Ideen muss man haben

Ende September habe ich Birgitta Ornau interviewt, die Gründerin der Hundefutter-Marke „Terra Canis“. Mit 25 hatte sie die Idee, ein artgerechtes, natürliches Hundefutter ohne Synthetik und Chemie herzustellen. Sechs Jahre später beweist ihr ungeheurer Erfolg, dass es sich lohnt, guten Ideen zu folgen.

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Wie stellt man sich eine echte Hundefrau vor? Eine, die sogar „vom Fach“ ist und Hundenahrung herstellt? Irgendwie handfest jedenfalls, mit praktischer, wetterfester Kleidung, praktischem Haarschnitt, gutem Schuhwerk und einem abwaschbaren Umfeld. Oder so. Das mag auf viele zutreffen, auf Brigitta Ornau jedenfalls nicht.
Das Umfeld der 33jährigen Unternehmerin ist ein großzügiges, hochmodern eingerichtetes Altbau-Büro in Schwabing; an den Wänden hängen große, auf Acryl aufgezogene Hundeporträts der Fotografin Ruth Marcus. Die sind der einzige Hinweis darauf, dass es hier um Hunde gehen könnte; Hundespielzeug liegt hier nirgends herum, Hundehaare auch nicht. Brigitta Ornau selbst ist schmal und groß, die langen Beine in schwarzen Leggings auf hohen Absätzen, sie ist modisch, schön. Eher zart als handfest, denkt man, bis sie zu sprechen beginnt. Dann denkt man: Die lässt sich so leicht nicht umhauen, und wo’s langgeht, weiß sie auch ziemlich genau.
Sie ist trotzdem eine richtige Hundefrau. Das war überhaupt die Antriebsfeder für das, was sie tut: „Ich tue wirklich alles, um meinen Hund artgerecht zu halten“, sagt sie. „Das ist doch meine Verantwortung in dem Augenblick, in dem ich einen Hund in mein Leben hole.“ Birgitta Ornaus damaliger Hund, ein Golden Retriever aus dem Tierheim, reagierte bei herkömmlichem Industriefutter stark mit Allergien, Unverträglichkeiten und Fellproblemen. Sie begann, sich mit den Inhalten dieser Futtermittel zu beschäftigen, las von minderwertigem Tier- und Knochenmehl, von synthetischen Zusätzen, von zerkochtem Billig-Getreide und fing an, sich zu grausen. „Ich suchte ein Futter mit transparenter Deklaration“, sagt sie. „Gab es aber nicht.“

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Weil es ihr ernst ist mit allem, was sie anfasst, entwickelte sich die Idee, offenbar am Markt vorbei ein Premium-Hundefutter zu entwerfen, das der natürlichen Nahrung des Hundes nachempfunden sein sollte: „Hunde sind Fleischfresser“, sagt Birgitta Ornau. „Außer Fleisch fressen sie den Mageninhalt der Beute, Fallobst, Gras und Kräuter. Und nicht die unglaublichen Mengen billigen Getreides, aus denen die meisten Hundefutter heutzutage bestehen, deren Fleischgehalt irgendwo bei 4% liegt.“
2005 gründete die heute 33jährige Kauffrau die Firma „Terra Canis“ und stellte von nun an Dosenfutter in Lebensmittelqualität für Hunde her. Tatsächlich klingen die Etiketten, als wären sie direkt der Speisekarte eines gehobenen Restaurants entnommen: Kaninchen mit Zucchini, Amaranth und Bärlauch. Rind mit Zucchini, Kürbis und Oregano. Huhn mit Pastinaken, Löwenzahn und Kamille. Pangasius mit Fenchel, Karotten und Brunnenkresse.
Bald stellte sich heraus, dass sie ganz und gar nicht am Markt vorbei produzierte, sondern offenbar eine Nische bedient, die vielen Hundehaltern fehlte: Inzwischen macht sie mit ihren schön gestalteten Dosen jährlich 4 Millionen Euro Umsatz und verdoppelt jedes Jahr. „Das hätte ich auch nie geglaubt“, sagt sie.

Dabei stand sie mit ihrer guten Idee erst einmal alleine da: Keine Bank gab der damals 26jährigen einen Kredit. Es fand sich auch erst einmal kein Metzger, der von ihrer Idee etwas hielt: „Die, die ich ansprach meinten alle, Wenn Sie 100 000 Dosen im Monat produzieren, können wir reden.'“ Bis sie den Münchner Metzgermeister Schäbitz traf. Der 51jährige Metzger in der dritten Generation haderte mit seiner Zunft und der Metzgerei-Kultur, die an Discounter-Wurst zugrunde geht. Birgitta Ornau schwärmt: „Er ist ein echter Mensch, bei dem die menschlichen Werte stimmen. Er hat investiert, nicht ich: Er kaufte die ganzen Maschinen, und als wir viel schneller wuchsen als erwartet, hat er die Außenstände zwischenfinanziert.“ Metzger Schäbitz (dessen Weißwürste für Menschen 2009 von der Innung mit Gold ausgezeichnet wurden) bewies gute Weitsicht: Was mit 2000 Dosen im Monat anfing, sind momentan 170 000 Dosen. Mittlerweile macht „Terra Canis“ 20% des Gesamtumsatz von Schäbitz aus. Alles andere machte Birgitta Ornau selbst: Sie beklebte die Dosen eigenhändig mit den Ettiketten und fuhr in München und Umgebung alle Läden ab, „bis sich eine Eigendynamik entwickelte“, erzählt sie. „Irgendwann meldete sich ein Laden aus Hamburg, dann aus Sylt, und so ging das immer weiter.“ Inzwischen hat sie ihr Sortiment um Katzenfutter, Hundeleckerlies und ein Trockenfutter erweitert: „Es fiel mir schwer, eine passende Trockenfutter-Rezeptur zu finden, die meinem Verständnis von artgerechter Ernährung entsprach und durch das nicht alle Zutaten durch den Backvorgang verkocht werden“, sagt sie. „Jetzt haben wir Fleisch, Gemüse, Obst, Kräuter und Hirse luftgetrocknet. Gemahlene Bio-Eierschalen sorgen für das optimale Kalzium-Phosphor-Verhältnis, Bockshornklee liefert Omega-3-Fettsäuren und Seealgen wichtige Mineralien, Spurenelemente, Vitamine und alle essentiellen Aminosäuren.“ Es ist ihr ernst mit dem, was sie tut. Für Birgitta Ornau ist natürliche Hundeernährung kein Marketing-Coup, sondern eine Glaubensfrage. „Ich bin kein guter Verkäufer“, sagt sie über sich selbst. „Und etwas verkaufen, an das ich selbst nicht glaube, geht einfach nicht.“

Hier geht es zu ihrer Website:
www.terracanis.de

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