Lassie geht auf keine Kuhhaut

bildvom 15.11.09
Letzte Woche habe ich Sie in „Hatchiko“ gescheucht, den wundervollen Hunde-Heul-Film der Saison mit Richard Gere, in dem es um einen Hund der japanischen Rasse Akita geht, der nach dem Tod seines Herrn zehn Jahre lang auf dem Bahnhof darauf wartet, dass dieser zurück kommt.
Und weil der Film so erfolgreich ist und jeder, der ihn gesehen hat, genauso gerührt war von der Treue des Hundes wie ich, könnte es sein, dass beim geneigten Kinopublikum der Wunsch entsteht, sich auch einen großen, treuen, puscheligen Akita zuzulegen, der auch artig Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre auf die Rückkehr seiner Lieben wartet, bei Regen, Schnee, Eis oder Sturm. Dem Collie erging es mal ähnlich, nachdem viele Leute nach „Lassie“ glaubten, auch sie bräuchten einen klugen Collie, der sie umsichtig aus dem Treibsand retten würde, sollten sie einmal hineingeraten, oder dem kleinen West Highland White Terrier, von dem erwartet wurde, er bliebe immer so niedlich und weiß wie der kleine Reklamehund, der durch den Kunstschnee hopste und sein „Cesar“ so manierlich verspeiste, wie es physiologisch für Hunde mit Bart einfach nicht möglich ist, wenn sie Dosenfutter essen (überlegen Sie mal, wie es aussieht, wenn Männer mit längerem Schnauzbart Kartoffelbrei essen).

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Interessanter kleiner Beitrag, wie es hinter den Kulissen von „Hachiko“ zuging, wie Dreharbeiten vom Tierschutz überwacht werden, etc.:


Der Witz ist: Der Akita, der in Japan zum Nationalhund erklärt worden ist, will eben genau NICHT stundenlang auf seinen Herrn warten. Er ist ein hochintelligenter Hund, der die enge Nähe zum Herrn braucht. Im Zwinger verkümmert er; alleingelassen denkt er sich Beschäftigungen aus, die dem Menschen meistens nicht gefallen – Tapete von der Wand nehmen, Türen öffnen, Dinge kaputt machen. Er ist nichts für Leute, die echte Unterordnung und prompten Gehorsam erwarten: Der Akita neigt zur Dominanz, lässt sich von anderen Hunden nichts gefallen (das bedeutet: Er sucht Auseinandersetzungen zwar nicht, geht ihnen aber auch nicht unbedingt aus dem Weg), und an manchen Tagen ist er sich nicht sicher, ob das mit dem Gehorchen eigentlich wirklich in seinem Kaufvertrag stand: Er ist kein Hund für Leute, die eher laissez-faire sind – er selber ist es aber durchaus, und damit muss man leben. Er ist kein Anfängerhund, was nicht bedeutet, dass ein Anfänger nicht mit ihm zurecht kommt; er muss nur wissen, worauf er sich einlässt: Ein Akita ist eine echte Aufgabe. Wenn man sich dieser Aufgabe stellt, ist er ein wunderbarer Hund.
Der Film-Hatchiko wird als Welpe von einem kleinen Shiba-Inu gespielt, einer weiteren japanische Rasse, die zwar unglaublich niedlich aussieht, teddybärenartig zauberhaft, aber auch eher ein Hund für Spezialisten ist. Er hat einen ziemlich ausgeprägten Jagdtrieb, und obwohl er so niedlich aussieht, ist er äußerst eigenständig, dominant, sehr intelligent und mutig – was echte Ansprüche an die Führungsqualität seiner Menschen stellt. Ungerechtigkeit in der Erziehung verträgt er überhaupt nicht – wenn er sich schlecht behandelt fühlt, schaltet er einfach ab. Außerdem ist er sehr nachtragend. Er hat einen interessanten Trick, wenn er abschaltet: Er erstarrt zur Salzsäule, wirkt wie angefroren, die Rute senkrecht gesenkt.
Aber Sie glauben ja auch nicht wirklich, dass Hunde so sind wie im Kino, oder? Man muss Hollywood und das Leben schön getrennt halten. Sonst käme man womöglich auf die Idee zu glauben, Männer seien so wie Richard Gere und Familienleben wie bei den „Waltons“.
Und dann gute Nacht, John-Boy.

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