fühlende Mensch, der Hunde liebt, muss doch endlich begriffen haben, dass man keine gut aufgezogenen Welpen und Junghunde über Ebay-Kleinanzeigen bekommt! Seit Jahren wird darüber geschrieben (ich allein habe mindestens vier Artikel darüber verfasst), werden auf Facebook Kampagnen veröffentlicht, und nicht nur in Hundezeitschriften, sondern in ganz normalen Zeitschriften und Zeitungen wird immer wieder über das Elend der Welpen von solchen Händlern berichtet. Und trotzdem hört es nicht auf. Und trotzdem suchen Schnäppchenjäger nach billigen Hunden – in diesem Transport gab Pommeranier, Berner Sennenhunde, Kurzhaarteckel, Havaneser, Huskys, Weimaraner und blau-weiße Pit Bulls – für jeden Geschmack etwas dabei! Wie kommt es, dass man – auch wenn einem der Weimaraner Club erklärt, die Rasse eigne sich nicht unbedingt als Familienhund (immerhin Leute, die sich seit 40 und mehr Jahren mit ihren Rassen beschäftigen) – einfach nicht auf diese Leute hört und dann eben nach einem Weimaraner aus dunklen Kanälen sucht? Wozu einen Rassehund, wenn man beim besten Willen nicht wissen kann, ob er so wird, wie man sich das bei einer bestimmten Rasse wünscht, weil Vermehrer natürlich nicht darauf achten, die idealen Elternterie mit den idealen Eigenschaften zu verpaaren? Wieso glaubt irgendjemand, dass ein Berner Sennenhundwelpe, der 400 Euro kostet, gesund sein kann, von gesunden, auf Erbdefekte überprüften Eltern abstammen kann, deren Wesen nichts zu wünschen übrig lässt? Warum denken gerade Leute, die sich nicht mit Hunden auskennen, sie könnten Defizite in der Aufzucht schon irgendwie ausgleichen? Jeder von uns hatte doch Biologie-Unterricht, jeder von uns hat schon irgendwas von Genetik gehört. Oder setzt das Gehirn einfach aus, wenn man etwas „haben“ will?

Denn nicht den Vermehrern muss man den Vorwurf machen – sondern den (verzeihen Sie meine Ausrucksweise) Vollidioten, die diese Welpen kaufen. Denn die Nachfrage bestimmt den Markt. Gäbe es niemanden, der diese Welpen abnimmt, würden sie nicht in so ungeheuerlichen Mengen unter ungeheuerlichen Bedingungen produziert. Aber die Leute, die mit solchen Welpen ihre schrecklichen, traurigen Erfahrungen machen müssen, die ihnen unter den Händen wegsterben nach tausenden von Euro, die sie beim Tierarzt gelassen haben, sind die gleichen, die dann herumkrähen, dass „alle Rassehunde krank sind“ oder „Züchter sind Abzocker und Schweine“.

Dabei haben „gute“ Züchter kaum noch eine Chance, weil sie in einen Topf mit den Vermehrern geworfen werden, die ihre Hunde nach Belieben verpaaren und die Elterntiere nicht einmal entwurmen vor dem Deckakt, die Hündinnen manchmal hochträchtig verkaufen, nachdem sie die Hündin von ihrem Sohn haben decken lassen. Die Hunde von „guten Züchtern“ seien zu teuer, schrieb mir mal jemand. Diese Hunde sind teuer, weil die guten Züchter alles tun, um den Welpen schon vor ihrer Geburt die bestmöglichen Chancen zukommen zu lassen. Die Eltern werden auf Erbkrankheiten untersucht, die Ahnen geprüft, bei vielen Rassen gehören sogar Wesenstests zur Zuchttauglichkeitsprüfung. Die trächtige Hündin wird geschont und besonders ernährt, die Welpen im richtigen Maß bespielt und dosiert Stressoren ausgesetzt, zehn Wochen lang dreht sich alles um die kleinen dicken Hundekinder, damit sie dem Leben in der menschlichen Welt bestens gewachsen sind. Wieso sind tausend bis tausendfünfhundert Euro dafür zu viel? Ein gesunder Hund lebt vierzehn, fünfzehn Jahre lang – so lang halten die meisten Autos nicht, die ein Vielfaches kosten und einen nur selten zum Lachen bringen können (und wenn, dann ist es eher ein Lachen der Verzweiflung).

Ich weiß nicht mehr, was man noch tun kann, um den Menschen zu erklären, dass man keine Billigwelpen kaufen darf: Diese Käufer machen sich schuldig an ganzen zukünftigen Generationen, die unter ähnlich elendigen Bedingungen gezüchtet werden. Ich weiß nicht, was man noch tun kann, als sich den Mund fusselig zu reden, immer wieder andere Journalisten dazu bewegen, über diese Thematik zu schreiben, Aushänge bei Tierärzten zu machen. Was denn noch? Wie erreicht man Leute, die sich in den Kleinanzeigen ihre Hunde aussuchen?

In der Zwischenzeit sollte man vielleicht an die betroffenen bayerischen Tierheime spenden. Wenn jeder nur fünf Euro spendet, können viele, viele Welpen versorgt und neue Gehege gebaut werden. Wenn Sie alte Decken, Handtücher, Hundebetten, Hundefutter haben – schicken Sie es hin. Mehr fällt mir momentan nicht ein. Ich bin so hilf- und fassungslos.

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