Designer-Mixe: Fällige Abkehr von der Rassehundzucht oder Marketing-Trick?

Sie sind der Schrei der Saison: Designer-Mischlinge. Man nehme einen Cockerspaniel und paare ihn mit einem Pudel, und etwa 58 Tage später erhält man einen „Cockerpoo“. Ein Golden Retriever mit Pudel ergibt einen „Goldendoodle“. Kreuzt man einen Beagle mit einem Mops, kommen „Puggles“ heraus.
Was irgendwann als „ungeplante Verpaarung“ passierte, verkauft sich heute für 1500 Euro und mehr – immerhin 500 Euro mehr als der reinrassige Vertreter der jeweiligen Rasse.
labradoodle2rassmoPuggle
Dahinter steckt schlaues Marketing. Liebhaber des so genannten Rassmos – Jack Russel mit Mops – behaupten, mit dieser Kreuzung dem Mops einen Gefallen tun zu wollen: „Die Idee der Züchtung des Rassmo ist es, das einmalige Mopswesen mit der fröhlichen Vitalität des Jack Russell Terriers zu kombinieren. Daraus ergibt sich dann die logische Konsequenz, dass sich gleichzeitig ein Teil der Mopsprobleme lösen lässt“, heißt es auf der Website des Rassmos. Wahr ist sicherlich, dass dem Mops im Laufe des plötzlich herrschenden Booms durch planlose Vermehrer gesundheitlich nichts Gutes zugefügt wurde – wie keiner Rasse, die zur Mode wurde, siehe Berner Sennenhund, Golden Retriever oder Labrador, um nur wenige zu nennen. Trotzdem würde wohl niemand auf die Idee kommen, etwa den Berner Sennenhund mit einer Bracke zu kreuzen, um auf diese Weise die Hüftgelenksdysplasie auszumerzen. Es gibt Möpse, die schlecht atmen, unter Gaumensegelkrämpfen leiden – wie auch manche Norfolk Terrier oder Rhodesian Ridgebacks – und generell bewegungsfaul sind. Interessant ist aber, dass Besitzer von Möpsen aus alten, erfahrenen Zuchten selten oder kaum über Atemprobleme oder ähnliches klagen, und stattdessen problemlos mit ihren Möpsen Agility oder stundenlange Spaziergänge machen. „Ein guter Züchter ist doch vor allem an der Gesundheit seiner Hunde interessiert“, so die Züchterin Angelika Koch vom Mopszwinger „von Beusloe“. „Erstens liebt man sie, und außerdem steht man doch mit seinem Namen für seine Hunde.“
Die Kreuzung mit Jack-Russels ist auch keineswegs problemlos: Als harte, unabhängige Arbeitshunde gezüchtet, die dem Fuchs im Bau ohne Zögern den Garaus zu machen, harmonieren Jackies nicht wirklich mit einer ausgesprochenen Begleithunderasse, deren Lebensziel ist, ihre Zeit in unmittelbarem Körperkontakt mit dem Besitzer zu verbringen. Die Rassmo-Welpen sind zweifellos sehr niedlich – wobei sie in dritter und vierter Generation viel vom Mops-Charme verlieren, und eher wie sandfarbene Jack Russels mit Überbiß aussehen. Die Münchner Tier-Psychologin Pia Manger-Gallner hat Erfahrung mit einem solchen Rassmo, der in ihre Hundeschule kam: „Mit der Zeit bekam er immer mehr das Wesen eines Jack-Russels, aber die Erwartungen seiner Besitzer an ihn waren definitiv ganz anders. Der Mops ist ein idealer Familienhund, während der Jack Russel vor allem ein Arbeitshund ist, eben auch mit der notwendigen Schärfe.“
„Um eine gute Zucht aufzubauen, sind sorgfältige Planung und Recherche notwendig“, so Anita Frech, die Vorsitzende des amerikanischen Mopsclubs, dem Pug Dog Club of America. „Man muß sich akribisch mit Genetik auseinandersetzen. Diese Mischlingszüchter haben keine Ahnung, was alles nötig ist, um aus Hunden eine gute Rasse zu machen.“
Der Puggle – Mops („Pug“) mit Beagle – hat kein Problem mit Arbeitsschärfe, dafür hat er andere Sorgen: Als Meutehund hat er einen äußerst ausgeprägten Fährten- und Jagdtrieb und pflegt Gehorsam nicht als große Tugend. Ist das Ziel also ein Jagdhund mit Sofaqualitäten? Daß Hunde aus Kreuzungszüchtungen gesundheitlich resistenter sind, ist ebenfalls ein Trugschluß: Wer sich in der Schule je mit den Mendel’schen Gesetzen beschäftigt hat, weiß, dass genetische bedingte Krankheiten sich genauso vererben, wie gute Eigenschaften. Darum gibt es so viele Mischlinge mit HD oder Patella-Luxation, und deshalb ist es selbst für genetisch versierte Züchter so schwer, bestimmte Krankheiten auszumerzen.
Wenn es darum geht, „verträgliche, verspielte, intelligente, gesellige, liebebedürftige Hunde zu finden, die sich absolut mit Kindern oder anderen Haustieren verstehen“ – so die Charakter-Beschreibung des Puggles auf der deutschen Website -, also unabhängig von den spezifischen charakterlichen Eigenschaften, die man bei einer speziellen Rasse sucht: Warum dann nicht aus den Tausenden von Hunden, die etwa im Internet dringend ein Zuhause suchen, einem hinreißenden Mischling ein warmes Plätzchen bieten? Die 1300 Euro, die man dann spart, könnte man gleich dem Tierschutz spenden. Damit tut man auch gleich was fürs Gewissen.
Die Entwicklung der Labradoodles – Labrador mit Grosspudel – war ein bisschen anders. 1989 wünschte sich ein Blindenhund-Ausbilder in Australien einen Arbeitshund, der ein guter Führhund für Blinde mit Hundehaar-Allergie wäre. In USA und England gibt es Labradoodles mittlerweile in der vierten und fünften Generation, sie kosten zwischen 700 – 2000 Pfund. Charakterlich vereinen sie die guten Eigenschaften beider Rassen: der kreative, amüsante und äußerst menschenbezogene Pudel wird mit dem toleranten, freundlichen loyalen, Futter-orientierten Labrador gemischt, woraus ein sehr schlauer Clown wird, der die Schwächen seines Herrn sehr schnell herausfindet und erbarmungslos ausnutzt. Sie sind sozial, fröhlich und leichtführig, brauchen aber viel Auslauf und Beschäftigung. Labradoodle1
Wegen seiner Robustheit und seines leichtführigen Temperaments wird der Pudel gerne für Hybrid-Kreuzungen eingesetzt: Sei es der Golden- oder Colliedoodle, oder Cockerpoo. Der Ur-Doodle, ganz ohne modisches Prestige, ist dabei der deutsche Pudel-Pointer: Jäger suchten einen Hund, der vorstehen konnte wie der Pointer mit seiner nie versagenden Nase, der enormen Ausdauer und raumgreifender Suche, der aber eher wasserscheu ist, und dem Pudel mit seiner ungeheuren Stöber- und Wasserpassion, seinem Spurwillen, Apportierlust und Verlorenbringerfähigkeit, Intelligenz und Lernfähigkeit: Der Anfang wurde bereits 1881 gemacht, und heute ist der Pudelpointer einer der vielseitigsten Vollgebrauchshunde.Cockapoos
Der Hauptgrund für die Popularität der Pudel-Hybriden sind dabei die anti-allergenen Qualitäten ihres Haares. Das funktioniert dabei nicht grundsätzlich: Meistens sind es nicht die Haare des Hundes, sondern die Proteine in seinem Speichel, Hautschuppen oder Urin, die Allergien auslösen. „Kein Züchter kann anti-allergene Welpen garantieren“, so Annette Courtney, Züchterin von Labradoodles und Yorkiepoos aus Bedfordshire, England. „Jeder reagiert unterschiedlich auf einen individuellen Hund.“ Bisher gibt es bei keinem der genannten Hybride ein einheitliches Erscheinungsbild: Selbst in einzelnen Würfen können die Welpen so unterschiedlich aussehen, dass man sie kaum als Wurfgeschwister erkennen kann. Das Fell des Goldendoodels beipielsweise erinnert meist an den Bobtail. Manche Hunde haaren überhaupt nicht, wie der Pudel, manchen haaren stark, wie der Golden Retriever. Cockerpoos bieten die gesamte Palette der Fellbeschaffenheit: Glatt, Wellen oder Wuschel. Ebenso der Labradoodle: Grundsätzlich sieht er aus, wie eine rauhaarige Jagdhund-Variante, manche erinnern aber mit ihrer Frisur an explodierte Handfeger. Es gibt sie mit engen, weichen Locken oder welligem, rauhem Fell. Manche haben gemischtes Fell, hartes Rauhaar, versetzt mit weichem Pudelhaar. Das Zuchtziel, Hunde ohne Fellwechsel zu züchten, konnte bisher nicht erreicht werden. Weshalb die Kreuzung nicht recht überzeugen will: Der Grosspudel ist ein hervorragender Blinden- und Therapiehund, temperamentvoll und fröhlich ohne besondere Krankheiten, und haart eben nicht. Wer den Aufwand und die Kosten der regelmäßigen Schur scheut, dem sei zum Labrador geraten, der diesen Job anders, aber ebenso gut erledigt, dabei ruhiger und weniger exaltiert ist als der Pudel.
Der Labradoodle-Züchter und Gründer des deutschen Labradoodle-Clubs Andreas Werner ist dennoch überzeugt von seiner Rasse und hat weder Mühen noch Kosten gescheut, um an amerikanische Labradoodles der dritten Generation zu kommen: Nicht so leicht. Amerikanische oder australische Züchter lassen sich ihre Zuchthunde ab 2500 Dollar aufwärts bezahlen. Als absoluter Fan der Rasse ließ er nicht locker und suchte überall nach typ- und würdevollen, gesunden Vertretern der Hybriden, die er in den Harz verschiffte. „Ich habe DNA-Proben machen lassen und beim tierärztlichen Institut in Göttingen hinterlegt, um beweisen zu können, das ich nicht einfach wahllos herumzüchte“, erklärt er. „Labradoodles sind wunderbare Hunde. Leicht zu handeln, pflegeleicht und weniger kostenintensiv, als der Pudel, bei dem alle sechs bis acht Wochen die Schur nötig ist. Die Labradoodles haben ein schönes, federndes Gangwerk – fast so schön, wie der Pudel.“
Die Schönheit liegt eben wie immer im Auge des Betrachters. Und im Prestige.

Werbeanzeige

Teilen Sie diesen Beitrag!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert