Die Qual der übermäßigen Auswahl: Exotische Protein-Quellen

Foto: Ron Semrod Nicht die Art, wie Bisons für die Fleischindustrie leben dürfen

In den letzten Jahren sind „exotische“ Fleischsorten im Hundefutter zunehmend populär geworden. Zahlreiche Futtermittelhersteller bieten Produkte mit Fleisch aus Bison, Angus-Rind, Känguru, Strauß, Fasan und Pferd an – in USA ist sogar Alligator im Hundefutter erhältlich.

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Auch Lachs muss erwähnt werden, wobei dieser köstliche, fettreiche Fisch bereits die gleiche Entwicklung durchzumachen scheint wie vor gar nicht allzu vielen Jahren das Lammfleisch: Vor etwa 15 Jahren wurde Lammfleisch als „neue“ Proteinquelle gehandelt und war eine hervorragende Alternative für Hunde mit Protein-Unverträglichkeiten, weil es eine Fleischsorte war, die sie noch nie zuvor gefressen hatten. Seither wurde Lammfleisch dann so häufig in so vielen „normalen“ Hundefuttersorten eingesetzt, dass es seine Funktion als verträgliche, weil ungewöhnliche Proteinquelle längst verloren hat. Mittlerweile gerät Lachs in Gefahr, der gleichen Entwicklung zum Opfer zu fallen, denn er wird immer populärer. Das liegt wahrscheinlich daran, dass durch die Farm-Lachse der „Nachschub“ so leicht erhältlich ist und Lachs außerdem eine so hervorragende Quelle von Omega 3-Fettsäuren darstellt.

So leben die Lachse, die im Hundefutter leben, leider nicht
So leben die Lachse, die ins Hundefutter kommen, leider nicht

Es gibt viele Gründe, weshalb Hundebesitzer Futter mit exotischen Fleischquellen für ihren Hund wählen, und einige davon machen durchaus Sinn – andere wiederum fallen in die Kategorie „Futter-Mißverständnisse“. Hunde, die an Futtermittel-Unverträglichkeiten leiden, sollen möglichst eine Proteinquelle gefüttert bekommen, die keine der negativen Reaktionen auslösen, die gewöhnlich auf „bekannte“ Proteine folgen, wie z.B. starker Juckreiz, gerötete Haut, Pusteln, Durchfall, u.a. Allerdings enthalten viele der Futtermittel, die man in üblichen Geschäften bekommt, keineswegs nur diese eine, exotische Fleischsorte: Auch wenn auf der Verpackung mit großem Trara z.B. amerikanischer Truthahn ausgerufen wird, sind häufig noch weitere Proteinquellen enthalten wie Huhn oder Rind, die wiederum eine Allergie oder Unverträglichkeit auslösen können. Dementsprechend ist es gerade für Besitzer von Hunden, die unter Unverträglichkeiten leiden, sehr wichtig, die Zutatenliste auf der Dose oder Verpackung zu lesen.

Ein anderer Grund, weshalb Hundebesitzer ihren Hunden gerne exotischere Fleischsorten füttern, ist ihre Liebe zu ihrem Hund und dem Wunsch, ihm etwas Besonderes zu füttern. Das ist auch gut und völlig in Ordnung so (auch wenn es mir persönlich nicht gelingt, Pferd zu verfüttern: Ich reite seit meinem 4. Lebensjahr und kann doch nicht meine Freunde zu Hundefutter verarbeiten – das wäre für mich so, wie Hund zu verfüttern), wobei man sich unbedingt irgendeine (möglichst nicht schwer erhältliche) Fleischsorte „aufheben“ sollte, die dem Hund eben nicht immer wieder oder auch nur zu besonderen Anlässen gefüttert wird, damit man, falls der Hund irgendwann eine Unverträglichkeit entwickelt, eine Alternative zur üblichen Fleischsorte hat.

Foto: Ron Semrod Nicht die Art, wie Bisons für die Fleischindustrie leben dürfen
Foto: Ron Semrod
Nicht die Art, wie Bisons für die Fleischindustrie leben dürfen

Ein weiterer Grund, weshalb Hundebesitzer Hundefutter mit exotischen Proteinquellen wählen, ist das Bemühen, Fleisch aus konventioneller Landwirtschaft zu meiden, also möglichst kein Rind-, Puten- oder Hühnerfleisch aus Massentierhaltung zu verfüttern. In der Hoffnung, exotische Fleischsorten stammen aus ethisch eher vertretbaren Quellen, wählen sie ein Futter, auf denen ein Bison zu sehen ist, der auf weiter Steppe grast. Tatsächlich stammt Bisonfleisch von Bison-Farmen, in denen die Tiere genau so unschön gehalten werden wie Rinder in konventioneller Landwirtschaft und ebenso lange Wege zu Schlachthöfen haben. Die australischen Kängurus werden zwar gejagt, aber nicht nur unterliegt die Känguru-Jagd in Australien keinerlei Regulierungen, sondern auch die angewandten Jagdmethoden sind zum Teil ethisch sehr umstritten.

Wer also zum Ziel hat, seinen Hund mit Fleisch zu füttern, das ethisch vertretbar produziert wurde oder/und mit Zutaten aus der Region, für den ist das Füttern exotischer Fleischsorten leider keine erfüllende Antwort.

Bio-Puten  kommen mit Freilandhaltung nicht zurecht, weil auch sie zu empfindlich sind
Bio-Puten kommen mit Freilandhaltung nicht gut zurecht, weil auch sie sehr empfindlich sind

Der sollte sich stattdessen bei den Futtermittelherstellern erkundigen, woher die exotische Fleischsorte her stammt und wie die Haltungsbedingungen dort aussahen. Viele Hersteller geben diese Informationen nicht preis, weil das verwendete Fleisch aus den üblichen Massentierhaltungen stammt, aus denen auch das meiste Fleisch für menschlichen Verzehr kommt.

Aber ein kritischer und aufgeklärter Konsument zu sein beginnt und endet nicht damit, das Etikett zu lesen und sich darüber Gedanken zu machen, ob es für den eigenen Hund nun gesünder ist, ob er 65 oder 71 Prozent Fleisch bekommt – und auch Tierliebe sollte möglichst weiter gehen als bis zur Schwanzspitze des eigenen Hundes.

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