Zwingerhunde

bildvom 1. Januar 2012

Warum schaffen sich Menschen eigentlich Hunde an, wenn sie sie isoliert vom Familienleben ausschließlich draußen halten wollen? Ich habe mich das häufig gefragt, wenn ich gerade in ländlichen Gegenden Straßen entlang ging und hinter Zäunen von einsamen Hunden angebellt wurde. Manchmal sieht man sie nicht einmal, weil sie hinter Mauern leben; man ihre Größe nur aufgrund der Tiefe ihrer Stimmen erahnen. Ich kenne sehr häufig das Leben dieser Hunde. Sie werden als Rudeltiere geboren, sie möchten nichts dringender, als Teil einer Gruppe und einer Sozialstruktur zu sein, aber genau das wird ihnen verwehrt. Sie verbringen ihr Leben ganz alleine draußen.
Mir ist völlig unverständlich, wie jemand einen acht- bis zehn Wochen alten Welpen von der Mutter wegnehmen kann, um ihn dann mutterseelenallein in einem Zwinger zu parken: Eben noch im lustigen Geschwisterverband, im warmen Welpenhaufen schlafend, immer einen anderen, mit dem man spielen, den man an den Ohren ziehen kann – und auf einmal wird man von einem Zweibeiner, dessen Sprache der Hund nicht spricht, den er noch nie gesehen kann, gepackt und in einen kalten Zwinger gesperrt. Die Verzweiflung, die Todesangst eines solchen Welpen möchte ich nicht einmal nachvollziehen können. Ich habe selber einen Welpen im Haus: Offen, vertrauensvoll, verspielt und neugierig begibt sie sich komplett in meine Hände. Sie traut mir vollständig, weil ihr gar nichts anderes übrig bleibt: Es ist ihr Schlüssel zu überleben. Noch ist es ganz leicht, sie zu erziehen, weil ich bisher der Mittelpunkt ihres Universums bin: Wo ich bin, fühlt sie sich sicher.
Wie hält ein Zwingerhund das aus?
Viele dieser Hunde bekommen nie eine echte Bindung zu ihren Besitzern, die sich wenig um sie kümmern.
Ich spreche nicht von Hunden, die den ganzen Tag mit ihren Menschen zusammen arbeiten oder leben und nur draußen schlafen, weil es ihnen aufgrund ihres vielen Fells im Haus schlicht zu warm ist, wie manche Berner Sennenhunde, arbeitende Schlittenhunde, Neufundländer. Ich spreche von denen, die als lebende Alarmanlage angeschafft wurden, oder weil man auf dem Hof immer einen Hund hatte, auch wenn keiner mehr genau weiß, warum: Zeit hat jedenfalls niemand für ihn. Manche Hunde ziehen auch erst nach draußen, weil sie dem niedlichen Welpenstadium entwachsen sind und die Kinder sich doch nicht so gut um sie kümmern, wie sie es mal versprochen hatten, weil sie im Haus zu viel kaputt machen. Wenn man ein eigenes Grundstück hat, ist es ja egal, ob die Nachbarn sich über das Gebell beschweren. Aber eenn einem ein perfektes Haus so wichtig ist, sollte man sich keinen Hund anschaffen. Wenn irgendein Familienmitglied Hunde nicht leiden kann, sollte man sich keinen Hund anschaffen. Wenn ein Hund nicht Teil der Familie sein darf, sollte man sich keinen anschaffen. Das Beste am Hund – seine Freundschaft – erfährt man nicht, wenn man so wenig mit ihm zu tun hat. Er ist nicht einmal ein zuverlässiges Wachsystem, weil einsame Hunde oft so viel und beim geringsten Geräusch bellen, dass sowieso keiner mehr unterscheiden kann, ob er wegen eines Räubers oder einem Kind bellt, dass die Straße herunter rennt. Und wenn Hunde dauernd bellen, hört man es irgendwann gar nicht mehr, wie mancher Nachbar wütend bestätigen wird. Wenn der Hund nicht ins Haus darf, weil er Verhaltensprobleme hat, gibt es fabelhafte Trainer, die in solchen Fällen helfen können.
Erst wer sich die Mühe mit Erziehung macht (was letztlich zu intensiver Bindung führt), spürt das ungeheure Potential, das das Leben mit Hund in sich trägt. Es lohnt sich- für beide.

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1 Kommentare

  1. Uh jetzt werde ich gesteinigt!! Aber dennoch möchte ich meine Meinung abgeben:

    Ein Hundezwinger sehe ich nicht als einen Isolationsort. Und ich meine, wenn Herrschen nicht Zuhause ist, ist der Hund so oder so alleine. Ob in einem Haus oder in einem eigenen. Zu dem wird der Hund auch gerne als Wachhund gekauft. Dann muss man ja schon diesen Gedankenzug als fraglich kennzeichnen. Aber nur, weil man einen bellenden Hund hinter einem Gartenzaun sieht, heißt dies ja nicht, dass dieser Hund keine Liebe bekommt. Das ist eine Momentaufnahme, die dort bewertet wird.

    Prinzipiell ist es immer rude einen jungen Hund von der Mutter zu trennen.

    Aber du hast schon Recht damit, wenn der Hund lediglich nach den Bedürfnissen des Menschen angeschafft wurde. Das kann schon zur Folge haben, dass der Hund tief unglücklich wird. Ein Hund sollte ich einer Gemeinschaft leben. Und der Mensch muss sich fundamentale Fragen vor der Anschaffung stellen. Und diese richten sich ganz nach dem Hund und nicht andersrum.

    *Nur unsere Meinung.

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