Manchmal schreiben mir Menschen, die früher einmal Hunde hatten, und die sich seither nicht mehr trauen, sich wieder einen Hund anzuschaffen – weil ihnen der Verlust noch immer so zusetzt. Eigentlich wünschen sie sich doch wieder sehr einen Hund, aber das Wissen, dass auch dieser irgendwann sterben wird, halten sie sozusagen schon im Vorfeld nicht aus.
Ich kann das verstehen – einerseits. Denn die Vorstellung, einen Hund, zu dem man eine tiefe Beziehung aufbaut und den man häufig genau so liebt wie einen anderen Menschen (so viele verschiedene Varianten von Liebe gibt es ja letztlich doch nicht, und Hunde machen es einem ja sehr leicht, sie zu lieben) zu verlieren, ist schrecklich. Immer wieder, auch für mich, und ich sollte mittlerweile daran gewöhnt sein: ich habe seit mittlerweile 40 Jahren eigene Hunde, meistens mehrere, was in manchen Jahren zu einer recht hohen Sterbe-Rate führte, weil sie oft im ähnlichen Alter waren. Aber meist waren es die anderen Hunde, die mich über den Tod von einem hinweg trösteten. Sie waren immer noch da und wollten bespielt und bespaßt werden, brauchten ihre Spaziergänge und ihr Futter. Manchmal trauerten einzelne Hunde lange über den Verlust ihres Freundes – wie im Falle meiner Pudelin Luise, die ein halbes Jahr lang nicht mehr die selbe war, nachdem ihre braune Kollegin Ida eingeschläfert werden musste – vor genau einem Jahr. Vielleicht konnte ich mich auch darum nie im Tod einer meiner Hunde verlieren – denn wenn ich es täte, wie sollte ich dann meinen anderen Hunde gerecht werden?
Denn – andererseits – zeigen einem Hunde deutlich, dass der Tod nun mal zum Leben dazu gehört. Und sie zeigen einem, dass (egal, wie sehr man einen Hund geliebt hat, wie sehr sein Leben mit dem eigenen verwoben war) es möglich ist, einen anderen Hund auch sehr zu lieben. Anders, natürlich, aber: Ich weiß inzwischen, dass ich nach diesem Hund, der gerade unterm Tisch liegt und hofft, dass ich endlich mit dem Schreiben fertig werde und mit ihm nach draußen gehe, um Abenteuer zu erleben, wieder einen Hund haben werde, der auch wundervoll sein wird. Der mir andere Dinge zeigt als der letzte, der ein anderes Wesen hat, andere Stärken und Schwächen, anderen Unsinn im Kopf und dafür sorgen wird, dass ich nicht alleine reisen und mich nicht fürchten muss, wenn ich im Halbdunkel durch den Wald laufe.
Im allerschlimmsten Liebeskummer glaubt man auch, dass man nach diesem Mann nie wieder lieben könnte – und das ist Gott sei Dank nicht wahr. Und Sie erinnern sich vielleicht, dass einem in diesen Fällen Freunde auch immer versichern, dass da NATÜRLICH irgendwann wieder eine oder einer kommt. Und wenn der oder die Neue dann kommt, geht es einem damit tatsächlich auch sehr gut.
Und das macht einen zuversichtlich, dass man eines Tages das Ende seines Hundes ertragen wird: Es wird wieder einen Hund nach diesem Hund geben. Der jetzige Hund würde einem das auch nicht übel nehmen – wieso auch? Er hat sein ganzes Leben versucht, für gute Laune zu sorgen. Was würde er tun, wenn er Sie so traurig erleben würde? Er würde herumspringen, albern sein, einen Ball bringen, damit Sie ihn werfen können (die meisten Hunde fest davon überzeugt, Ballwerfen sei ein Rezept gegen alles). Also tun Sie das. Wenn nicht mehr für diesen, dann für den nächsten Hund.