Liebestoll, Liebesleid – Pixel heult

Foto: N. Munninger
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Pixel ist verliebt. Er leidet. Dementsprechend leidet die ganze Familie. Pixel wandert auf und ab und weint dabei in hohen Tönen – man fühlt sich wie in einem Lassie-Film, nur muss niemand aus dem Treibsand gerettet werden, sondern Pixel aus dem Strudel der Gefühle.
Er sitzt neben mir und weint. Schenke ich ihm Aufmerksamkeit, strahlt er und rennt zur Haustür: Ich soll ihn seiner Angebeteten näher bringen – einer schwarzen Labradorhündin, die er heute morgen im Wald getroffen hat. Das Mädchen war hübsch, keine Frage: Klein, kompakt, englischer Jagdtyp, schöner Kopf. Allerdings bezweifle ich, dass Pixel sich um diese Details wirklich gekümmert hat. Die Dame hatte Stehtage, dass heißt: Sie war so was von bereit, Pixel näher zu kommen, und zwar jetzt, sofort, hier und jetzt, dass ihrer Besitzerin nichts anderes übrig blieb, sich im Schweinsgalopp davon zu machen. Dementsprechend konnte ich Pixel nicht finden, mein fabelhaft konditionierter Rückruf mit Hundepfeife versagte im Wettkampf mit dem Ruf der Hormone kläglich, der Hund war weg. Ich rannte alle Wege entlang, bis ich Frauchen und die beiden liebestollen Hunde am Horizont entdeckte und Pixel schließlich einfing. Frauchen war hochrot im Gesicht und murmelte Unverständliches, irgendwie schien ihr nicht geheuer, dass sich ihr hübscher Wunderhund plötzlich in ein übersexualisiertes leichtes Mädchen verwandelt hatte.
Pixel steht jedenfalls seither am Fenster und sieht weinend hinaus. Er will nichts essen, er will auf den Schoß. Wenn er auf meinem Schoß sitzt, kann ich nicht arbeiten, nicht telefonieren (weil er noch immer leide weint), nicht kochen. Ich kann gar nichts machen. Pixel findet das gut so: Geteiltes Leid ist nach seinem Empfinden halbes Leid. Sobald ich aufstehe, rennt er hinter mir her in der Hoffnung, wir würden wieder in den Wald gehen, zurück zu der Lichtung, auf der er ihr begegnet war. Wenn ich dann vor der Haustür in einen anderen Raum abbiege, sinkt seine Rute zusammen mit seinem Kopf nach unten, mit einem Gesichtsausdruck zum Steinerweichen.
Schwierige Sache, das Verliebtsein. Ich wünschte, ich könnte ihm helfen. Denn aus Erfahrung wissen wir ja: Die Liebe geht, wie alles, irgendwann vorbei.

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