Brief der Weisen

Foto: N. Munninger
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3/2015

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Wir wissen, dass Euch Menschen oft langweilig ist. Für Euch ist Langeweile etwas Furchtbares, das es um jeden Preis zu vermeiden gilt. Du sitzt lieber da und redest mit der Luft, während Du Dir eine kleine Schachtel ans Ohr hälst, oder Du klapperst schweigend auf einem Rechteck auf Deinem Schreibtisch herum. Wir geben uns allergrößte Mühe, in Deinem Leben keine Langeweile aufkommen zu lassen. Darum achten wir so streng auf unsere Ruhezeiten, damit wir wach und fit sind, wenn Du uns zu Deiner Zerstreuung brauchst. Wir spielen nicht miteinander, wenn Du nicht dabei bist. Wie kommst Du denn darauf? Fünf Hunde sind doch keine Fußballmannschaft.

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Foto: N. Munninger

Foto: N. Munninger

Wir liegen nur herum und schonen uns für den Fall, dass Du Dich wieder langweilst. Darum freuen wir uns auch immer so sehr, wenn Du nach Hause kommst: Wir haben uns sorgfältig ausgeruht in der Zwischenzeit, damit Du Dich gar nicht erst fragen muss, was Du jetzt machen sollst. Du hast ja uns! Wir sind Deine Action-Helden!

Weißt Du noch, vor einem Jahr, als Pixel und Nano beide noch jung waren und den lieben langen Tag nur Quatsch gemacht haben? Als Du dachtest, der einzige Weg aus diesem Chaos wäre, ein paar Säcke Trockenfutter auf den Boden zu stellen und in ein weit entferntes, fremdes Land zu ziehen, ohne uns Bescheid zu sagen? Die beiden haben genug Kokolores für zwölf Hunde veranstaltet. Wir anderen drei waren entlastet. Vermisst Du diese Zeiten nicht auch? Morgens aufzustehen und nicht genau zu wissen, in was man nun getreten ist, dann die Aufregung herauszufinden, wer das gewesen ist… Diese Überraschungen sind größtenteils vorbei, weil die beiden jetzt einfach erwachsene, langweilige Hunde sind. Kein Erbrochenes mehr in den Schuhen. Keine Suchaktionen mehr in der gesamten Nachbarschaft, während Ihr „Pixel! Pixel!“ ruft, bis alle heiser sind, weil Pixel unauffindbar ist. Der lag im Bett, war unter den Kopfkissen unter der Tagesdecke eingeschlafen, und rührte sich nicht.

Wir geben alles, um das Leben weiterhin interessant zu gestalten. Manchmal nimmst Du uns mit in ein Gebäude, das „Arbeit“ heißt, in dem sich die Türen wie durch Zauberei von alleine öffnen. In allen Zimmern sitzen Leute, die sich meistens sehr langweilen, das sieht man ihnen an. Sie reden und reden oder starren eine Box auf ihrem Schreibtisch an. Ansonsten tun sie gar nichts. Also laufen wir fünf herum, lassen uns streicheln und überprüfen die allgemeine Lebensmittelsituation. Anschließend kümmern wir uns um den Abfall. Der ist deutlich leichter zu erreichen als zuhause, wo die Mülltonne einer Isolationszelle in einem Hochsicherheitsgefängnis gleicht. Kaum zu glauben, was man dort alles finden kann! Halbe Portionen mit Dingen, die noch absolut essbar sind, auch wenn sie manchmal ein bisschen scharf sind. Kann man alles noch recyceln. Manchmal, wenn wir zu viel „recycelt“ haben, macht der Magen nicht mehr mit, und man muss alles nochmal recyceln, entweder auf dem Teppich oder unter Deinem Schreibtisch. Einer von den anderen recycelt es dann wieder, und der Kreis beginnt von Neuem.

Einmal musstet Ihr alle in einem großen Zimmer um einen großen Tisch herumsitzen. Wir wurden ausgesperrt, aber das war nicht so schlimm,  denn durch die Glasscheiben konnten wir sehen, dass bei Euch absolut gar nichts passierte. Wir dagegen haben die Zwischenzeit gut genutzt. In der Küche stand eine große weiße Schachtel mit lauter belegten Broten, die jemand dort vergessen hatte – Harry musste wirklich alle Tricks anwenden, um sie zu öffnen. Aber er hat es geschafft! Und, was sollen wir sagen: Man hat nicht wirklich gelebt, bis man auf Kaffeebohnen durch die ganze Küche geschlittert ist. Ihr solltet das auch mal ausprobieren, anstatt Euch zu langweilen.

Mittlerweile werden diese Erlebnisse weniger. Pixel und Nano sind erwachsen und müssen wie alle anderen viel schlafen, um bei Kräften zu bleiben. Aber natürlich entgeht uns nicht, wie Ihr immer wieder in Erinnerungen schwelgt. „Weißt du noch, wie Pixel und Nano die Sohlen aus allen deinen linken Turnschuhen gefressen haben, aber nie die rechten?“ (Das kam daher, weil Dein linker ein Käsefuß ist, der andere aber nicht). Oder, „Ich weiß bis heute nicht, wie sie es geschafft haben, die Steaks von der Platte auf dem Eßtisch zu holen, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen.“ (Das waren gar nicht Pixel und Nano, sondern Harry mit seinen winzigen Windspiel-Füßen, mit denen er sehr geschickt zwischen Geschirr und Gläsern herumspazieren kann).

Wir glauben, die einzige Möglichkeit, die Ihr habt, damit Euch die Gesprächsthemen nicht völlig ausgehen, mehr Hunde sind. Ein- oder zwei gehen immer noch! Der Teppich hat sowieso nicht mehr seine ursprüngliche Farbe, und die Möbel werden sowieso alle nach unseren Haaren ausgesucht. Was habt Ihr zu verlieren? Aber es wäre so viel Spaß und Chaos, genau das, was Ihr Euch wünscht.

Und wir sind ja immer da, wenn Ihr einen Rat zur Hundeerziehung braucht.

Dein ganz persönlicher Rat der Weisen: Fritz, Harry, Gretel, Nano und Pixel

 

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