Winselnde Windspiele

bildvom 10. Januar 2010
Ich bin am Tegernsee und finde Minus 14 Grad unmenschlich. Heute morgen hatte ich eine zweieinhalb Zentimeter dicke Eisschicht auf meinem Auto, die sich nur mit warmem Wasser entfernen ließ, die Elektronik benimmt sich auch nicht so, wie ich das gewöhnt bin, weil mein Auto wahrscheinlich von Kalifornien träumt. Diesen Traum teile ich. Ich finde Schnee ungefähr drei Tage lang gut, danach wünsche ich mir Temperaturen, die deutlich über neun Grad Plus liegen. Ich finde auch grundsätzlich, dass Frühling von der Natur völlig unterbewertet wird: Ist Ihnen mal aufgefallen, wie kurz der immer nur dauert, während der Winter immer endlos ist? – Allein, was man alles anziehen muss, um „mal kurz mit den Hunden“ zu gehen: Strumpfhosen, dicke Socken, lange Unterhosen, lange Unterhemden, dicke Pullover, warme Hose, Schal, Anorak, Mütze, Handschuhe – das Anziehen dauert ungefähr so lange wie der eigentliche Spaziergang. Die Pudel haben das Problem nicht – denen lasse ich einfach das Fell etwas länger wachsen, und fertig ist der Schneeanzug -; die Windspiele dagegen sind ohne klimatechnisch fortschrittliche Anoraks aufgeschmissen. Missverstehen Sie mich nicht – das Ganze in Schwarz mit Rollkragen aus Fleece, damit der dünne Hals geschützt ist, und vernünftig gefüttert. Kein Rosa, kein Straß, kein Nerz, keine Fellboots (obwohl ich sicher bin, dass Harry nichts dagegen hätte – Sie sollten mal sehen, wie der mit seinen dünnen Beinen bei Minus 14 Grad durch Schnee und Eis tänzelt). Meine Hunde sehen weder aus wie verhinderte Discoqueens, noch wie Batman auf Skiern – und trotzdem werde ich auf Schritt und Tritt darauf angesprochen. „Mei, die Armen – was frier’n die denn so?“ – und das von Damen, die sich schon bei deutlich höheren Temperaturen von Kopf bis Fuß in tote Tiere wickeln und wahrscheinlich auch noch Haare auf den Zähnen haben. oder „Na, also, die san aber fesch! Müss’n die wirklich an Mantel trag’n? Is‘ des normal?“ – Ich finde es durchaus normal, wenn man bei Eis und Schnee friert. Nicht normal finde ich es dagegen, wenn man fremde Leute mit besserwisserischen, überflüssigen Kommentaren belämmert. Heute baute sich ein Mann in Daunen-Steppmantel vor mir auf, der einen zottigen Neufundländer an der Leine hatte, so groß wie ein Klavier. „Wenn die sich anständig bewegen würden, bräuchten die auch keine Mäntelchen“, verkündete er. „In der Natur würden die ja nicht überleben.“ – Kommt darauf an, in welcher Natur, würde ich mal sagen: Meine Hunde würden jedenfalls in der ägyptischen Wüste besser überleben als sein Neufundländer. Ich weiß sowieso nicht, was dieser Satz heißen soll: Sind meine Hunde weniger natürlich als seiner? Sind Foxterrier natürlicher als Boxer? Sind Lhasa Apsos weniger natürlich als Border Collies? ALLE Hunderassen sind zu einem bestimmten Zweck vom Menschen erfunden worden. Neufundländer sollten im eisigen Wasser von Newfoundland den Fischern die Netze zurück zum Boot bringen und nebenbei Ertrinkende retten, sollten ihnen zufällig welche begegnen. Italienische Windspiele wurden dafür gezüchtet, den adeligen Damen in Schlössern die Betten zu wärmen, und das war kein leichter Job in diesen ungeheizten Kästen, glauben Sie mir. Ein Neufundländer mit seinen Tonnen von Haaren wäre für diese Aufgabe denkbar ungeeignet, außerdem hätte man neben ihm gar keinen Platz mehr zum Schlafen. Wissen Sie was? Windspiele haben eine einzige Lage dünnes, kurzes Fell, ähnlich männlichem Brusthaar, nur nicht so wollig. Und Sie rennen im Winter ja auch nicht oben ohne herum – es sei denn, Sie sind Schwede.

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